Bargespräche Vol. 9 – Männer an der Macht

Männer an der Macht

Wussten Sie, dass es in der Schweiz etwa gleich viele Heuschnupfen-Patienten wie Verwaltungsrätinnen gibt? – Was für ein spannender Vergleich. Die Macht gehört, global gesehen, den Männern. Auch wenn man nun behaupten könnte, dass die geheime Macht in Mitteleuropa wohl doch eher den Frauen gehört: 80% der Frauen entscheiden beim Autokauf. 80% der gemeinsamen Konten von Ehepaaren werden von Frauen geführt und sie entscheiden bei welcher Bank das Konto eröffnet wird. Frauen treffen 80% der Konsumentscheide. Nichtsdestotrotz: Formale Macht bekleiden Frauen in bedeutend geringerem Masse, obwohl sie in den meisten Ländern die demografische Mehrheit und seit Jahren die Mehrheit der Uniabgänger darstellen, letzteres übrigens europaweit.

Wir wollen mit den Bargesprächen keine pfannenfertigen Lösungen braten – vielmehr Signale setzen und Dinge anstossen – in den Köpfen und Herzen. Wenn wir dies schaffen, haben wir einiges erreicht! Und an diesem Abend haben wir doch viel Überraschendes erfahren zum Thema Männer an der Macht. Welche Machtspiele es gibt, weshalb Frauen sich damit schwer tun und wie die neue Managergeneration mit dem Faktor Macht umgeht. Wir hatten selten so viel Gelächter an einem Bargespräch wie an jenem Abend im Frühling. Zum nachsehen als TV-Aufzeichnung unter: ladiesdrive.tv/tv in voller Länge! Hier nun aber unsere Wortperlen des Abends, zusammengestellt von Caroline Guggisberg:

 

WORTPERLEN

Daniel Küng, CEO Osec

Jemand, der Macht hat, ist für mich eine Person, die Leute in ihrem im Umfeld in eine zielgerichtete Richtung bewegen kann.
Macht ist es etwas Gutes, solange sie in einem positiven Sinn eingesetzt wird. Macht kann aber auch aus dem Ruder laufen, wenn sie nicht kontrolliert ist. Das ist gefährlich. Eine gesunde, ausgewogene Macht muss kontrolliert sein.

Die Wirtschaft kann sich nicht gut selber kontrollieren, da braucht es einen regulatorischen Prozess – die Politik ist hier gefragt. Das ist ein globales Phänomen, es hat sich weltweit ein Manko an Kontrolle von Macht bemerkbar gemacht.

Macht wieder wegnehmen ist schwierig, man müsste viel eher darauf achten, dass einzelne nicht zu viel Macht bekommen.

Von der Politik sollten wir verlangen, dass sie Kontrolle ausüben. Die Macht der Bürger beginnt an der Wahlurne.

Grundsätzlich soll bei mir der Beste einen guten Job bekommen. Aber mir ist sehr daran gelegen, eine gemischte Geschäftsleitung zu haben. Eine gemischte Geschäftsleitung funktioniert gruppendynamisch anders, besser als rein männliche oder rein weibliche Teams und bringt auch andere Kompetenzen mit.

Macht als Zweck ist nie die richtige Ausgangslage. Man sollte aber seine nächsten Schritte sorgfältig planen und sich gut vorbereiten, auch wenn man immer wieder improvisieren muss auf dem Weg.

Pascal Hottinger, CEO Nespresso Schweiz

Meine Funktion kommt mit viel Verantwortung, aber als machtvoll würde ich das nicht beschreiben. Ich arbeite lieber mit dem Wort Leadership.

Wenn man mit seiner Firma nachhaltige Erfolge erreichen möchte, müssen Werte wie Respekt und Vertrauen gelebt werden. Auch wenn das etwas naiv klingt, aber auf die Dauer schafft das viele Vorteile. Ich spreche zum Beispiel mit allen neuen Mitarbeitenden über unsere Werte. Was leisten wir und wie leisten wir es. Das ist mir sehr wichtig.

Erfolg kann sich manchmal negativ auf das Ego auswirken. Erfolg sollte man auch mit Bescheidenheit und Stolz verbinden. Ich bin nicht die Marke, ich bin jedoch Stolz auf sie. Das Produkt ist im Prinzip auswechselbar.

Wenn eine Frau guteArbeit leistet, müssen wir unbedingt dafür sorgen, dass sie auch nach dem Mutterschaftsurlaub wieder zurück kommt. Diese Flexibilität muss man heute haben, um die Talente in der Firma zu halten, sonst verlieren wir sie.

Eine Logistikhilfe wäre sehr hilfreich. Es kann sich nicht jedes Paar ein Au Pair leisten. Die Suche nach Kinderkrippen ist manchmal sehr schwierig. Firmen und Politik sollten hier Unterstützung bieten, um diese logistischen Herausforderungen zu managen. In der Schweiz sind wir etwas rückständig, ich bin kein Politiker und weiss auch nicht genau, wie wir das anpacken, aber die Situation liesse sich bestimmt verbessern.

