Laurence Rochat: Tage des Lichts

Interview: Sandra-Stella Triebl
Foto: Audemars Piguet Presse

Ladies Drive Magazine - Laurence Rochat
Ladies Drive Magazine
Als ich vom ersten Treffen mit Laurence Rochat zurück nach Hause kam und episch von meiner ersten Begegnung mit ihr erzählte, meinte mein Mann nur: „Hast du dich wieder mal verliebt?“ – Oh, ja. Ich verliebe mich regelmässig. In Menschen. Orte. Dinge. Und wenn mich jemand mit seiner Geschichte, Authentizität und Verletzlichkeit berührt bis auf die Knochen, ja, dann verliebe ich mich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit.

Laurence Rochat ist eine Frau, nach der man sich umdreht. Ihre lachenden Augen, ihr helles, strahlendes Gesicht, ihr aufrechter und stolzer Gang. Dabei hat sie auch ganz viel Dunkles ertragen müssen. Den plötzlichen Tod ihres Partners, Sternekoch Philippe Rochat. Ihre Verletzung, die sie zur Aufgabe des Profisports zwang. Ein Burn-out, das sie über fünf Jahre ihres Lebens begleitete und beschäftigte. Heute ist sie strahlender und stärker denn je, dankbar für eine neue Liebe mit dem fünfmaligen Ski-Gesamtweltcup-Sieger Marc Girardelli. Die 43-Jährige über ihr reiches und filmreifes Leben.
Interview: Sandra-Stella Triebl

Ladies Drive: Du bist born & raised in Le Brassus. Erzähl mir, wie du aufgewachsen bist!

Laurence Rochat: Ich bin im Vallée de Joux geboren, einem kleinen Tal im waadtländischen Jura. Es ist keine Reisedestination. Man sagt immer: Bei uns gibt es Bären und Wölfe. Und entweder du machst Sport – oder wirst Uhrmacher. Aber wirklich viele Alternativen hast du dort nicht. Aber da bin ich geboren, auf einem Bauernhof mit zwei Schwestern.

Welche Werte haben dir deine Eltern mitgegeben und was für ein Verhältnis hast du zu ihnen?

Ein sehr gutes. Da habe ich ein Riesenglück. Meine Eltern sind beide Bauern. Früher hatte ich das Gefühl, ich sei „nur“ eine Bauerstochter, und jetzt fühlt es sich an wie ein Glücksfall. Ich habe von ihnen gelernt, dass es sich lohnt, hart zu arbeiten, und dass wir Teil der Natur sind. Sie hatten 70 Kühe, primär für die Milchproduktion. Es war eine strenge Erziehung, würde ich sagen. Mein Grossvater war ein Patriarch, der Alphamann der Familie. Ich habe noch immer ein supergutes Verhältnis zu meinen Eltern und meinen Schwestern. Wir lieben uns – obwohl wir total unterschiedlich sind. Aber niemand will das Leben des anderen, und das ist eine Kraft. Da muss ich echt sagen: Meine Eltern haben ganz viel richtig gemacht. Sie haben nie geurteilt, auch nicht, als ich mit einem 26 Jahre älteren Mann liiert war. Meine Schwester liebt einen Mann aus Burundi. Wir sind sehr unterschiedlich – aber wir haben ganz viel Respekt und Liebe füreinander. Und das sehe ich erst jetzt. Aber als Kind, als Teenager, fand ich natürlich, dass ich total benachteiligt bin. Aber ich habe von meinem Vater auch Langlaufen gelernt!

Wann warst du das erste Mal auf den Skiern unterwegs?

Ich war schon mit eineinhalb oder zwei Jahren am Langlaufen – aber ich habe erst mit fünf Jahren gesprochen (lacht).

Wann wurde aus dem Hobby eine Profisportkarriere?

Mit fünf hatte ich mein erstes Rennen – und ich gewann gegen die gleichaltrigen Jungs. Da hat das begonnen, mir Spass zu machen zu gewinnen. Ich war sehr kompetitiv, damals. Aber so richtig Klick gemacht hat es, als ich zwölf Jahre alt war und Vize-Schweizermeisterin wurde. Zwei Jahre später hab ich die Olympiade 1994 im Fernsehen gesehen, und da war mir auf einmal klar: Da will ich auch hin. Es wurde mein klares und erklärtes Ziel. Und ich war 2002 dann auch tatsächlich an der Olympiade in Salt Lake City. Das war mein erstes, wirklich grosses Ziel, das ich mir gesetzt hatte. Ich habe mir immer vorgestellt, wie ich es schaffen werde – und dieses Bild hatte sich bei mir eingebrannt.

