Ladies Drive Magazine - Léa Miggiano

Scham – Schuld – Selbstzweifel

Idee & Realisation: Sandra-Stella Triebl
Foto: Tomek Gola / www.gola.pro
Make-up: Angela Meleti
Location: Zürcher Kammerorchester

Scham – Schuld – Selbstzweifel

Idee & Realisation: Sandra-Stella Triebl
Foto: Tomek Gola / www.gola.pro
Make-up: Angela Meleti
Location: Zürcher Kammerorchester

Wir haben für unser Fotoshooting vier Frauen eingeladen, die wir, von aussen betrachtet, für extrem selbstbewusst und selbstbestimmt halten: Léa Miggiano, Giada Ilardo, Priska Burkard, und Dr. Yasemin Tahris.

Léa Miggiano, die Rockstar unter den Schweizer Start-ups, die mit Carvolution mittlerweile 42,5 Millionen Schweizer Franken und diverse Awards eingesammelt hat.

Die Selfmade-Millionärin Giada Ilardo, die es mit einem schlauen Marketing und guter Positionierung mit Piercing- und Tattoostudios bis an die Zürcher Bahnhofstrasse geschafft hat.

Die Frau in Tech, Priska Burkard, die sich für mehr Diversität in Tech in der Schweiz einsetzt mit der ersten Schweizer HR-Plattform mit künstlicher Intelligenz, die auf der Überprüfung von Skills und Expertisen bei Kandidatinnen-Profilen aufbaut.

Und dann Dr. Yasemin Tahris, Arbeits- und Organisationspsychologin sowie Entrepreneur – zu ihren Start-ups gehört FLOWIT, eine intelligente App, die klassische Mitarbeitergespräche überflüssig machen soll.

All diese Frauen scheinen vor Selbstbewusstsein zu strotzen – smart, schön und ohne Selbstzweifel.

Wir haben sie gefragt, wo ihnen Scham, Schuld und Selbstzweifel im Arbeitsleben begegnet, wie sie damit umgehen, ob es so etwas wie eine Scham-Resilienz gibt und wie man sich vom Urteil anderer befreit.

Lesen Sie den Leitartikel über Sham – Schuld – Selbstzweifel von Sandra-Stella Triebl.


Léa Miggiano

Ladies Drive - Léa Miggiano

Co-Founder & CMO Carvolution
www.carvolution.com

Wir müssen darauf vertrauen, an Herausforderungen zu wachsen

Scham empfinde ich, wenn ich den Eindruck habe, dass mein Verhalten von anderen als unangemessen empfunden wurde. Wenn ich selbst den Eindruck habe, dass ich meinem Selbstbild nicht gerecht wurde. Es ist ein Bruch damit, wie ich gern wäre, oder die Sorge darüber, was andere denken könnten.

Bei Selbstzweifeln habe ich viel mehr Kontrolle. Denn als Person, die denkt, dass alles irgendwie machbar ist, halte ich mich nicht allzu lange mit Selbstzweifeln auf, sondern widme mich schnell einer möglichen Lösung.

Ich glaube, die beiden Gefühle verstärken einander oft. Denn wer starke Selbstzweifel hat, wird durch die einhergehende Verunsicherung viel schneller Schamgefühle empfinden.

Wo mir diese Gefühle im Berufsleben begegnen

Es ist die Sorge darüber, dass ich etwas nicht bedenke, das ich berücksichtigen müsste. Es ist die Angst, mich nicht ausreichend um mein Team zu kümmern. Solche Gefühle kommen bei mir auch in einem Interview auf, und ich bin unsicher, ob ich alles, was wichtig ist, erwähnt habe. Grundsätzlich versuche ich, sehr bewusst zu entscheiden, ob die Zweifel begründet sind. Wenn sie es sind, dann versuche ich, eine Lösung zu finden, indem ich mir sage: „Okay, ich hänge mich mehr rein. Das löse ich jetzt irgendwie. Ich kriege das hin.“ Meine Selbstzweifel waren früher gewiss intensiver, doch durch die Routine in schwierigen Situationen, durch positive Rückmeldungen und durch die Erkenntnis, dass ich auch sehr stolz auf mich sein darf, mindern sie sich, und es fällt mir leichter, damit umzugehen.
Scham empfinde ich im Berufsleben eher selten. Denn ganz ehrlich, ich bin sehr bemüht darum, es nicht so weit kommen zu lassen, dass ich mich für etwas schämen müsste. Das raubt Energie, es heisst, dass man sich immer wieder aktiv Gedanken zu seinem moralischen Kompass, auch dem der Gesellschaft, macht und sich daran orientiert.