Es gibt keinen perfekten Manager, es gibt nur perfekte Teams.

Heiner Thorborg, Headhunter

Ich habe Generation CEO gestartet, weil ich es leidvoll fand, immer nur Männer interviewen zu müssen. Wenn sie sich die Deutschen und Schweizer Firmen anschauen, sehen sie, dass die Postionen ganz oben vor allem mit Männern besetzt sind. Da es mein Geschäft ist, die Stellen ganz oben zu besetzen, hatte ich immer nur mit Männern zu tun.

Frauen reden nicht von Macht und auch nicht über ihre Erfolge. Frauen sind geborene Teamplayer. Sie sind meist viel zu bescheiden und stellen sich gerne in die Reihe, nicht nach vorne.

Quoten sind scheusslich, weil sie das Denken nicht ändern. Geschlechtervielfalt bringt dem Unternehmen viel und sie werden profitabler und das müssen die Männer verstehen. Darüber gibt es unzählige Studien, das brauchen wir nicht mehr zu diskutieren. Wenn es die Wahl zwischen einem qualifizierten Mann und einer qualifizierten Frau gibt, muss es die Frau sein, sonst ändert sich nichts.

Politiker reden immer gerne über andere, aber vor der eigenen Haustür kehren sie nicht. Wie soll die Wirtschaft der Politik folgen, wenn beim Staat nichts passiert in Bezug auf Frauen in Führungspositionen? Die Politik konzentriert sich auf die grossen Unternehmen und stellt diese an den Pranger. Die Politiker reden über Quoten von 30 bis 40 Prozent, das wird nie funktionieren. In Europa und USA liegt der Frauenanteil in der Unternehmensführung bei unter 10 Prozent, Schweden ausgenommen, die liegen bei 16 Prozent.
Ich habe es schon erlebt, dass es einer Frau in einem Bewerbungsverfahren negativ bewertet wurde, weil sie Attribute hat, die normalerweise einem Mann zugeschrieben werden. Als Personalberater bin ich in dieser Situation machtlos.

Tatjana Strobel, Physiognomieexpertin, Bestsellerautorin

Menschen an der Macht neigen dazu, ihre Gesten vor allem mit rechts auszuführen, die rationale Seite. Man kann von Physiognomik halten was man will, aber ich folge einer 4000 Jahre alten Tradition. Es gibt über 330 Merkmale im Gesicht eines Menschen, die auf dessen Eigenschaften und Neigungen schliessen lassen.

Es ist wichtig, sich im Vorfeld genau Gedanken zu machen, wo man hin möchte, in welches Unternehmen, welche Art von Vorgesetzten. Gerade als Frau soll man auch prüfen, wie man den Frauen in dem Unternehmen begegnet.

Es geht immer darum, sich ins Bewusstsein zu rufen, was man alles geschafft hat, wer man ist, was man kann, warum man auf dieser Position ist und was man alles im Gepäck hat.

Es gibt vieles in der eigenen Körpersprache, was man nicht tun sollte. Wichtig ist, dass man es sich bewusst macht, hingucken und fragen, warum mache ich denn das? Sobald man hinschaut und es auf die bewusste Ebene bringt, kann ich das Verhalten ändern.

In meiner Arbeit ist es mir ganz wichtig, den anderen sein zu lassen, so wie er ist, es geht darum sich des eigenen Verhaltens bewusst zu werden. Setzen sie sich auch mal den Hut des andern auf und überlegen, warum das Gegenüber so reagiert hat.

 

****

 

„Ich wünsche für die Frauen keine Macht über Männer, aber die Macht über sich selbst.“

So die englische Frauenrechtlerin Mary Wollstonecraft anno 1700. Dreihundert Jahre später wünschen wir uns noch genau dasselbe. Wir hoffen, die Diskussionen um Macht und Machtmissbrauch, Systemkritik und neue Wege halten an – und finden auch eine zeitnahe Umsetzung, damit es mehr keine wohlklingenden Worthülsen bleiben.

 

Wir danken den Hauptsponsoren: Axpo (Michelle Kindhauser), Bank Coop (Isabelle Rüdt und Anja Peter), Nationale Suisse(Clivia Koch und Andreas Gross), UGG Boots (Christina Grimm und Luca Goetz) sowie Dataquest (Angelo Müller und Dave Gleixner).

Zudem unseren Sachsponsoren: Mumm Champagne, Carpe Diem (Gabriella Cirillo), The Body Shop (Anina Wild), Natuzzi(Verena Bachmann), Hard One (Helmut Koch), Coca Cola sowie Alter Vision (Christian Ott).

Und ein grosses Merci all unseren Helfern Giulia Fuchs, Joy Schminke, Sophia Zorbas, Edith Triebl sowie Dirk von der Technik, Alexander und Peter an den Kameras und dem ganzen Team vom Hard One!

 

 

Veröffentlicht am April 02, 2012
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