60 Ausgaben – und kein bisschen weise? Doch, Sandra-Stella Triebl weiss, wie man eine Runde mit Gästen zusammenstellt, mit denen die Zeit viel zu schnell vergeht und von denen man viel, viel mehr erfahren möchte. Wenn man dieses Bargespräch bei PKZ in Bern zusammenfassen sollte, bekäme es den Subtitle „Potenziale, Schubladen & Schlampen“. Vorschlag für die Titelmelodie des begleitenden Spots: „When I kissed the teacher“.
Weil: Dr. Petra Joerg hat ihren Lehrer geküsst. Er hat sie motiviert, sie haben geheiratet und sich wieder scheiden lassen. So ihre Kurzversion. Heute arbeitet er sogar für sie, denn Petra Joerg hat eine Schule, ein Institut gegründet. Leistungsdruck ist denn auch das eigentliche Kernthema dieser Potenzialentfalterin. Dr. Petra Joerg weiss – mitunter dank des motivierenden Lehrers – genau, wie es geht, wie alles möglich sein kann, wenn man sich mit seinem Herzen und seinem Handeln für etwas einsetzt. Ihr Weg war von Zweifeln geprägt, bis sie Menschen traf, die an sie glaubten. Von da an ging’s bergauf, und genau das möchte sie mit Rochester-Bern, Anbieter von Executive-Programs, wo sie CEO ist, umsetzen. Wer an Petra gerät, kann sicher sein, dass sie einem hilft, Träume zu verwirklichen, sie hat es selbst erfahren und teilt das Wissen nur zu gern. Es ist ganz einfach, eigentlich: Glaube an den Menschen, unterstütze ihn, schenke Vertrauen und bringe den Menschen bei, wie sie mit Vorgesetzten klug verhandeln. Eigentlich genau das, was die Swiss Ladies Drive Businesssisterhood ausmacht. Nur dass wir nicht so viele Lehrer küssen. Oder doch?
Denn auch Mylène Thiébaud, nächster Gast bei Sandra-Stella Triebl, erwähnte beiläufig, sie habe einen jungen Doktoranden an der ETH getroffen, in ihrem Team. Jedenfalls hat die Lebensmittelingenieurin und Unternehmerin von Transformy diesen jungen Doktoranden geheiratet und sich ebenfalls wieder scheiden lassen. Er habe sie ein Stück ihres Lebens wertvoll begleitet, sagte sie ganz versöhnlich. Mylène implementierte Prozessverbesserungen und führte Innovationen beim Grossverteiler Migros ein – bis ihr Projekt sistiert und das Arbeitsverhältnis abrupt beendet wurde.
Kurzerhand gründete sie eine eigene Firma und versucht seither Frauen und Männern neue Entfaltungsmöglichkeiten zu generieren – indem sie eine bestehende Firma übernehmen. So rief sie die Frauen in Bern dazu auf: Kauft euch in Firmen ein und entwickelt sie weiter. Die Chancen seien riesig, vor allem dort, wo Nachfolgeregelungen gefunden werden müssen, weil es intern niemanden gibt, der nachrücken kann oder will.
Eine Steigerung im Aus-der-Komfortzone-Gehen ist das Leben von Friederike Hoffmann. Sie liess ein wenig offen, ob das alles auch von Hochzeiten und Scheidungen geprägt war, aber ein Bruch, eine markante Zäsur hat ganz sicher ihren Willen manifestiert: der Mauerfall. Sie war acht Jahre alt und lebte in Ostberlin, als sich die Welt für sie öffnete und nichts mehr war wie vorher. Das wissbegierige Kind intellektueller Eltern – eine schwierige Position in der damaligen DDR – wollte lernen, lernen, lernen. So studierte sie Politik, um zu erfahren, wie das funktioniert „da oben“, und suchte sich immer wieder neue Herausforderungen. Heute ist Friederike Hoffmann Head of Connected Business Solutions bei der Swisscom. Ihr eigentliches Potenzial aber liege in der kreativen Entfaltung, im Finden unkonventioneller Lösungen, etwas, was nicht allen behagt. Zum Glück gibt es „Friederikes“, solche Menschen eben, die über den Tellerrand schauen. Die Swisscom-Managerin hat gelernt, Konfrontationen nicht aus dem Weg zu gehen, und freut sich, wenn sich dabei Türen öffnen, die vorher verschlossen blieben.
Ebenfalls zu Gast an diesem denkwürdigen Abend in Bern: Alex Hurschler, Medium, Swiss Profiler, Kolumnist im Magazin Ladies Drive. Und bevor Sie jetzt hier aussteigen und denken, Medium und so, das sei alles Hokuspokus, lassen Sie sich wenigstens auf einen Satz ein: Die meisten Menschen sehen nicht, was sie haben könnten. Dies hat Alex herausgefunden, weil er über die Grenzen gängigen Bewusstseins hinausblicken kann. Alex hat in den gegebenen 20 Minuten gefühlt einen Zwei-Stunden-Vortrag verpackt, hat die Worte nur so rausgeschossen, dass die berechtigte Zwischenfrage von Sandra-Stella Triebl kam, ob er eventuell durch die Augen atmen würde? Vielleicht ist es ein Kindheitstrauma, das den Unaufhaltsamen geprägt hat, denn man hat dem kleinen Alex eingebläut, der Esel käme zuletzt, und das sei nun mal er. Brav hat er Klischees erfüllt, bis hin zu einer zutiefst Schweizerischen Karriere als Elitesoldat im Militär. 2012 hatte er genug davon und machte sich auf den Weg, sein eigenes Potenzial zu erforschen und auszuschöpfen. Früher rettete er Menschen buchstäblich das Leben, heute verändert er Leben, indem er Profile liest, also innert kürzester Zeit einen Menschen schon nur nach einem Foto beurteilt. Eine wertvolle Gabe, die HR-Profis im In- und Ausland zu nutzen wissen. Mutig stellte sich Sandra-Stella Triebl dem Profiler und liess seine Spontaneinschätzung über sich ergehen, es ging megaschnell, Schuhe und Haare seien wichtig, sagte er, und sie sei eher introvertiert, traue sich nicht so recht. Und noch ein paar Dinge mehr.
Wenn er recht hat, geht Sandra-Stella Triebl regelmässig mit Erfolg aus ihrer Komfortzone heraus, ganz besonders mit ihrem ersten Buch, das sie geschrieben hat und noch schnell anpries. Titel: Mein Boss, die Schlampe. Und nein, es ist kein Frauenbashing, sondern genau das Gegenteil. Eine Sammlung unglaublicher Geschichten, die Frauen widerfahren, wenn sie Karriere machen (wollen). Und mit dem (Buchuntertitel) Wunsch an alle, doch aus den Schubladen, in die man uns so gern steckt (Muttertier – Karrierezicke – Businessschlampe), auszubrechen, uns aber gleichzeitig nicht zu Höchstleistungen verdonnern zu lassen, verabschiedete Sandra-Stella Triebl einen Saal voll glücklicher Gäste, die zu einem erfolgreichen Bargespräch No. 60 beigetragen haben.
Mehr unter: www.meinbossdieschlampe.com
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