„wir Werden das Erleben!“

Text: Sandra-Stella Triebl
Fotos: Starmind International

Unternehmer und Pionier im Bereich Künstlicher Intelligenz, Pascal Kaufmann, über die Zukunft von Mensch und Maschine.

Pascal Kaufmann ist das, was ich „intellektuell aggressiv“ nennen würde. Ein Schnell- und Scharfdenker. Kein Wunder. Der gute Mann ist Biologe, Hirnforscher. Und Co-Gründer des Technologie-Start-ups Starmind mit Sitz in New York und Zürich. Starmind gewann mehrere nationale und internationale Auszeichnungen, die Bilanz führt ihn als einer der Top Ten Digital Entrepreneurs und Leaders der Schweiz auf. Ich treffe den smarten 37-jährigen Unternehmer in seinem Büro, welches in Küsnacht unweit von Zürich City liegt. Mit Blick auf die Alpen und den Zürichsee arbeitet man hier an der kommerziellen Nutzung von AI (Artificial Intelligence). Und bedient dabei jede Menge Kunden – in gegenwärtig 40 Ländern. Pascal Kaufmann über selbst denkende Computer, Grenzüberschreitungen und die Zukunft der Menschheit.

 

 

Ladies Drive: Weisst du noch, was du als Kind werden wolltest?
Pascal Kaufmann: Astronaut. Weil ich viel „Captain Future“ geschaut hab, ich weiss nicht, ob du das kennst?

Ja, klar (lacht).
Astronaut war immer mein Ding. Auch heute noch.

Weshalb?

Ich bin Abenteurer und Pionier, ich bin gern dort, wo noch keiner war, und entdecke gern Neues.

Dort, wo noch keiner war?
Was könnte man denn noch entdecken? Dummerweise hat man schon Amerika entdeckt, der Mond ist auch nicht mehr so interessant …

Ja eben, es ist irgendwie schwierig geworden etwas zu entdecken, nicht?

Wohl wahr. Was man noch entdecken kann, wären Sterne, neue Planeten oder das menschliche Gehirn. Das Hirn birgt viele Geheimnisse, es wird als die komplexeste Maschine im Universum bezeichnet. Schon deshalb faszinierte mich die Hirnforschung von Beginn an.

Aber was ist aus dem Kindheitswunsch geworden?Hast du da immer mal wieder daran gedacht, das wirklich ernsthaft zu verfolgen?
Ja, mir wurde gesagt, dass man zuerst Militärpilot sein müsste, um ins Weltall fliegen zu können. So habe ich die fliegerische Vorschulung bis zur Militärpilotenschule und dort auch das Fliegerbrevet gemacht. Schliesslich durfte ich auch Claude Nicollier treffen, den einzigen Schweizer Astronauten, eine faszinierende Persönlichkeit. Ich werde sicher eines Tages im Weltall sein, doch habe ich Geduld. Die Technologie schreitet in diesem Bereich sehr schnell voran, man denke nur an einige chinesische oder Silicon-Valley-Firmen wie SpaceX von Elon Musk.

Und wie verlief dein Karriereweg?
Ich startete eher klassisch mit Latein und Altgriechisch. Nicht weil mich tote Sprachen besonders fasziniert hätten, sondern weil mich die Herausforderung reizte. Schliesslich entdeckte ich mein Interesse an griechischer Mythologie und Philosophie. Schon am Gymnasium und später an der ETH Zürich hörte ich im Biologieunterricht immer wieder, dass das Hirn praktisch unergründlich und superkompliziert sei. Also fand ich: „Wow, dann will ich Hirnforscher werden!“ Man kann künstliche Herzen bauen, künstliche Hände und fast künstliche Menschen, aber noch immer kein künstliches Hirn. So wuchs der Wunsch, ein künstliches Hirn zu bauen und schliesslich und ultimativ dann auch den künstlichen Menschen – ein Menschheitstraum, dem schon Prometheus und viele vor mit verfallen sind.

Wieso wäre das erstrebenswert?
In allen Sagen, in allen Kulturen heisst es, man dürfe nicht den Göttern nacheifern, keine Hybris begehen, man dürfe keine künstlichen Menschen bauen. Prometheus sei heute noch im Kaukasusgebirge an Felsen gekettet, wo Adler von seiner Leber zehren. Ich kann es nicht genau beschreiben, was mich seit Kindheit an so fasziniert an Robotern und Technologie. Sicher hat es damit zu tun, dass ich gern Grenzen überschreite.