Ich schäme mich nie dafür, meine Meinung zu sagen. Das kann schnell als laut und rebellisch wahrgenommen werden, aber diesen Trade-off nehme ich in Kauf. Was nicht heisst, dass ich mich nicht bemühe zu lernen, meine Meinung angebracht zu kommunizieren. Denn ja, manchmal schäme ich mich für meine Direktheit gegenüber anderen. Es ist nie meine Absicht, jemanden zu verletzen, aber es passiert manchmal.

Über Scham zu sprechen, so paradox es klingt, ist bereits mit Scham verbunden. Es ist nicht einfach, über Scham zu sprechen, aber je länger ich mir Gedanken zu ihr mache und mich an die Situationen erinnere, in welchen Scham ein Thema war, komme ich zum Schluss, dass die Sorge, darüber zu sprechen, komplett unbegründet war. Wenn ich offen darüber spreche, erhalte ich in egal welcher Situation nur eine einzige Antwort: „Dafür musst du dich doch nicht schämen.“ Ich habe nie gehört, dass es doch ein Tabuthema sei und was mir eigentlich einfalle, überhaupt darüber zu sprechen, oder dass ich mich dafür effektiv in Grund und Boden schämen sollte.

So arbeite ich an meiner Scham-Resilienz

Am meisten hat mir geholfen zu realisieren, dass ich weniger wichtig bin, als ich manchmal denke. Sprich: „It doesn’t matter.“ Interessiert es überhaupt jemanden? Nein, in den meisten Fällen nicht. Durch diese Erkenntnis gehe ich weniger hart mit mir ins Gericht. Ganz ehrlich, manchmal entgleist man seinen eigenen Wertvorstellungen und wird den eigenen Erwartungen oder denjenigen der anderen nicht gerecht, und das ist vollkommen okay.

Überlegt gut, wer über euch urteilen darf

Ich versuche, den Rahmen derjenigen Personen, die Einfluss auf mein Selbstwertgefühl haben, sehr bedacht zu wählen. Mein Verständnis von Selbstwert ist unter anderem ein Ergebnis daraus, dass ich von meinem Umfeld nicht als Person an sich infrage gestellt werde. Was nicht heisst, dass ich nicht kritisiert werde, meine Wertvorstellungen oder mein Handeln nicht hinterfragt werden. Und trotz dieser Abhängigkeit von meinem Umfeld würde ich sagen, dass ich ein frei denkendes Wesen bin. Ich brauche die Akzeptanz meines Umfeldes, aber ich weiss, dass ich in meinem Umfeld bedingungslos akzeptiert werde. Das allein stärkt meinen Selbstwert und gibt mir das Selbstbewusstsein, frei denkend zu sein.

Mein Tipp an andere Frauen

Ich hatte in den letzten Tagen weitaus mehr Gespräche über Selbstzweifel als in den vergangenen Jahren. Und es hat sich sehr gut angefühlt. Deshalb rate ich, den Austausch zu suchen. Alle haben Selbstzweifel, und man darf sich einfach nicht blockieren lassen. Mir hilft es, den realistischen Worst Case durchzuspielen. Dann erkenne ich, dass es mehrheitlich gar nicht so schlimm kommen kann, wie ich es mir ausmale. Es wird immer so sein, dass vieles unmöglich erscheint, bis man damit startet. Ich finde, dass wir auch darauf vertrauen müssen, an einer neuen Herausforderung zu wachsen. Was in einem steckt, zeigt sich erst, wenn man gestartet hat, und das ist ein echt schönes Gefühl.


