Um dieses Ziel zu erreichen, unterstützen wir Organisationen dabei, ihren Beitrag dazu zu leisten. Der Schlüssel sind – neben inklusiven Strukturen und Prozessen – die Führungskräfte. Je mehr es gelingt, sie zu inklusiven Führungskräften zu machen, desto fairer wird nicht nur die Arbeitswelt, sondern die gesamte Gesellschaft.
Warum ist inklusive Führung so zentral?
Inklusion beschreibt das subjektive Empfinden, ob ich mich als Mitarbeiterin und Mitarbeiter zugehörig und wertgeschätzt fühle. Führungskräfte spielen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung und Förderung einer inklusiven Kultur in einem Unternehmen. Ihre Führungsqualitäten und Verhaltensweisen beeinflussen massgeblich, wie Vielfalt und Inklusion wahrgenommen und umgesetzt werden. Die zunehmende Diversität der Mitarbeitenden ist ein Fakt. Ob diese im Sinne des Unternehmens produktiv genutzt werden kann, liegt an den Führungskräften. Sie sind der Schlüssel und entscheiden mit ihrem Führungsverhalten darüber, ob die Diversität zum Problem oder zur Ressource und damit zum Mehrwert für ein Unternehmen wird. Die Treiber hinter inklusiver Führung sind aber nicht nur die Vielfalt der Mitarbeitenden und damit die soziale Nachhaltigkeit, sondern auch die ökologische Nachhaltigkeit und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum – kurz people, planet und profit auf einer tragfähigen Wertebasis.
Warum sind Werte in der Führung wichtig?
Werte, Überzeugungen und Ideale geben Orientierung und Halt. Unternehmen formulieren Werte, die eine Grundlage für ihr Handeln als Organisation bieten. Werte geben aber auch den Mitarbeitenden einen Sinn in ihrer Arbeit. Wer sinnvolle Arbeit leistet, ist motivierter und auch produktiver. Werte bieten auch einen Rahmen, in dem sich Arbeitnehmende bewegen können. Wenn Qualität wichtig ist, spielen Werte wie Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Ordnung am Arbeitsplatz oft eine tragende Rolle. Werte sind aber auch für den Cultural Fit bedeutsam. Wenn Kollegialität und Zusammenarbeit wichtige Werte sind, werden Einzelkämpferinnen und Einzelkämpfer eher fehl am Platz sein.
Welche Werte stehen hinter inklusiver Führung?
Grundsätzlich sind es Werte, die es uns allen ermöglichen, so authentisch wie möglich zu sein und unseren Nachkommen eine Welt zu hinterlassen, die ihre Lebensgrundlage nicht einschränkt. Als Kernwerte einer inklusiven Führungskultur würden wir daher folgende Werte – nicht abschliessend – nennen: Respekt, psychologische Sicherheit, Transparenz, Empathie, Zuhören und «caring». Einfach nur nett zueinander sein, reicht nicht. Als inklusive Führungskraft bin ich aufgefordert, eine gute Lern- und Feedbackkultur zu pflegen. Die psychologischen Kosten des sich Anpassens an eine nicht inklusive Kultur für Mitarbeitende sind nicht zu unterschätzen. Sie kosten viel Energie und diese fehlt letztlich bei der Leistungserbringung oder der persönlichen Balance. Junge Frauen, die eine Lehre in einem stark männerdominierten Umfeld absolvieren, erzählten uns beispielsweise wie zermürbend es ist, jeden Tag in Frage gestellt zu werden, ob frau hier wirklich am richtigen Ort ist, ob sie diese Lehre schafft etc. Das braucht so viel Energie und ermüdet. Wir alle wachsen an Herausforderungen und müssen Fehler machen dürfen. Aber jeden Tag grundsätzlich in Frage gestellt zu werden, ist toxisch. Führungskräfte, die uns immer nur loben und alles gut finden, was wir tun, bringen uns aber auch nicht weiter. Aber wie können uns Führungskräfte also helfen zu lernen und zu wachsen?