Ist das etwas, das dich antreibt, eben ab dem Zeitpunkt, wo jemand sagt „Das geht nicht“ oder „Das ist schwierig“?
Genau, ich glaube, dass wir die meisten Grenzen uns selbst setzen. Ich glaube, dass man eines Tages alles wissen wird und dass unsere Welt, in der wir leben, durchwegs von Technologie durchdrungen werden wird. Ich bin dabei nicht gern Sklave, sondern ich versuche, die Entwicklungen zu verstehen und mitzugestalten.

Und wie frei fühlst du dich?
Absolut frei. Noch. Ich bin glücklich, hier in der Schweiz und in New York zu leben.

Und wie steht es mit Drogen, Alkohol … es gibt ja jede Menge bewusstseinserweiternde Drogen, die dir vermutlich auch viel über das Gehirn verraten würden … Ist das eine Grenze, die dich ebenfalls reizt?
Nein, weil ich es schlicht dumm finde, dies zu tun. Man versteht die Mechanismen und die Auswirkungen noch viel zu wenig. Es stört auch den natürlichen Glückshaushalt. Ich mag lieber Spass haben mit Vanilleglace, Gummibärli und anderen Sachen. Aus der Neuropharmakologie-Vorlesung habe ich mitgenommen, dass gewisse Sensoren für das Glücksempfinden eine begrenzte Aufnahmefähigkeit haben. Diese in einer Drogennacht zu überreizen und dann tage- oder wochenlang depressiv dafür zu büssen, macht aus meiner Sicht wenig Sinn. Da stehe ich auf echte Erlebnisse und Gefühle, vermutlich bin ich da einfach etwas konservativ.

Unser Potenzial, Glück zu empfinden, ist also limitiert?!
Es gibt eine beschränkte Anzahl Glückshormone, welche ein menschliches Hirn während eines Lebens verarbeiten kann. Mit Drogen braucht man das limitierte Glück quasi zu schnell auf. Deshalb lass ich die Hände davon.

Du magst also keine Grenzen und bist ein Kontrolletti?
Ich gebe nicht gern Kontrolle ab, das stimmt.

Aber du kannst sicher nachvollziehen, wieso die Leute seit Menschengedenken Angst vor künstlichen Menschen, künstlicher Intelligenz haben. Weil man fürchtet, die Kontrolle zu verlieren.
Menschen haben generell Angst vor Unbekanntem. Früher hatten sie Angst davor, in den Wald zu gehen, oder sie fürchteten sich, wenn es blitzte. Auch vor künstlichen Menschen oder Robotern graut es uns. Wie man nicht den Blitz aufhalten kann, so kann man auch nicht das Streben nach Wissen aufhalten – wir sollten lernen, damit umzugehen. Die Entwicklungen in der Robotik und der künstlichen Intelligenz lassen sich nicht aufhalten. Entweder wir bauen das, oder jemand anderes wird das tun. Ich habe übrigens wenig Hoffnung, dass uns eine übernatürliche Kraft beschützen wird. Wir Menschen werden für das geradestehen müssen, was wir anrichten.

Was fasziniert dich denn am meisten am menschlichen Hirn?
Das niemand bis heute weiss, wie es funktioniert. Und doch haben menschliche Hirne die Renaissance, unsere Wissenschaft und unsere Kultur hervorgebracht. Wenn man Tausende solcher Hirne bauen könnte, könnte man zum Beispiel die Wissenschaft beschleunigen. Man hätte in Kürze alle denkbaren Probleme und Rätsel gelöst. Auch gäbe es sämtliche Medikamente, die man sich nur in den kühnsten Träumen vorstellen könnte, und somit auch Heilung von Krankheiten, an denen heute Menschen sterben müssen. Man könnte durch solch künstliche Intelligenz den Begriff des Menschen neu definieren und ein neues Zeitalter einläuten: die Symbiose von Mensch und Maschine. Wie bei allem können mächtige Instrumente sowohl für oder gegen den Menschen verwendet werden. Dies ist es, was mich fasziniert.

Und wo bleibt die Menschlichkeit bei dem Ganzen?
Was meinst du damit?

Mitgefühl mit anderen zu haben, die weniger haben zum Beispiel. Geld nicht nur in die eigenen Taschen zu stecken und vieles mehr.
Mit viel Macht oder Freiheit kommt auch viel Verantwortung. Wir, die wir in der reichen Schweiz aufwachsen durften, müssen zusehen, dass es auch anderen auf diesem Planeten besser geht. Wenn die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufgeht, führt dies unweigerlich zu grossen Konflikten.