Priska Burkard

Ladies Drive Magazine - Priska Burkard

Co-Founder und Geschäftsführerin von TechFace (SKILLS FINDER AG)
www.techface.ch

What we’re doing here ain’t just scary, it’s about to be legendary“

Welshly Arms

Scham und Selbstzweifel haben insofern miteinander zu tun, als das eine zum anderen führen kann. Aus Scham entstehen Selbstzweifel, aber auch Selbstzweifel können zu Schamgefühlen führen.

Für mich selbst sind aber die Selbstzweifel die vorherrschenden Gefühle. Sie begegnen mir fast täglich, ohne dass andere sie bei mir wahrnehmen. Oft sind sie auch einfach hausgemacht und verunsichern mich, beeinträchtigen mein Selbstbewusstsein.
Bei Scham hingegen fühle ich mich eher machtlos und traurig. Ich beziehe es auf etwas, was bereits geschehen ist und nicht mehr geändert werden kann. Sei es weil ich in aller Öffentlichkeit hingefallen bin oder meinen Text in einem Pitch vergessen habe.
Das Selbstzweifeln begegnet mir jeden Morgen nach dem Aufstehen! Seit ich selbstständig arbeite, frag ich mich fast täglich, ob ich denn alles richtig mache und mich als Unternehmerin eigne.

Schamgefühle kommen auf, wenn ich mich mit anderen Unternehmerinnen vergleiche. Ich schäme mich dann dafür, dass ich nicht „mehr“ erreicht habe oder genauso erfolgreich bin. Das kommt zum Glück jedoch sehr selten vor, und auch nur dann, wenn mich gerade eine Flut von Selbstzweifeln überkommt.

Wenn mich Selbstzweifel plagen, suche ich mir in meinem Tagesablauf Aufgaben aus, bei denen ich weiss, sie gelingen mir gut und ich mach sie sehr gern. Das hebt die Motivation und das Selbstbewusstsein. Im Austausch mit anderen Unternehmerinnen oder Freundinnen kann ich mir eine neutrale Aussensicht einholen, die mir aufzeigt, dass meine Selbstzweifel unnötig sind.

Wo Scham sich in mein Leben geschlichen hat

Vor ein paar Jahren wurde bei mir Brustkrebs diagnostiziert, welcher mit einer Hormontherapie behandelt wurde. Zu Beginn der Therapie hatte ich mit starken Stimmungsschwankungen und Hitzewallungen zu kämpfen. Ich hatte unkontrollierte Gefühlsausbrüche gegenüber Menschen, die nichts von meiner Therapie wussten. In den unmöglichsten und vor allem in beruflichen Situationen hatte ich Schweissausbrüche und das Gefühl, einen hochroten Kopf zu bekommen.

Noch heute schäme ich mich manchmal für diese Situationen. Erst als ich begonnen habe, meine Krankheit und die Therapie nicht zu verheimlichen und offen darüber zu reden, was in mir abgeht, konnte ich mit meinen Schamgefühlen besser umgehen.
Nicht lange her hatte ich bei einem Zwei-Minuten-Pitch ein komplettes Blackout und meinen Text vergessen! Auch das war eine sehr beschämende Situation. Heute kann ich darüber lachen, denn ich weiss, das passiert den Besten!

Wofür ich mich nie schämen werde, ist, für meine Ansichten und Erfahrungen einzustehen. Meine Erfahrungen machen mich zu dem, was ich heute bin, und durch meine eigene Meinung und meine eigenen Ansichten kann ich authentisch bleiben.
Über Scham zu sprechen macht uns verletzlich, angreifbar. Während wir immer noch glauben, dass nur starke, unantastbare Menschen gut und erfolgreich sind, machen gerade diese Gefühle uns zu besseren Menschen, die bereit sind zu lernen. Das Bild der heutigen Gesellschaft beeinflusst uns in diesem Zusammenhang sehr und hält uns davon ab, über unsere Scham zu reden. Das zeigen auch die aktuellen Weltgeschehnisse, wie der Krieg zwischen Russland und der Ukraine.

