Der Begriff Emotional Intelligence grassiert seit geraumer Zeit durch die Management Etagen. Interessant ist, dass nicht jeder darunter das Gleiche versteht. Am Bargespräch Vol.71 lernte das ausverkaufte Folium im Sihlcity Zürich gleich mehrere Varianten kennen.
Eines ist Emotional Intelligence auf gar keinen Fall: Leadership im «Gspür mi»-Stil. Eine offizielle Definition lautet: Die Fähigkeit, seine eigenen Emotionen zu verstehen und unter Kontrolle zu haben, um die Emotionen der Menschen um uns herum zu erkennen und zu beeinflussen. Streng genommen dient also die Fähigkeit von emotionaler Intelligenz dazu, andere zu beeinflussen, um ein Ziel zu erreichen. Hat da jemand Manipulation gesagt? Ohne Zweifel beeinflusst die Gastgeberin, Ladies Drive-Chefredakteurin und Swiss Ladies Drive-Gründerin Sandra-Stella Triebl, einmal mehr die Gäste im Saal, dass sie zuhören und – angesichts der vielen bekannten Gesichter – so ein klein bisschen süchtig werden nach der unvergleichlichen Stimmung, die wieder mal an diesem Abend herrschte.
Dr. med. Sabine Bruckert war die erste Gesprächspartnerin des Abends. Schwer vorzustellen, dass die selbstsichere Medizinerin und Gründerin der Dermis Hautkliniken sich als Kind als eher schüchtern empfand. Blumen, Vögel und Schmetterlinge haben sie mehr fasziniert als die Schule, dennoch strebte die heutige Ärztin und Unternehmerin ein Medizinstudium an. Was sie – nach eigenen Aussagen trotz Studium zum Einzelkämpfertum – gelernt hat: Man muss seine eigenen Emotionen verstehen, um emphatisch sein zu können. Führungsqualitäten habe sie sich erst mit der Gründung der ersten Dermis Klinik vor rund zehn Jahren angeeignet, als es hiess, ein Team zu leiten. Heute profitieren 60 Mitarbeitende in vier ärztlichen und einer kosmetischen Dermis-Location von Dr. Sabine Bruckerts Erfahrung. Das sei nach und nach entstanden, rekapitulierte die Chefin, sie habe klein angefangen und sukzessive den Prozess an andere weitergeben, den sie im Studium vermisst hat, nämlich Wissen im Team zu vermitteln und in den Menschen zu lesen, was sie denken, warum sie sich verhalten, wie sie sich verhalten. Ihr persönlicher emotionaler Kompass ist eine Freundin, die mit im Team arbeitet, ebenfalls eine Ärztin. Und wenn sie ganz für sich den Kopf freibekommen will, hört sie Hard Rock. Und wenns nur für drei Minuten ist. Wir sind total bei Ihnen, Dr. Bruckert.
Leider nicht bei uns sein konnte Daniel Meier, General Manager von OPPO Switzerland. OPPO Switzerland ist ein hoch geschätzter Partner von Ladies Drive und den Bargesprächen, Daniel Meier erlitt aber ein paar Tage vor dem Anlass einen stillen Herzinfarkt. Ihm gehe es den Umständen entsprechend okay, liess er ausrichten. Spontan sagte für diesen Abend Morten Hannesbo zu, der scherzhaft sagte, darauf hätte er 70 Bargespräche lang gewartet. Morten Hannesbo war 14 Jahre lang CEO der AMAG und ist heute Co-Owner von Boyden Switzerland, ein weltweit operierendes Executive Search Büro. Morten Hannesbo amtet unter anderem auch im Board von Carvolution, eine der Shootingstar Firmen, die sich uns mal an einem Female Innovation Forum als hoffnungsvolles Start-up präsentiert haben. Für Morten Hannesbo hat emotionale Intelligenz auch etwas mit Wertvorstellungen zu tun. Seine hat er durch Vorbilder gefestigt, die alle «weisse alte Männer» waren, er hatte noch nie eine Frau als Chef. Was nicht ist, kann ja noch werden! Man nimmt dem gebürtigen Dänen ab, wenn er sagt, dass er in seiner gesamten Laufbahn immer dafür gesorgt habe, dass alle ihren Platz haben, Diversity und Inclusion sei für ihn seit jeher selbstverständlich. Als 26-Jähriger hatte er die Opportunität bereits jung eine sehr hohe Position einnehmen zu können. Er habe seine Chancen genutzt, sagt der erfahrene Leader. Und wisse aber genau auch deswegen heute und besonders in seiner Position bei Boyden, dass Ausbildung die Eintrittskarte fürs Weiterkommen ist. Ein emotionaler Leader sei er nicht, ganz einfach deshalb, weil er so stabil wie ein See im Sommer sei. Weder gesteuert sein von Emotionen noch besondere Sachlichkeit an den Tag zu legen sei seine Prämisse, Mitarbeitende wollen keine Überraschungen erleben in der Form, dass sich ihr Vorgesetzter ständig in einer anderen Laune befinde. Er selbst sei ruhig bis hin zu langweilig, was die Anwesenden an diesem Abend mit Sicherheit nicht so empfunden haben. Einer, der einen Youtube Kanal mit 60 gestartet hat (über Elektromobilität, The Executive View @morten_hannesbo) und einen Podcast plant, ist sicher nicht der Inbegriff von langweilig.
Über Langeweile kann auch Simone Keller-da Cunha Sarandão nicht klagen. Unser dritter Gast an diesem abwechslungsreichen Abend wollte eigentlich Kindergärtnerin werden, ist aber seit fünf Jahren Governor des einzigen Frauengefängnis in Zürich. Ihre Ausbildung zur Mediatorin hat sicher dazu beigetragen, so eine Aufgabe zu stemmen, aber Simona Keller-da Cunha Sarandão kam auch so ganz ausgeglichen rüber. Sie habe eine Lehre bei der UBS gemacht, wies aber strikt jegliche Parallelen zwischen einer Bank und einem Gefängnis von sich. Mitfühlen und nicht Mitleiden ist ihre Devise, und immer die Würde des Menschen wahrend. Wir können von ihr lernen, dass es nicht nur eine Wahrheit gibt.
Am Ende dieser eindrücklichen Gesprächsrunde blieb, dass wir alle gefordert sind, uns nuanciert auszudrücken. Was wir nicht benennen können, existiert nicht. Gern gebrauchte Ausdrücke sind heute «mega» und «super», doch es fehlen die Nuancen. Mit dem Herzen sehen, ist eine hohe Kunst. Die gilt es, wie unsere drei Gäste und die Gastgeberin an diesem Abend, zu beherrschen.
Fotos: Diana Kottmann – alle Fotos sind mit einem OPPO Find N2 Flip geschossen worden