Was heisst das im Führungsalltag?
Inklusive Führung kreiert eine Kultur, in der sich alle zugehörig fühlen. Wenn ich in einem Team als Person mit meinen Bedürfnissen wahrgenommen, akzeptiert und gehört werde und das Gefühl habe, dazu zu gehören, werde ich mich wahrscheinlich mehr engagieren, als wenn ich nur als Nummer, Aussenseiter oder Token behandelt werde. Wenn mir Wertschätzung entgegengebracht wird, eine positive Fehlerkultur herrscht und Lernen im Team gefördert wird, dann werde ich mehr leisten, als wenn Sündenböcke an die Wand gestellt werden. Wenn abwertendes Verhalten von Führungskräften angesprochen wird, sie als Vorbilder agieren und in Meetings alle zu Wort kommen lassen, werde ich mehr leisten, als wenn unangebrachtes oder sexistisches Verhalten mit einem Witz abgetan wird. Wenn psychologische Sicherheit herrscht, Talent kein Alter hat, mir etwas zugetraut wird und Beförderungsprozesse transparent sind, dann werde ich mich mehr engagieren, als wenn Stereotype den Blick auf mein Potenzial verstellen.
Wie setze ich als Führungskraft neue Standards?
Als Führungskraft bin ich Vorbild. Indem ich selbst Vielfalt respektiere und aktiv fördere, setze sie den Standard für mein Team und die gesamte Organisation. Ich lebe die Werte und Verhaltensweisen, die für eine inklusive Kultur wichtig sind vor – oder eben nicht. Meine Mitarbeitenden werden sich daran orientieren.
Es ist meine Aufgabe, alle Mitarbeiter*innen zu ermutigen, sich einzubringen und ihre Perspektiven beizutragen. Zum Beispiel, indem ich versuche, in Besprechungen auch «die Stilleren» in die Diskussion einzubeziehen, indem ich im Alltag gut zuhöre und unterschiedliche Meinungen schätze, in dem ich Fehler eingestehe und selbst signalisiere, dass ich jeden Tag etwas dazulerne, in dem ich nicht-inklusives Verhalten sofort anspreche.
Inklusiv agierende Führungskräfte fördern aktiv Chancengerechtigkeit. Sie sorgen dafür, dass alle Mitarbeitenden unabhängig von Hintergrund, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit oder anderen Merkmalen faire Chancen auf Entwicklung, Aufstieg und Anerkennung haben. Beispielsweise, indem sie Prozesse bei der Leistungsbeurteilung implementieren, die Ungleichheiten möglichst beseitigen. Sie erkennen und fördern positive Beispiele von Inklusion, erkennen aber auch potenzielle Konflikte aufgrund von Vorurteilen oder Diskriminierung und ergreifen Massnahmen, um diese frühzeitig anzugehen und zu lösen.
Inklusion wird in Zukunft den Unterschied machen.
Unternehmen, die sich ernsthaft für Inklusion engagieren, setzen nicht nur ein Zeichen für soziale Verantwortung, sondern schaffen auch die Grundlage für langfristigen Erfolg. Denn die Förderung von Vielfalt und Inklusion am Arbeitsplatz stärkt die Wettbewerbsfähigkeit und hat positive Auswirkungen auf Mitarbeitende, Kund*innen und die Gesellschaft insgesamt. Inklusion lebt dabei vom Engagement der Führungskräfte. Sie machen den Unterschied!
Nett sein als Führungskraft reicht nicht. Es braucht die Demut vor den eigenen Grenzen und die Offenheit für gemeinsames Lernen. Dann bin ich auf einem guten Weg eine inklusive Führungskraft zu werden.
Gudrun Sander ist Titularprofessorin für Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung des Diversity Managements an der Universität St.Gallen und Direktorin der Forschungsstelle für Internationales Management.
Sylvia Hodek ist Project Manager am Competence Centre for Diversity & Inclusion
www.ccdi-unisg.ch.