Helena Trachsel & Fiona Trachsel
Helena Trachsel & Fiona Trachsel (von links)
Helena Trachsel
Leiterin Fachstelle Gleichstellung des Kantons Zürich
zh.ch
Gezeiten
Transformation heisst für mich, täglich an mir selbst, an meinen Liebsten und Nächsten, an der Arbeit, im Alltag, im Denken und Handeln zu wachsen, mich so dauerhaft wie möglich zu „wandeln“. Das kann ich nur, wenn ich über meine Werte, Wirkung, die wirklich wichtigen Lebensziele reflektiere und Klarheit erlange. Veränderungsbereit zu sein, Möglichkeiten zu erkennen und zu ergreifen sind doch zentrale Bestandteile unseres Lebens. Chancen und Risiken abzuwägen und mutiger zu werden ist mein Mantra geworden. Transformation heisst für mich, das Leben in allen Facetten in Dankbarkeit, Demut und Sorgfalt zu leben – doch das ist wohl ein lebenslanger Lernprozess.
Ich versöhne mich in vertrauensvollen Zwiegesprächen mit Menschen, denen wir vertrauen können, die uns so verbunden sind, dass sie uns ehrlich und doch liebevoll antworten, mit meinen Sorgen und Ängsten. Auch dies ist ein Lernprozess.
Ich habe an mir und meiner Tochter Fiona mit viel Freude und Begeisterung Veränderungen festgestellt. Es ist ein stetiges Wachsen an- und miteinander durch Austausch und offene Rückmeldungen, auch kritische, die mich im Alltag und im Beruf besser machen. Dieses Vertrauen in meine beiden erwachsenen Töchter und ihr Handeln stärkt mich ungemein, meine Rolle als Mutter, und die der Töchter hat sich transformiert in eine liebevolle Ebenbürtigkeit.
Meine Töchter haben mich verändert. Ich darf durch den Austausch, das Beobachten, das Teilhaben an der persönlichen und beruflichen Entwicklung meiner beiden Töchter Gioja und Fiona enorm viel Neues und sehr Bereicherndes, ökologisch Nachhaltiges, sozial Engagiertes erleben und lernen. So war es Fiona, die Gioja und mich zu unserem ersten Meeresschutzeinsatz unter der Leitung von Dr. Silvia Frey, Co-Gründerin und Geschäftsleiterin von KYMA sea conservation & research, motivierte und damit eine sehr nachhaltige Transformation einleitete: den Verzicht auf das Essen von Meerestieren und das achtsame No-Waste-Verhalten. Die Generationen können voneinander lernen, indem sie einander Respekt für die Haltungen, Erfahrungen, Einstellungen und das Wissen entgegenbringen, neugierig sind auf die Einbettung dessen in den jeweiligen gesellschaftlich-historischen Kontext und die Bereitschaft der Weitergabe von Fähigkeiten und Tätigkeiten.
Gibt es ein gemeinsames Ritual, welches euch näher zusammengebracht hat?
Oh ja, wunderschöne, wertvolle Rituale wie gemeinsame Reisen, Auszeiten auch mit Kurz-Wellness und viel Lachen.
Fiona Trachsel
Verantwortliche Unternehmenskommunikation bei ewp
ewp.ch
Co-Präsidentin von KYMA sea conservation & research
kyma-sea.org
Welleneffekt
Transformation und Change stehen für mich mitnichten für etwas Unangenehmes – im Gegenteil: Privilegiert wie ich leben darf, ist die Möglichkeit für Change und Transformation ein Geschenk. Change ist für mich ein fortlaufender Prozess, die immerzu währende Möglichkeit, Wandel herbeizuführen, Wertehaltungen, Denkschemata, Muster, Handlungen und deren Abläufe zu reflektieren und nachhaltig zu verändern. Menschen, die wie ich in der privilegierten Situation sein dürfen, uns nicht um die Erfüllung unserer Grund- und Existenzbedürfnisse sorgen zu müssen, können Change und Transformation kreieren. Wir können umformen, gestalten, anpassen, im Kleinen auf der persönlichen Ebene, aber auch in grösseren Kontexten, wir alle können uns engagieren, uns füreinander oder für eine Sache einsetzen, mit kreativen Ideen vorangehen – es ist an uns, diese Chancen zu nutzen.
Ich versöhne mich mit meinen Sorgen und Ängsten, wenn es um Veränderung geht, indem ich mich konkret frage, weshalb ich mir nun über etwas den Kopf zerbreche und ich Angst habe oder unsicher bin. Was macht mir wirklich Angst? Ist es der Verlust von Sicherheit oder gar Bequemlichkeit? Ist es die damit einhergehende Anpassungsleistung, die von mir verlangt wird? Und ich stelle meine Ängste immer in den Kontext mit anderen, existenziellen Ängsten – dann werden meine „Sörgeli“ oftmals sehr rasch nichtig und klein. Was ist schon eine kleine Veränderungsleistung im Vergleich zu existenziellen Sorgen und Ängsten?
Meine Mom hat eine Resilienz, wie ich sie noch nie bei einem anderen Menschen gesehen habe. Diese Resilienz und ihre echte Freude an den Menschen, Tieren und der Natur machen sie so offen für Veränderungen aller Art, sei es die Umstellung auf die vegane Küche (die liegt zwar schon einige Jahre zurück) oder die zahlreichen kleineren und grösseren Veränderungen, die Corona verlangt hat; Anpassungen der Art und Weise, wie wir uns als Familie sehen konnten oder Anpassungen bei ihrer Arbeit. Meine Mutter ist äusserst flexibel und spontan, das letzte Jahr hat sie – soweit das überhaupt möglich ist – noch flexibler, spontaner und agiler gemacht, auch in dieser Hinsicht ist sie mir ein riesiges Vorbild.
Obschon ich mir meines privilegierten und glücklichen Lebens schon sehr früh bewusst wurde, zeigen mir Verluste von mir nahestehenden Menschen, wie beispielsweise der viel zu frühe Tod meines Onkels im vergangenen Jahr, wie wichtig und kostbar das Leben ist. Da realisierte ich verstärkt, dass ich einzelne Momente und Situationen noch bewusster lebe und dafür noch dankbarer bin. Ein glückliches, mental und körperlich gesundes Leben ist keine Selbstverständlichkeit.
Kannst du uns von einer Begebenheit erzählen, wo dir das Anpassen an eine Veränderung gut gelungen ist und aus der du nachher gestärkt hervorgegangen bist?
Ich durfte in einer Patchworkfamilie gross werden – ein Lebensgeschenk. In der Primarschule war ich das einzige Kind, dessen Eltern getrennt lebten, und das einzige Kind, das zwei Väter und eine Mutter an den Besuchstagen dabeihaben durfte. Zu realisieren, dass ich hier nicht zur „Regel“ gehörte, bedurfte von mir einer Anpassungsleistung, ich durchlief eine Transformation, indem ich das Kind war, bei dem die Familiensituation „anders“ war. Ich bin überzeugt, dass mich genau diese Sozialisation, dieses frühe Realisieren, dass auch anders gut – ja sogar besser (kein anderes Kind in meiner Klasse hatte damals zwei so supercoole Väter und eine so supercoole Mutter) sein kann; das hat mich definitiv nicht nur gestärkt, sondern nachhaltig positiv geprägt. Es hat mich offener gemacht für verschiedene Lebens- und Rollenmodelle.