Scham-Resilienz für Introvertierte

Ich bin eine introvertierte Person, ich hole mir meine Kraft und Energie aus dem Rückzug. Und genau das mache ich auch, um meine Scham-Resilienz aufzubauen. Ich ziehe mich zurück, wo ich erst mit mir selbst die Gefühle aussondieren und einordnen kann. Dies hilft mir, mein Selbstbewusstsein aufzubauen und gestärkt der Situation entgegenzutreten. Danach suche ich das Gespräch mit Menschen, mit denen ich über das Vorgefallene reden kann, die mich dafür nicht be- oder verurteilen und einfach nur zuhören.

Weshalb wir uns abhängig vom Urteil anderer machen

Der Grund hierfür ist häufig Zugehörigkeit – wir möchten alle dazugehören. Die Angst davor, dass wir, wenn wir die Erwartungen von anderen Menschen nicht erfüllen, deshalb nicht mehr dazugehören, ist schon seit Urzeiten vorhanden. Es ist ein Urinstinkt, den wir für unser Überleben benötigen.

Wir können uns davon befreien, wenn wir verstehen, weshalb wir genau wohin oder zu wem gehören möchten. Was spielt diese Zugehörigkeit für eine Rolle, und was passiert oder können wir tun, wenn diese Zugehörigkeit nicht mehr da ist? Wenn wir lernen, wir selbst zu sein, unabhängig von dem, was wir gerade machen oder wo und mit wem wir sind, können wir ein Selbstwertgefühl aufbauen, das losgelöst von jeglicher Aussenansicht ist und bestehen bleibt.

Mein Tipp für andere Frauen

Blickt zurück auf das, was ihr bereits erreicht habt, und zelebriert jeden auch noch so kleinen Erfolg. Seid euch im Klaren darüber, dass nur ihr bestimmen könnt, was Erfolg ist. Denn für jede ist Erfolg etwas anderes.

Gerne würde ich ein Buch empfehlen, dass sich mit dem Thema Scham sehr gut auseinandersetzt und mir viele wertvolle Einsichten gegeben hat: Brené Brown – „The Gifts of Imperfection“.


Giada Ilardo

Ladies Drive Magazine - Giada Ilardo

Gründerin & CEO GIAHI AG
www.giadailardo.com
www.giahi.ch

Ich verspüre Scham, wenn mir mein Ego im Weg steht“

Scham und Selbstzweifel sind unter uns Frauen leider sehr stark verbreitet. Ich erlebe das immer wieder in meinen Coachings, wie unsicher und unwohl sich viele Frauen in ihrer Haut fühlen.

Scham ist ein Gefühl, das wir tief im Inneren mit unse­rer eige­nen Person verspüren und demnach aus­fechten müssen. Wir hadern mit den eige­nen Ent­schei­dun­gen, hin­ter­fra­gen uns selbst oder grü­beln dar­über nach, wel­chen Ein­druck wir bei ande­ren hin­ter­las­sen haben. Ein Gefühl, das sich beklemmend und anhaltend anfühlt und einen davon abhält, Grosses zu erschaffen, vor allem aber einen davon abhält, sein Potenzial voll auszuleben.

Ich empfand früher Scham in der Art, wie ich war. Mir wurde bereits als junges Mädchen gesagt, ich sei „zu viel“. Zu viel Energie, zu laut, zu direkt, einfach „too much“. Ich brauchte viele Jahre, um zu verstehen, dass ich gut bin, so wie ich bin, und mein Selbst nicht ändern kann. Ich kann ändern, wie ich denke, wie ich handle und mich dabei stets weiterentwickeln. Meine Natur aber ist die, die mir geschenkt wurde. Ich habe gelernt, dass mein „Too much“-Sein einen riesigen Mehrwert darstellt. Ich habe mein Ventil in meinem Tun gefunden. Ich bin Unternehmerin und Coach, beides gibt mir die Möglichkeit, meine Energie und mein Wissen in vollem Umfang auszuleben und weiterzugeben.