Die Krux ist doch: Je mehr wir haben, desto weniger haben andere. Im Umkehrschluss ist das Weniger der anderen das Mehr für uns.
Nur wenn die Ressourcen begrenzt sind. Das ist eine Frage der Kultur und Erziehung. Ich wurde so erzogen, anderen, die weniger haben, zu helfen. Und bezogen auf künstliche Intelligenz: Wenn man eine Maschine baut, welche extrem mächtig ist und zu fast allem in der Lage ist, glaube ich, dass diese Maschine uns dabei helfen könnte, dass es zu guter Letzt allen auf dieser Welt besser geht. Ob wir diese Maschine dann auch für Gutes einsetzen, ist eine andere Frage.

Das heisst, du machst das auch, damit es uns allen besser gehen kann?
Klar beschäftigen mich aktuelle Entwicklungen, die politische Lage, die verschiedenen Weltanschauungen, die zusammenstossen. Ich glaube, man kann die Qualität einer Gesellschaft daran messen, wie schlecht es dem Ärmsten geht. Zum Beispiel in New York: Da sehe ich Leute am Strassenrand liegen und denke, das darf nicht sein.

Und du denkst, künstliche Intelligenz könnte diese Dualität, diese enormen Ungerechtigkeiten auf dieser Welt beenden?
Könnte es nicht sein, dass Computer irgendwann komplett übernehmen? Wir können die Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz nicht stoppen und sollten das auch nicht. Irgendeiner wird eines Tages den Brain Code knacken, und dieses Wissen wird für uns alle selbstverständlich sein. Ich gehöre dabei eher zu den Warnenden. Ich glaube nicht, dass künstliche Intelligenz eingepfercht werden kann – sie wird ihren Weg aus den Labors finden, dies ist lediglich eine Frage der Zeit. Diese Entwicklungen werden zudem schneller geschehen, als wir uns vermutlich denken. Allgemein leben wir in einer Zeit der Beschleunigung. Während wir Menschen doch eigentlich die letzten paar Tausend Jahre relativ gut mit der Geschwindigkeit mithalten konnten, frage ich mich, ob die Maschinen uns nicht einfach abhängen werden. Die Auswirkungen sind in Anfängen heute schon erkennbar: Immer mehr Menschen verlieren ihre Jobs. Maschinen sind günstiger, zuverlässiger, schlafen nicht. Das wird unsere ganze Gesellschaft in sehr naher Zukunft auf den Kopf stellen.

Was machen wir mit diesen arbeitslosen Menschen?
Viele definieren sich heute über ihren Job, zumindest in unserer westlichen Kultur. Ich kann mir gut eine Gesellschaft vorstellen, in der es keine Jobs mehr gibt oder braucht. Ich wüsste genau, was ich in meiner Freizeit unternehmen würde. Ich könnte auf den Malediven tauchen und schwimmen gehen, Bücher lesen oder eben in den Weltraum fliegen. Es gibt so vieles zu entdecken.

Die Frage ist, woher denn das Geld käme, um auf die Malediven zu reisen.
Bis vor einigen Jahren konnte ich mir ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht vorstellen. Vermutlich wird dieses oder eine Form davon in der Zukunft eine Notwendigkeit. Die Tendenzen erinnern mich sehr an das berühmte Buch von Aldous Huxley einer düsteren Zukunft „Brave New World“: Ein paar wenige Tech-Companies und Persönlichkeiten regulieren fast alles. Menschen werden immer mehr abhängig von Maschinen und Wunderdrogen. Ohne dass sie das wirklich spüren oder bemerken würden.
Das kommt schleichend und unaufhaltsam. Die glücklichen Sklaven sind die schlimmsten Feinde der Freiheit.