The Law of Attraction.

Ganz genau. Ich hab nicht nur geträumt, ich hab mir vieles vorgestellt, visualisiert. Und ich glaube, das kam auch, weil ich in so einem abgeschiedenen Tal aufgewachsen bin. Weisst du, wir sind mit meinen Eltern nie gereist – wir hatten ja den Bauernhof. Also bin ich in meinen Gedanken gereist.

Wohin bist du gereist in deinen Gedanken?

Immer ans Meer. Wir sind nie in die Ferien gefahren, und da habe ich eben vom Meer geträumt. Oder von einer grossen Stadt, weil wir das nicht gekannt haben. Es war eine Gewohnheit, die ich mir als Sportlerin zunutze machen konnte.

Das macht einen aber auch sehr frei, wenn man immer überall sein kann?

Es ist eine grenzenlose Freiheit, ja. Man vergisst das manchmal, wenn man erwachsen ist, du träumst nicht mehr, weil, das ist doch ein Gefühl für Kinder. Aber eigentlich sind Träume und Ziele auch für Erwachsene wichtig.

Du bist in Le Brassus aufgewachsen, wo auch das Zuhause von Audemars Piguet ist. Du hast damals die Lehre dort gemacht?

Ich wusste damals schon, dass ich an die Olympiade gehen wollte – da war ich 15. Weil ich dieses Ziel erreichen wollte, hab ich entschieden, kein Gymnasium zu machen – weil, ein Sportgymnasium gab es damals nicht. Ich wollte meinem Weg folgen. Also hab ich eine kaufmännische Lehre gemacht. Damals waren wir 320 Leute – heute sind es 2.500, 28 Jahre später. Ich hab auch in meiner Profikarriere während des Sommers halbtags dort gearbeitet.

Du hast es dann ja tatsächlich geschafft, du warst an der Olympiade.

Genau, ich war an der Olympiade im Jahr 2002 mit 22 Jahren. Zwei Tage vor der Staffel waren wir noch nicht mal alle qualifiziert – und dann haben wir doch gemeinsam eine Medaille gewonnen. Das war verrückt. An diesem Tag, wo wir die Bronzemedaille geholt haben, war alles wie ein Traum. Alles war perfekt, das ist so selten. Vier Einzelgänger machen in der Staffel die erste Medaille in der Schweizer Langlaufgeschichte bei den Damen. Das war einer der schönsten Tage meines Lebens. Was ich von damals mitgenommen hab, ist das Gefühl: Ich kann alles schaffen, was ich mir vornehme. Dieser Moment hat mein Leben verändert, das war magisch. Das ist etwas, worüber ich kaum spreche – aber dieser Augenblick hat mich und mein Leben verändert. Nicht finanziell – weil, als Langlaufprofi haben wir ja nichts gross verdient. Aber zu spüren, dass ich alles schaffen kann, wenn ich schaffe, es zu visualisieren, das hat alles verändert für mich.

Und wie hast du deinen späteren Lebenspartner, den Spitzenkoch Philippe Rochat, kennengelernt?

Wir hatten den gleichen Namen, kamen aber aus total verschiedenen Welten. Das erste Mal habe ich ihn getroffen, als wir ein gemeinsames Interview machen mussten nach der Medaille. Wir waren damals beide superkompetitiv – ich war Athletin, er war Spitzenkoch –, und wir kamen beide aus einfachen Verhältnissen, wir hatten beide erlebt, dass man es trotzdem an die Spitze schaffen kann. Zusammengekommen sind wir aber viel später. Wir haben uns dann wieder aus den Augen verloren – in dieser Zeit starb seine damalige Frau. Aber er entschied irgendwann, sein Herz wieder aufzumachen für mich. Insgesamt waren wir fast neun Jahre ein Paar.

Welche Erinnerungen hast du an diese Zeit mit ihm?