Ich erwische mich immer wieder in Situationen, in denen ich Scham verspüre, wenn mir mein Ego im Weg steht. Wenn das aufkommt, muss ich mich stets daran erinnern, dass alles in meiner eigenen Betrachtungsweise der Perspektive liegt. Meine Perspektive führt mich erst dahin, dass ich mich für etwas oder eine Situation schäme, und so gesehen existiert alles also nur in „meiner“ Realität. Heute weiss ich, wer ich bin, und Fehler sind zum Wachsen da. Wieso also sich immer für alles verurteilen? Ich habe eine Aufgabe auf dieser Welt, und die habe ich in voller Leidenschaft zu erledigen. Scham und Selbstzweifel stehen einem stets im Weg. Jedes Mal, wenn das Gefühl aufkommt, gehe ich tief in mich, um zu erkennen, woher das kommt, und nutze es dazu, mich weiterzuentwickeln, denn das heisst, dort ist noch Bedarf, Stärke zu gewinnen.

Weshalb viele Menschen Angst haben, über Scham zu sprechen?

Es ist schade zu sehen, wie vielen Menschen ebendies im Wege steht. Lieber machen sie etwas nicht, denn man könnte ja verurteilt werden.

Stärke und Mut zu zeigen bedarf eines grossen Glaubens an sich.

Als Kind hat man den Glauben ganz natürlich, und doch – irgendwann verliert man ihn. Die Frage ist daher: Wie komme ich wieder zu meinem inneren Glauben, dem Glauben an mich selbst, an das Universum und daran, dass so oder so alles gut kommt?
Scham und Unsicherheit kann aber auch ein von aussen impliziertes Gefühl sein. Denn oft ist es die Unsicherheit des Gegenübers, die sich in einem widerspiegelt.

Mein Weg zur Scham-Resilienz

Wie kommt dieses Gefühl überhaupt auf? Wo entsteht es? Das sind die Fragen, die ich mir immer und immer wieder stelle, um mich diesem Gefühl zu stellen.

Ich habe mich entschieden, keine solchen Emotionen mehr haben zu wollen. Das heisst, ich muss verstehen, woher sie kommen, und sie tief im Inneren bekämpfen und auflösen.
Ich hinterfrage alles im Leben und nehme nie etwas so, wie es scheint. Ein Leben in Fülle zu leben heisst auch, in sich zu gehen und zu verstehen, wieso man sich so fühlt. Ich habe für mich herausgefunden, dass Scham ein von mir eingebildetes Gefühl ist, das sich ändern lässt. Wir müssen nicht damit leben oder uns damit abfinden!

Ich akzeptiere und liebe mich so, wie ich bin, und schäme mich nicht dafür. Im Gegenteil, ich habe Stärken und fokussiere mich darauf.

Wir müssen aufhören, so hart mit uns ins Gericht zu gehen. Das ist nicht unsere Bestimmung.

Wie man sich vom Urteil anderer befreit

Wir müssen eines verstehen: Wir sind nicht auf dieser Welt, um irgendjemandem zu gefallen. Was ist unsere wahre Begabung, und wofür wollen wir stehen? Ein Leben zu leben in absoluter Fülle bedeutet auch, sein eigenes Leben zu leben – und nicht das eines anderen. Sich zu vergleichen ist häufig lediglich der Ursprung von Unglück.

Inspiration ja, vergleichen und in sich dieses leere Gefühl aufkommen lassen: Nein!

Glück erlangen wir in der Akzeptanz dessen, was wir sind.

Mein Tipp an andere Frauen

Das Leben ist zu kurz, um sich Gedanken darüber zu machen, was die anderen von einem halten. Wir haben das grösste Geschenk bereits erhalten, und das ist das Leben selbst.
Jedem zu gefallen ist einfach nicht möglich und auch nicht erstrebenswert.
Ich verstehe das Leben wie folgt: Wir sind hier, um wir selbst zu sein, wir sind genug und perfekt erschaffen worden. Wir müssen lediglich eines: uns entdecken, uns weiterentwickeln, unseren Talenten mit Leidenschaft folgen, das Leben „erleben“ und so viel wie möglich zurückgeben.