Künstliche Intelligenz wird also erst mal zu Jobverlusten im grossen Stil führen?
Ganz viele Leute werden ihre Jobs verlieren. Beispiel Ärzte: Heute nimmt der Hausarzt, wenn ich dahingehe, tatsächlich sein Büchlein raus und blättert dort nach – da hätte ich doch viel lieber eine Maschine, die alle 10’000+ Publikationen im Jahr überschaut und sicherstellt, dass ich die richtige Diagnose und das richtige Medikament erhalte. Die künstliche Intelligenz würde wissen, ob meine Krankheit schon irgendwo auf dem Planeten aufgetreten ist und wie sie kuriert werden kann. Nächstes Beispiel Anwälte: Auch hier können Maschinen um ein Vielfaches schneller und besser sein. Die Maschine kennt weltweit alle Fälle und sämtliche Auslegungen und hat in Sekunden eine Antwort für mich. Und eine Lösung.
Früher dachte man, dass Leute mit geringem Bildungshintergrund am ehesten durch Maschinen ersetzt werden könnten. Heute sieht es so aus, als wäre es genau umgekehrt. Was wir wahrscheinlich noch länger haben werden, sind Handwerker, Gärtner, Coiffeure. Eher weniger die Analysten, Denker, Lehrer etc. Und ich glaube, dass Menschen eines Tages irgendwann nur noch Transportvehikel von Wissen sein werden. Wir haben dann eine Linse auf den Augen, eine Brille quasi, die uns die geballte Intelligenz, sämtliches Wissen, sofort zur Verfügung stellt, uns quasi das Denken abnimmt. Fast jeder könnte mit diesem Zugang zu Wissen ein Top Consultant werden! Dann sind Menschen nur noch das Transportmedium, um Wissen weiterzugeben oder dieses zu selektieren. Das Denken könnte von Maschinen übernommen werden.

Ein wacher Geist wird also künftig mit künstlicher Intelligenz kein Asset mehr sein?
Ein wacher, kritischer Geist wird hoffentlich noch lange ein Asset bleiben. Allerdings muss sich das Bildungssystem grundlegend ändern. Denn: Warum soll ich lernen, welcher Römer welchen anderen Römer wann umgebracht hat, wenn ich das auf Wikipedia nachlesen kann? Oder auch wenn es um Sprachen geht: Weshalb soll ich viele Jahre investieren, um eine Sprache zu lernen, wenn ich mit Skype in Real-Time übersetzen kann?

Und wo braucht es den Menschen noch?
Maschinen können in absehbarer Zeit und teils heute schon unzählige Probleme effizienter und rascher lösen, als wir Menschen dies können. Die richtigen Fragen allerdings zu stellen, wissen, wohin es gehen soll, das vermag auch heute nur der Mensch. Wir sollten unbedingt darauf fokussieren, die richtigen Fragen zu stellen. So wird es uns möglich sein, noch etwas länger gegenüber den Maschinen zu bestehen und eine Symbiose einzugehen.

Geht nicht die Firma Starmind in diese Richtung?
Starmind habe ich damals mit Marc Vontobel gegründet, um auf jedewede Frage mittels intelligenten Algorithmen den richtigen Menschen weltweit zu identifizieren, um jede Frage sofort zu lösen. Aber die richtige Frage stellen muss man nach wie vor selbst. Eines Tages könnte dies ebenfalls von künstlicher Intelligenz übernommen werden, wann das sein wird, werden die nächsten Jahre entscheiden. Schliesslich lässt sich alles nachbauen: auch Empathie. Künstliche Intelligenz wächst wie ein Gehirn, macht selbständig Verbindungen, lernt dazu, kombiniert. Mit oder ohne Fehler, extrem schnell, global. Vernetzt, schier unaufhaltsam.

Irgendwann braucht es uns dann aber nicht mehr …
Ob uns die Erde oder das Universum wirklich braucht, bezweifle ich. Es gibt einige prominente Denker und Persönlichkeiten, die schlussfolgern, dass Maschinen eine normale und abseh- bare Entwicklung der Evolution darstellen. Menschen haben Roboter geschaffen, und irgendwann schaffen Roboter weitere Roboter – oder Menschen. Wenn Visionäre wie Elon Musk sagen, wir sollten auf ein paar andere Planeten übersiedeln, weil es irgendwann ein bisschen ungemütlich hier auf unserer Erde wird, dann verstehe ich die Argumentation.

Hm … Klingt nicht so prickelnd. Macht dir das keine Angst?
Ich habe nicht gesagt, ich hätte keine Angst. Ich habe nur gesagt, dass ich Grenzen überschreite und gern Neues entdecke. Etwas Furcht ist dabei ganz nützlich.

Pascal Kaufmann hat Angst?
Pascal Kaufmann macht sich über einige Dinge Sorgen (lacht).

