Ein Gespräch mit Therese Naef, Geschäftsführerin von Milani Design & Consulting. Ein nächtlicher Roadtrip, ein drohender Projektabbruch – und der Beginn einer unternehmerischen Karriere. Von Beatmungsgeräten bis Zugfronten – wie Therese Naef Design zur strategischen Disziplin macht.

Ladies Drive: Therese, was macht dich aus?
Therese Naef: Ich bin eine Macherin. Ich liebe Geschwindigkeit – im Denken, im Tun, auch gerne beim Mountainbiken. Ich bin Menschenfreundin, Teamplayerin und leidenschaftliche Designerin und Unternehmerin. Mir ist wichtig, das Potenzial beider Hirnhälften gleichermassen zu nutzen: rational und kreativ.
Was genau macht Milani?
Wir sind eine Design- und Innovationsagentur, gegründet 1963. Kundinnen und Kunden kommen meist mit dem Wunsch nach einem neuen Produkt oder einem neuen Service – wir begleiten sie von der Idee bis zur Umsetzung. Dabei geht es um mehr als „schönes Design“. Design ist für uns keine Geschmackssache, sondern ein Strategie-Tool für die Unternehmenspositionierung. Unsere Spezialität: hoch regulierte Branchen wie Medizintechnik oder Transport. Dort, wo enge Vorgaben herrschen, entdecken wir kreative Spielräume. Mit systematischer Nutzerperspektive und schnellem Prototyping entwickeln wir marktfähige Lösungen. Und immer mitgedacht: die Nachhaltigkeit. Denn 80 Prozent der Umweltverträglichkeit eines Produkts werden in der Entwicklungsphase festgelegt.

Wie wurdest du Geschäftsführerin und Inhaberin?
Ich bin kurz vor der Matura aus der Schule ausgestiegen und machte eine Lehre im Architektur- und Prototypenbau. Aber da führt man die Ideen von anderen aus. Ich wollte mich selbst stärker einbringen können und studierte Produktdesign – ohne zu wissen, was das genau ist. Während meines Studiums absolvierte ich ein Praktikum bei Milani und kehrte nach dem Abschluss zurück. Dann kam dieser eine Tag, der mich vom Teammitglied zur Unternehmerin machte: Das Team war auf einer Messe, ich hütete das Büro. Ein Modellbauer aus dem Tessin rief mich an: Ein kritischer Auftrag drohte zu kippen. Ich überarbeitete in Eigenregie und unter hohem Zeitdruck ein Modell, packte es in den Kofferraum und fuhr spätabends zu ihm ins Tessin, wir arbeiteten die halbe Nacht durch. Dann fuhr ich frühmorgens wieder in die Deutschschweiz und pitchte das Projekt erfolgreich beim Kunden. Kurz darauf wurde ich Partnerin – mit Anfang 30 – und wenige Jahre später Geschäftsführerin.
Wie sieht dein Alltag aus?
Vielschichtig und dynamisch – und das liebe ich. Am Vormittag analysiere ich vielleicht die Anforderungen eines Beatmungsgeräts, danach diskutiere ich das Design einer Zugfront oder den ökologischen Fussabdruck einer neuen Waschmaschine im Hinblick auf eine Neugestaltung. Immer im Brainstorming mit dem Team. Es geht nie um Egos, sondern um Wirkung: Wer ist der Anwender? Was braucht diese Person wirklich? Wie muss das Produkt aussehen, damit es die Nutzerinnen und Nutzer lieben? Alle, die bei uns arbeiten, müssen top darin sein, komplexe Herausforderungen zu lösen.

Worauf bist du besonders stolz?
Auf unser Team. Auf die Energie, mit der wir gemeinsam Lösungen entwickeln. Wir bekommen oft das Feedback, dass unsere Arbeit begeistert – das motiviert und prägt unsere Kultur. Wir begegnen einander und unserer Kundschaft auf Augenhöhe.
Aktuell heisst es, der Trend zur Nachhaltigkeit sei rückläufig. Wie siehst du das?
Vielleicht hat sich der Hype etwas beruhigt – aber langfristig wird es für Unternehmen unumgänglich sein zu agieren. Nachhaltigkeitsfaktoren werden klar in den Produktentwicklungsprozess integriert werden müssen, vom ersten Entwurf an. Lieber viele kleine, machbare Schritte als grosse Versprechen ohne Wirkung, damit das Thema erfolgreich in die Unternehmenskultur einfliessen kann.
Wie hängen Innovation und Nachhaltigkeit zusammen?
Sie sind untrennbar verbunden. Nachhaltigkeit fordert uns heraus, neue Wege zu denken. Das ist der Kern von Innovation. Kreislaufwirtschaft zum Beispiel ist kein Quality-Management-Thema, sondern ein echtes Geschäftspotenzial. Sie eröffnet neue Chancen, Märkte und Wertschöpfungen.
Worin liegt dein persönlicher Hebel?
Im Verstehen: der Menschen, der Technik, der Kultur. Wenn wir diese Dimensionen zusammenbringen, entstehen Produkte mit echtem Mehrwert. Ich will keine überflüssigen Features, sondern Lösungen, die wirklich gebraucht werden – und funktionieren.