Das war … sehr intensiv. Am Anfang von unserer Beziehung war er wie gefangen von dieser Trauer um die verstorbene Mutter, die verunglückte Ehefrau … und er hat sich nie erlaubt, wieder glücklich zu sein. Es war, als hätte er sich gesagt: „Ich darf nicht glücklich sein, weil, ich verliere das, was ich liebe, es wird mir genommen.“ So hat er mich sozusagen drei Jahre „getestet“ – das war brutal. Es fühlte sich an, als wollte er mich vertreiben, weil er fand, dass er das nicht verdient hat. Und ich hab mir immer wieder gesagt, dass ich den Schlüssel zu ihm finden werde. Wenn er mich zusammengeschissen hat, habe ich ihm die Füsse massiert. Normalerweise würdest du gehen, wenn du so was erlebst. Ich habe immer gesagt: Nein, ich bleibe. Ich war 27 Jahre alt, und ich habe dieses grosse, warme Herz gesehen, und ich wusste, es war alles nur ein Schutz. Aber ich hab trotzdem viel gelitten. Heute weiss ich, dass man niemanden retten kann – jeder muss sich selbst retten wollen. Du kannst nur den Weg zeigen, deine Liebe geben – aber jemanden retten kannst du nicht. Aber irgendwie hab ich über dieses Füssemassieren Zugang zu seinem Herzen bekommen. Ich hab in dieser Zeit gelitten – aber viel gelernt, über Gastronomie, Qualität, Respekt vor den Produkten, die Businesswelt. Und ich habe ihm meine ganze Liebe gegeben. Eine Stunde vor seinem Tod hat er mich noch angerufen und gesagt: „Danke! Ich war noch nie so glücklich in meinem Leben. Du hast mir so viel gegeben, und ich freu mich, dich zu sehen heute Abend.“ Eine Stunde später ruft die Polizei an. Er hatte einen Herzinfarkt. Das war so ein Schock. Aber er ist glücklich gestorben, und das war vielleicht meine Mission, keine Ahnung. Mittlerweile kann ich darüber sprechen – es sind mehr als acht Jahre vergangen seither.

Wow, ich hab Gänsehaut, wenn du das so erzählst … Ich kann mir kaum vorstellen, wie das gewesen sein muss. Ein paar Jahre zuvor musstest du auch schon einen Schicksalsschlag erdulden – du musstest deine Karriere beenden …

Es war Juni 2009, meine Achillessehne war kaputt, und ich musste mich operieren lassen. Trotzdem wollte ich unbedingt an meine dritte Olympiade fahren – ich wusste, dass ich aufhören werde danach, aber ich wollte das unbedingt noch mal schaffen. Mein Arzt sagte damals, es wird sehr schwierig – und ich hab gedacht: Das heisst dann wohl, es ist nicht unmöglich, also versuche ich es. Ich war zwei Monate nur an Krücken unterwegs, hab trotzdem trainiert und hab mir jeden Tag gesagt, dass es nicht unmöglich ist, dass ich es will, dass ich es kann und dass ich es schaffen werde. Ich mache also die Qualifikation, ich gewinne einen Europacup mit 40 Sekunden Vorsprung. Bin in der besten Form ever. Dank dieser Qualifikation darf ich an die Olympiade. Ich habe es geschafft! Aber ich muss das Rennen an der Olympiade aufgeben, weil ich Asthma bekomme. Ich hab so viele Menschen enttäuscht – und ich habe etwas falsch gemacht: Ich hab mir die falschen Ziele gesetzt. Ich hätte mir sagen sollen, dass ich in die Top 10 will. Aber mein Ziel war die Teilnahme – und das hatte ich ja geschafft! Ich hab damals gelernt, dass man sich ganz klare Ziele setzen muss. Aber es war superhart, nach dieser Zeit die ganze Kritik in den Zeitungen lesen zu müssen. Ich bin, wie man auf Französisch sagt, zur kleinen Türe rausgegangen. Wenn du deine Sportkarriere mit einer Medaille beendest, bist du eine ewige Heldin. Aber so nicht. Also sass ich nachher da und musste irgendwie einen Neustart hinkriegen.

Also bist du wieder voll bei Audemars Piguet eingestiegen?

Genau. Ich war dann erst mal Assistentin der Events-Abteilung. Fünf Jahre später starb Philippe.

Wie war diese Zeit für dich – der Tod eines geliebten Menschen, deine Karriere hatte ein paar Jahre vorher geendet. Was macht das mit einem, wenn man wiederkehrend so einschneidende Erlebnisse hat?

Ich sage immer, während dem Sturm siehst du nur Schwarz. Du musst warten, geduldig sein, bis du ein bisschen klarer siehst. Du fragst dich, „Warum erlebe ich das mit 35? Und ist das mein Weg? Ist das mein Schicksal?“ Es ist brutal, weil, mit 35, da heiratest du vielleicht, du hast Kinder – und ich hab mich gefragt: Was muss ich da gerade lernen? Ich habe mich während zwei Wochen gefragt „Warum, warum?“ Und nachher beginnt erst mal ein langer Weg, ein langer Tunnel. Am Anfang ist es vielleicht eine Sekunde pro Tag, in der du wieder so etwas wie glücklich bist. Aber es ist zumal eine Sekunde. Und dann sagst du dir: „Okay, ich bin nicht tot. Es geht.“ Und vielleicht nach zwei, drei Wochen sind es schon zehn Minuten. Und plötzlich ist es ein Tag. Während zwei Jahren habe ich jeden Tag geweint. Es ist nicht, dass es plötzlich wieder hell ist. Es bleiben diese schwarzen Punkte, die Wunde. Danach kam mein Burn-out. Weisst du, ich hab keinen einzigen Tag auf der Arbeit gefehlt, hab noch ein Projekt angenommen und gekämpft, weil ich immer dachte: Ich bin eine Kämpferin, und Philippe hat mich auch deshalb geliebt, also kämpfe ich weiter.