Denn Erfolg ist das, was folgt, wenn du deiner Bestimmung folgst.

Das Leben kann nur nach vorn gelebt werden, ins Ungewisse und in eine unbekannte Zukunft, rückblickend werden wir aber die Verknüpfungen verstehen.

Gewinne wieder die Leichtigkeit und Freude am Tun.
Glaub an dich, sei mutig, trau dich, einfach du zu sein.
Stich heraus und geniess deine Träume!


Dr. Yasemin Tahris

Ladies Drive Magazine - Yasemin Tahris

Co-Founder & Co-CEO FLOWIT AG
www.flowit.ch

Ich habe gelernt, Leistungen vom Selbstwert zu entkoppeln

Wenn ich die Worte „Scham“ und „Selbstzweifel“ höre, dann gehen mir viele Situationen aus meinem beruflichen und privaten Alltag durch den Kopf. Meine Mutter stammt aus einer traditionellen Schweizer Familie, und mein Vater hat einen orientalischen Background. Beide Familien waren nicht begeistert, als sich meine Eltern für den gemeinsamen Weg entschieden haben. Dennoch sind sie früh ihren Weg gegangen – allein und selbstständig. Es war nicht immer einfach – sowohl für sie in der Elternrolle als auch für uns als Kinder. Sie haben unglaublich viel gearbeitet, um uns Kindern eine gute Zukunft zu ermöglichen, und ihr Alltag war geprägt von Selbstzweifeln und Schuldgefühlen. Schuldgefühle gegenüber der eigenen Familie, schliesslich hat man sich gegen sie und für ein anderes Leben entschieden, und Selbstzweifel, alles richtig zu machen und den Kindern eine gute Zukunft zu ermöglichen. Natürlich hat das auf mich abgefärbt und meinen Umgang mit den Gefühlen „Scham“ und „Selbstzweifel“ geprägt. Positiv, weil ich gelernt habe, mich immer wieder zu reflektieren, und auch negativ, weil ich mich selbst immer wieder bei den Selbstzweifeln ertappe.

Weshalb Scham und Selbstzweifel häufig gemeinsam auftreten

Die Begriffe „Scham“ und „Selbstzweifel“ sind für mich stark miteinander verbunden. Als Psychologin betrachte ich Emotionen immer durch die fachliche Brille. Die Psychologie differenziert Schuldgefühle von Scham. Scham bezieht sich nicht auf das, was wir tun – sondern auf das, was wir sind. Schuldgefühle empfinden wir, wenn wir etwas Falsches gemacht haben. Mit der Option, es wiedergut- oder das nächste Mal zumindest anders zu machen. Scham entsteht per Definition aber da, wo es diese Möglichkeiten nicht gibt. Unser Sein, unser Wesen, unseren Körper können wir nicht so leicht verändern. Sie sind einfach – so und nicht anders. Wenn wir als Personen direkt und unmittelbar auf diese Weise infrage gestellt werden, sind wir als Ganzes entwertet und beschämt. Dort, wo Scham vorhanden ist, sind auch Selbstzweifel nicht weit entfernt. Im Berufsleben begegne ich Selbstzweifeln immer mal wieder. Meine innere Stimme ist da und sagt mir „Hier gehörst du nicht hin“, „Du bist nicht gut genug“. Dies passiert mir beispielsweise, wenn ich als Speakerin angefragt werde oder an Netzwerkanlässen. Wenn diese Gefühle aufkommen, versuche ich, mit mir selbst zu sprechen, ich arbeite mit positiven Glaubenssätzen. Das gelingt mir mittlerweile sehr gut. In meiner Rolle als Mutter von zwei kleinen Mädchen begegne ich diesen Selbstzweifeln weniger. Dort empfinde ich manchmal Schuldgefühle, beispielsweise wenn ich am Abend nach einem langen Arbeitstag zu müde bin, um grössere Diskussionen auszutragen. Ich habe aber immer das Gefühl, dass ich meine Gefühle gegenüber meinen Töchtern offen ansprechen darf und sie mich als Menschen mit Emotionen wahrnehmen und erleben dürfen. Ich sehe, wie gut es ihnen geht, spüre unsere starke Bindung. Auch wenn meine kleine Tochter, die gerade im Trotzalter ist, einen Wutanfall in der Öffentlichkeit hat. Hier empfinde ich keine Scham, und auch Selbstzweifel in meiner Mutterrolle sind sehr selten. Ich glaube, es ist diese bedingungslose Liebe – hier scheinen Gefühle wie Scham und Selbstzweifel keinen Platz zu haben.

