Dennoch gibt es eine weitverbreitete Skepsis gegenüber NGOs aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Mittelverwendung. Als Projektleiterin für das «Re:build Ukraine – Mentor & Protegee Program» innerhalb der internationalen NGO «Be an Angel» kann ich aus erster Hand bestätigen, dass Vertrauen zu gewinnen keine leichte Aufgabe ist.
Be an Angel, 2015 gegründet, engagiert sich seit März 2022 intensiv in der Ukraine. Die Organisation hat sowohl bei Evakuierungen als auch bei der Bereitstellung von Hilfsgütern eine beeindruckende Leistung erbracht. Über 18 000 Menschen wurden über Moldawien in Sicherheit gebracht, und knapp 5000 Tonnen lebensnotwendiger Hilfsgüter erreichten die Frontlinien. Doch trotz dieser Leistungen bleiben Herausforderungen bestehen, die auf dem fundamentalen Misstrauen gegenüber NGOs beruhen.
Flexibel und effizient
Bei «Be an Angel» sind wir stolz auf unsere Flexibilität und Effizienz. Mit weniger als 20 Teammitgliedern sind wir in der Lage, rasch auf Krisensituationen zu reagieren, während größere NGOs häufig von bürokratischen Hürden behindert werden. Ein Paradebeispiel ist eine Auffangstation an der ukrainisch-moldawischen Grenze, die zu Beginn des Konflikts Tausende von Menschen täglich unterstützte. Ein Jahr später gibt es kaum noch Neuankömmlinge und wertvolle Ressourcen wie Zelte und Ambulanzen bleiben ungenutzt, weil die Finanzierung von einer großen NGO stammt, die an starren Vorgaben festhält.
#businesssisterhood
Als Projektleiterin des «Re:build Ukraine – Mentor & Protegee Program» stehe ich vor vielen Herausforderungen. Unsere Mission ist es, ukrainischen alleinerziehenden Müttern, die in die EU geflüchtet sind, eine Perspektive zu bieten. Das Programm bietet individuellen Fernunterricht durch erfahrene Mentoren, um die berufliche Entwicklung zu fördern. Wir ermöglichen unseren Protegees die Entwicklung von Geschäftsideen, die Verbesserung ihrer Englischkenntnisse und idealerweise die Gründung eigener Unternehmen. Doch trotz unserer detaillierten Planung und Vorbereitung, stossen wir auf Schwierigkeiten bei der Umsetzung, wegen Mangel an Finanzierung.
Auf Geldsuche
Wir kontaktieren Firmen und schreiben Förderanträge, bisher hat sich jedoch keine Organisation oder Unternehmung finden können, die das Projekt finanziell unterstützen möchte. Im Rahmen der Suche nach Unterstützung für die Evakuierungsfälle von «Be an Angel» hat sich bewährt, persönliches Sponsoring möglich zu machen, so finanzierte zum Beispiel ein Frauenclub die Möglichkeit, ein schwerkrankes Baby und seine Mutter aus der Ukraine in ein Spital nach Deutschland zu bringen, wo eine Behandlung möglich ist, die in der Ukraine derzeit nicht geleistet werden kann.
Vertrauen aufbauen
Die Skepsis gegenüber NGOs und die Angst, dass Spenden ineffizient eingesetzt werden, erschweren die Beschaffung der Mittel für Projekte. Als Projektleiterin liegt es in meiner Verantwortung, das Vertrauen der Spender zu gewinnen und sicherzustellen, dass ihre finanzielle Unterstützung transparent und verantwortungsvoll verwendet wird. Wir legen grossen Wert auf detaillierte Finanzberichte und klare Nachweise zur Mittelverwendung. Doch leider reicht Transparenz allein nicht aus. Es scheint, als ob das grundlegende Vertrauen in NGOs fehlt, unabhängig von deren Leistung.
Verbindungen knüpfen
Wenn Sie gerne spenden würden, aber nicht wissen, welcher NGO Sie vertrauen können – hier mein Tipp: Viele NGOs, einschliesslich «Be an Angel», schätzen die Gelegenheit, mit Unterstützern und potenziellen Spendern in persönlichen Gesprächen zu interagieren. Ob über ein einfaches Telefongespräch oder eine Zoom-Konferenz, diese Treffen bieten Ihnen die Möglichkeit, die Menschen hinter den Projekten kennenzulernen, ihre Leidenschaft zu spüren und eine tiefere Verbindung zur Mission der Organisation aufzubauen. Es ermöglicht Ihnen, Fragen zu stellen, Unklarheiten auszuräumen und sicherzustellen, dass Ihre Spenden in Übereinstimmung mit Ihren Werten und Erwartungen eingesetzt werden.
Kim Welti ist Studentin Tourismusmanagement und hat das Start-up «Go For Adventure» (goforadventure.it) gegründet, einen Reiseveranstalter, wo man sich selbst individuelle Reisen zusammenstellen kann mit Fokus derzeit auf die Toskana. Seit März 2022 engagiert Kim sich bei der NGO «Be an Angel», anfangs im Organisieren der Unterkünfte für evakuierte Menschen aus der Ukraine, seit Anfang 2023 als Projektleiterin, aktuell für das «Re:build Ukraine – Mentor & Protegee Program». Ausserdem hilft Kim dem Ladies Drive Magazin beim Transkribieren von Interviews.