Was ist da passiert?

14 Monate nach seinem Tod spürte ich, dass irgendetwas noch immer nicht stimmt. An diesem Moment erinnere ich mich noch ganz genau, ich fahre zu unserem Chalet im Oberwallis. Diese zwei Stunden Fahrt fühlten sich an wie 20 Stunden. Dann ging ich schlafen und hab schlecht geschlafen wie immer. Ich gehe am nächsten Tag auf den Berg – aber es war wie verhext. Es fühlte sich an, als würde ich den Mount Everest besteigen. Da hab ich das erste Mal gespürt, dass etwas wie kaputt ist. Ich hab gespürt, dass da etwas nicht mehr ist wie vorher. Das zu akzeptieren war mitunter das Schlimmste für mich. Ich hatte mich verlassen. Das war zuvor schlicht undenkbar gewesen. Ich hatte mich doch immer im Griff. Und das war echt brutal. Das war der zweite, schwarze Tunnel, in den ich gefahren bin. 2016 hat mir dann zum ersten Mal ein Arzt gesagt, dass ich ausgebrannt sei. Ich hatte panische Angst, nicht mehr so viel leisten zu können wie vorher.

Vor allem wenn du eine Sportlerin bist, oder? Du bist gewohnt zu gewinnen, oder Sport zu machen, um zu gewinnen.

Genau, und das war eigentlich mein Weg. Ich konnte einfach nicht mehr so schnell gehen wie vorher. Weil ich also nicht mehr so gut Sport machen konnte, habe ich vermehrt Yoga gemacht. Das fühlte sich für mich zuerst mal wie eine Ohrfeige an. Burn-out, dachte ich auch, ist etwas, das anderen passiert. Ich wollte nicht schwach sein. Schwach sein fühlte sich unfassbar schwer an für mich. Weisst du, auch als Bauern – man spricht nie über Schmerzen, man geht durch die Schmerzen und macht weiter. Und da hat mir jemand gesagt, dass das fünf Jahre dauern wird, bis ich mich wieder gefangen hab. Das hab ich natürlich nicht geglaubt. Mir gehts also wieder etwas besser, und ich fange an, Fahrrad zu fahren. Dabei stürze ich auf den Kopf und verletze mich übel. Erst da hab ich gedacht: Das war ein Zeichen. Jetzt nimmst du das ernst und du änderst dein Leben. Eigentlich wollte ich ja das Leben, welches ich mit Philippe hatte. Aber ich hab mir gesagt: Nun hab ich schon meinen Mann verloren – ich will nicht auch noch mein Leben verlieren. Ich hab mir dann gesagt, dass ich auch mit 30 Prozent glücklich sein kann und ich nicht immer 150 Prozent geben muss. Und ja, es hat tatsächlich fünf Jahre gedauert, bis ich es geschafft hatte, über das Burn-out hinwegzukommen.

Heftig! Das ist eine lange Zeit.

Ja, ist es! Heute weiss ich, auch wenn Philippe nicht gestorben wäre, ich hätte das wohl so oder so erlebt. Weil ich das lernen musste. Und deshalb …ich bin nie böse mit dem Leben. Und ich bin jetzt so froh, sagen zu können: „Ich bin gecrasht. Ich gebe das zu. Ich war mit einem Witwer liiert, und jetzt bin ich selbst Witwe. Aber ich habe das schönste Leben im Leben.“ Ich sitze jetzt wieder vorne in der Lokomotive. Ich bin nicht mehr hinten im letzten Wagen irgendeines Zuges. Jetzt bin ich wieder frei.

Was hat dir am meisten geholfen?