Jede und jeder ist für sein Glück selbst verantwortlich. Wirklich?

Ich glaube, die Angst, über „Scham“ und „Selbstzweifel“ zu sprechen, ist stark in unserer Kultur verankert. Wir leben in einer „individualisierten“ Kultur, wo davon ausgegangen wird: „Jeder ist seines Glückes eigener Schmied.“ Es fällt uns schwer, über Unsicherheit zu sprechen, denn wir werden dem starken und stets aufrechten „Ich“ in der Gesellschaft nicht mehr gerecht – Selbstzweifel und Scham machen uns verletzlich und angreifbar.
Den Selbstwert bezeichnen wir in der Psychologie als Bewertung des Bildes, welches wir von uns selbst haben. Dieses machen wir oft auch von anderen abhängig. In den letzten drei Monaten sind mir fachlich sehr kompetente und erfahrene Berufsfrauen begegnet, welche ihre Arbeitsstelle aus wirtschaftlichen Gründen verloren haben. Wenn uns gekündigt wird, ist es oft schwierig, seinen Selbstwert vom Verhalten des anderen zu lösen. Gerade in solchen Situationen ist es wichtig, sich zu sagen: Ich bin kompetent und liebenswert, auch wenn mein Vorgesetzter sich für eine Kündigung entschieden hat.

Was wirklich hilft

Mir hilft dabei ein realistischer Blick auf meine Stärken. Es ist so ähnlich wie bei Kindern: Fühlen diese sich angenommen und verstanden, hilft das viel mehr als ständiges Lob. Ein realistischer Blick auf eigene Stärken dient dem Selbstwertgefühl – und das viel nachhaltiger als ein Karrieresprung oder Social-Media-Fame. Ich weiss, dass ich eine leidenschaftliche und gute Arbeits- und Organisationspsychologin bin und es liebe, andere für diese Sachverhalte zu begeistern.

Ich habe gelernt, Leistungen vom Selbstwert zu entkoppeln und Misserfolge als Entwicklungschance umzudeuten. Es gelingt mir nicht immer gleich gut, aber meistens schaffe ich es, nach einem Misserfolg schnell wieder meine „Mitte“ zu finden und vorwärtszuschauen.

Mein Tipp an andere Frauen

Frauen, welche an sich zweifeln und deshalb nicht zeigen können, was in ihnen steckt, können versuchen, eine selbstwertstärkende Haltung zu verinnerlichen. Ich treffe mich dazu regelmässig mit meiner Mentorin, die mich fachlich und menschlich wunderbar begleitet. Auch Attributionsübungen aus der positiven Psychologie (z. B. Seligman) können hier hilfreich sein. Der heutige Selbstoptimierungszwang kann sehr unter Druck setzen. Das führt dazu, dass viele sich von Tipps zur Selbstoptimierung ohnehin schon gestresst fühlen. Ich bin der festen Überzeugung, dass es darum geht, sich anzuerkennen und gnädig mit sich selbst zu sein. Auch in unserer Rolle als Berufsfrauen sind wir in erster Linie Menschen – verletzliche, emotionale Wesen –, und das ist gut so und darf so sein.

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