Gibt es einen Film, den du gesehen hast, der aus deiner Sicht zukunftsweisend ist und zeigt, wie unsere Menschheits- geschichte mit künstlicher Intelligenz weitergehen könnte?
„iRobot“, wo wir sehen, wie ein Roboter plötzlich Gefühle entwickelt. Oder „Her“. Sehr realistisch, wie sich ein Mensch in seinen Computer quasi verliebt, von diesem abhängig wird. „Elysium“ ebenso – wo die reichen Men- schen im Weltall in Luxus leben und die Armen auf der verseuchten Erde zurück- bleiben.
Apropos zurück zur Erde: Was sind für dich als Unternehmer, Entdecker also die nächsten Schritte, die du mit Starmind machen möchtest? Ich bin der Überzeugung, dass die Menschen eines Tages mit Tausenden von Gehirnen gleichzeitig denken werden. Know-how ist und wird zu einem kostbaren Rohstoff, der im Prinzip für jeden verfügbar ist. Starmind soll die besten Talente weltweit anziehen, um unsere Algorithmen weiterzuentwickeln und die Starmind-Technologie jedermann zur Verfügung zu stellen. Starmind
soll helfen, dass wir die richtigen Fragen stellen müssen und können, wobei die Maschine diese dann automatisiert löst.

Wie wird es mit diesen Technologien weitergehen?
Wenn wir uns in zehn oder 15 Jahren wiedersehen, wird die Welt schon ganz anders aussehen. Die Entwicklung beschleunigt sich im Moment. Vor einigen Monaten hatte ich meine erste HoloLens auf der Nase – ich wette mit dir, dass in wenigen Jahren viele von uns solche Brillen oder Linsen bei oder in sich tragen werden. Wir werden dann wahrscheinlich auch keine Mobiltelefone und Computer mehr auf dem Tisch haben. Weil alles direkt auf die Linse in unserem Auge projiziert werden kann. Seit ich das selbst erlebt und gesehen habe, bin ich überzeugt, dass diese Entwicklungen schneller kommen werden, als man gemeinhin annimmt. Stell dir vor: Keiner muss mehr ins Büro. Du kannst sogar Leute berühren über entsprechende Anzüge mit taktilen Einheiten! Seit ich das erlebt habe, sehe ich die Welt anders.

Wie real ist es denn?
Sehr (lacht).

Und wann hast du das letzte Mal einen Brief von Hand geschrieben?
Gestern! Gestern verfasste ich ein handgeschriebenes Briefchen, weil ich mich für etwas entschuldigen musste.

Ich frag jetzt nicht weiter …
(lacht)

Schön, dass auch ich dich etwas provozieren durfte.
Man muss die Leute ein bisschen provozieren, wachrütteln, das regt zum Denken an. Viele Menschen wissen gar nicht, wie sehr sie heute schon Sklaven sind. Wenn ich deine Kreditkarten informationen auswerten würde, wüsste ich fast alles über dich. Und dieses Wissen kann zu Abhängigkeiten führen. Ich kann zum Beispiel die Preise erhöhen, wenn du einkaufen gehst, ein individuelles Pricing machen, was ja heute schon passiert oder in Diskussion ist. Wenn ich weiss, dass du Erdbeeren beispielsweise supergern magst und immer einkaufst, könnte ich das für dich extrateuer machen und davon profitieren. Auch hier: Wissen kann zum Guten oder zum Negativen eingesetzt werden, je nach Perspektive. Das gilt auch für künstliche Intelligenz. Ich denke, wir leben in einer absolut spannenden Zeit! Vielleicht in einer der spannendsten Episoden der Menschheit, weil wir den Beginn einer neuen Ära miterleben. Aber jetzt mach ich erst mal Ferien.

Du schaust dir das tatsächlich noch live an …?
(lacht). Ja! Solange die Umwelt noch intakt ist. Ich glaube, dass wir uns am Ende des Lebens nur an die aussergewöhnlichen Dinge erinnern werden. Deshalb mache ich gern Aussergewöhnliches. Noch wissen wir nicht alles. Wir werden sicher noch ein paar Naturgesetze herausfinden, die im Moment noch im Verborgenen liegen. Und Maschinen mit künstlicher Intelli- genz, die von Menschenhand erschaffen wurden, die ja auch Teil unserer Natur sind. Die Natur sucht sich immer ihren Weg – genauso wie es die künstliche Intelligenz tun wird, um sich zu etablieren. Lass uns in zehn Jahren nochmals darüber sprechen (Augenzwinkern).

 

Weiterführende Informationen: www.starmind.com

*Der Gründer des Artificial-Intelligence- Unternehmens Starmind, Pascal Kauf- mann, ist einer von vier Keynote Spea- kern an der League of Leading Ladies Conference am 30. & 31.03.2017 in
Interlaken zum Thema „Disruptive Times“. Tickets und Informationen unter:
2017.leagueofleadingladies.com

Veröffentlicht am September 02, 2016

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