Alors, mehrere Sachen. Meine Familie, ich habe keine Kinder, aber meine Schwestern und meine Eltern und meine engen Freunde waren da für mich. Und Meditation hat mir geholfen. Allein zu sein. Ich war dreimal in Thailand, mutterseelenallein in einem Camp. Ich wollte immer einen Weg zur Selbstheilung finden, wollte keine Antidepressiva schlucken. Und Meditation war für mich als hyperaktives Hirn anfangs sehr schwierig. Es ist ja seltsam – zwei Monate bevor Philippe starb, habe ich mit Yoga angefangen. Es ist, als ob ich es gewusst hätte, dass ich mich vorbereiten müsse. Medi­tationen und Massagen haben mir viel geholfen. Mehrmals pro Woche. Dieser Hautkontakt hat geholfen. Weil, du bist wie ein Waisenkind nach so einer Erfahrung – und es muss dich wieder jemand berühren können –, im wahrsten Sinne des Wortes.

Bist du heute wieder an einem Punkt, wo du sagst: Ich bin glücklich?

Ja. Ich habe eine neue Liebe gefunden, als ich 40 war. Es war für mich wie eine Neugeburt.
War es für dich am Anfang schwierig, auch dir wieder zu erlauben, glücklich zu sein?
Ja. Ich habe mir nie gesagt, ich darf nicht. Es war eher das Gefühl, ich kann nicht. Aber ich wollte nicht dasselbe wie Philippe machen. Da habe ich mir wiederkehrend gesagt: Ich darf. Ich wusste nicht mehr, wie du das machst, verliebt zu sein. Im Februar 2019 war ich mit einer Freundin auf Mauritius und habe dort zum ersten Mal gesagt: Jetzt bin ich parat für eine neue Beziehung. Und zwei Monate später treffe ich Marc Girardelli bei einem Charity Dinner in Verbier. Mein Leben ist einfach.

Was meinst du mit einfach?

Einfach, nicht negativ. Erfüllt. Nicht mit Dingen, sondern seelisch. Wir haben beide verstanden, dass das Leben zu kurz ist, um Probleme zu kreieren – das Leben kann sehr einfach und sehr erfüllt sein.

Wie versuchst du die Balance zu halten in dieser Welt zwischen dem Luxus von Audemars Piguet und deinem wiedergewonnenen Leben?

Das ist nicht schwer, weil ich jede Woche meine Eltern sehe – und ich meine Wurzeln nie vergesse. Und wenn du eine Bauerstochter bist, kannst du mit einem Milliardär reden, aber du verlierst nie deine Wurzeln. Die sind zu fest im Boden drin. Und man akzeptiert mich hier genau so, wie ich bin. Ich schaue nicht nach dem Bling-Bling – sondern nach dem Herzen eines Menschen. Leute interessieren mich, nicht ihr Bankkonto. Für mich ist Audemars Piguet auch keine Luxusfirma. Es ist ein Unternehmen mit artisanalen Werten, Handwerkern, Uhrmachern, vielen „ganz normalen Menschen“ (lächelt). Ich bin stolz, hier sein zu dürfen. Und ich habe gerade mein erstes eigenes Unternehmen gegründet – meine Marke heisst Gear Up. Gewinnen per se bedeutet eigentlich nichts. Aber alles, was man lernt auf dem Weg dahin zu gewinnen, das ist spannend und wichtig. Wenn wir zudem lernen zu verlieren, haben wir eine der wichtigsten Lehrstücke des Lebens verinnerlicht. Man kann sich gesunde Ziele setzen, ohne verbissen sein zu müssen.

Du bist weicher geworden – mit dir, mit der Welt?

Ja, weicher, aber ich denke tiefer irgendwie. Wir müssen uns fragen, weshalb wir gewinnen wollen. Die Motivation dahinter ist spannend. Weshalb willst du CEO werden? Reich? Erfolgreich? Geht es um Aufmerksamkeit oder Anerkennung? Was steckt dahinter? Genau das versuche ich Menschen beizubringen.

Dann habe ich noch eine letzte Frage: Was bedeutet Zeit für dich?

Der Moment. Im Jetzt zu sein. Früher habe ich immer für einen Moment in der Zukunft oder Vergangenheit gelebt. Und Zeit ist eigentlich kein Feind.

Der Schmerz hat dich in den Moment geführt? Kann man das so sagen?

Ja. Beim Sport hast du immer das Gefühl, gegen die Zeit zu kämpfen. Heute lebe ich mit der Zeit. Ich nehme mir Zeit. Meine Eltern, die hatten immer Zeit. Weil, als Bauer kannst du deine Kuh nicht unter Druck setzen, dass sie dir jetzt sofort Milch gibt. Das geht nicht. Meine Mutter hat immer gesagt, ich soll mir die Zeit nehmen, um eine Pflanze beim Aufblühen zu sehen. Und das tue ich jetzt.


Veröffentlicht am Juni 16, 2023

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