Und doch – unsere Träume sollten wir niemals aufgeben. Wer bestimmt denn, ob wir eine Superwoman sind oder nicht? Eben, nicht wir selbst! – Und genau da liegt das Problem. Wir sind die fette Beute geworden von unrealistischen, perfekten Vorstellungen, die wir folgsam übernommen haben, weil wir denken, dass sie Erfolg versprechend oder garantierend sind. Diese Bilder entsprechen dem Zeitgeist und den Vorstellungen gewiefter PR-Agenturen und skrupelloser Marketing-Psychologen, die Stars hypen, Wünsche nähren und Produkte verkaufen. Daran ist zwar nichts falsch, aber wir übernehmen diese Idealbilder dann als Gebote und schwupp, leben ganze Industrien davon, weil es ziemlich viel Zeit, Geld und Aufwand braucht, sich in die propagierte Richtung zu verändern. Was für unseren Körper, unseren Lifestyle, unsere Kleidung und Behausung gilt, gilt übrigens auch für unsere Psyche: Wir sind nicht okay, so wie wir sind, wir sollten ganz anderen Vorbildern entsprechen. Das Perfide daran ist, dass sich diese Idealbilder auch noch dauernd ändern und je nach Kulturkreis sehr verschieden sind. Somit wird auch die lebenslange Verwandlungsfähigkeit bei ewigem Jung-, Dynamisch-, Schön- und Starkbleiben ebenfalls zum Gebot! Früher waren begehrte Frauen sexy und himmelten Männer an als treue Gattinnen und liebevolle Mütter. Heute sind sie androgyn, kämpferisch, unabhängig und LBGTQ+-konform. Sie können und tun alles, was Männer tun, nur besser.
Dass wir bei so viel Anpassung und Erwartungserfüllung immer unglücklicher und unzufriedener werden, ist eine lästige Nebenerscheinung. Wir sind immer auf dem Weg und kommen trotzdem nie ans Ziel, denn wenn wir in die Nähe kommen, dann ändert sich das Ziel. Wie wäre es denn, wenn wir aus diesem Spiel einfach aussteigen würden? Wenn wir realisierten, dass wir niemals Superwoman werden, aber schon eine Supersoul sind? Supersoul wäre dann so individuell wie eine Schneeflocke – es gibt keine zwei gleichen. Sie vergleichen sich auch nicht, sie sind einfach das, was sie sind. Niemand käme auf die Idee, die Schönheit von Schneeflocken zu bewerten, denn dafür sind sie viel zu vergänglich. Genau wie wir auch.
Nehmen wir einmal an, es gäbe eine Seele und nehmen wir weiter an, dass diese Seele unsterblich wäre und dass jedes Leben nur eine Ausdrucksform wäre dieser Seele, eine Erfahrung, die sie sich gewünscht hat und für die sie bereit ist, die Einschränkungen unserer materiellen, physischen Welt in Kauf zu nehmen für eine flüchtige Zeitspanne von maximal 120 Jahren. Nehmen wir weiter an, dass diese Seele die Möglichkeit hätte, sich jederzeit wieder zurückzuziehen und in etwas Neues zu verwandeln, je nach ihrem Bewusstseinszustand und ihrer Neugierde. Wären wir dann nicht bereits Supersoul? Wir müssten nichts und wir könnten und dürften alles! Doch was wollten wir dann?
Wären wir reines Bewusstsein, dann würde das stimmen: Unser Wollen bestimmte in jedem Moment unseren Zustand und unsere Erfahrung. In unserer physischen Realität sind wir an gewisse Gesetze gebunden. Viele davon sind Naturgesetze, die können wir nur sehr beschränkt verändern. Die meisten sind menschengemachte Anordnungen oder Vereinbarungen. An die sollten wir uns halten, um nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten und bestraft zu werden. Noch mehr sind Meinungen und Erwartungen anderer, an welchen wir uns ausrichten, um nicht abgewatscht zu werden. Das Meiste aber sind unbewusste Muster, die wir frag- und kritiklos übernehmen. Gewohnheiten, die wir als gegeben betrachten. Von diesen lassen wir uns bestimmen, manipulieren und versklaven. Das ist nicht nur sehr schade, sondern unsäglich dumm.
Holen wir uns also unsere Superpower zurück! Der erste Schritt dazu ist, uns selbst bewusst zu werden, indem wir diese Muster und Gewohnheiten sehr genau anschauen und sie auf ihre Gültigkeit, Wünschbarkeit, Nützlichkeit, Tauglichkeit und Konsequenzen hinterfragen.
In Anbetracht der Kriege und Krisen, die wir zurzeit erleben, ist es natürlich sehr verführerisch, alles Böse wegzuputzen, zu bekämpfen, zu zerstören und zu überwinden, um danach in Frieden und Freude nach unseren Vorstellungen und Bedürfnissen unbehelligt weiterzuleben. Aber leider nur „nach unseren Vorstellungen“. Wir sind nur ein Puzzleteil dieser Schöpfung. Wir haben die Welt in Gut und Böse eingeteilt. Andere Puzzleteile wie Schmetterlinge, Ratten, Hunde, Delphine, Waldreben, Löwenmäulchen, Birken, Russen, Migranten, Milliardäre, Superstars, Ozeane, Wüsten, Gletscher, Eltern, Partner und Kinder sehen die Welt anders und haben auch Vorstellungen und Bedürfnisse, die sich nicht zwangsläufig mit unseren eigenen decken.
Supersoul wäre sich bewusst, dass alle Erscheinungen und Ereignisse gleichwertige Teile der Schöpfung sind, die eine übergeordnete Intelligenz durch uns und mit uns für – von der Ewigkeit aus gesehen – einen kurzen Moment aufleuchten lässt. Wir haben einen freien Willen, mit dem wir als Supersoul bewusst gestalten können in unserem Wirkungsfeld, welches mit allen anderen Wirkungsfeldern verbunden ist. Wenn wir uns dessen bewusst werden, dann ist Supersoul unglaublich mächtig und genügt sich gleichzeitig selbst. Sie wird entspannt, neugierig, gestaltend und weise sein. Vielleicht würde Supersoul die ganze Schöpfung in Lösungen einbeziehen, liebevoll und tolerant sein und so mithelfen, das Bewusstsein jedes einzelnen Lebewesens stetig zu entwickeln. Allerdings wäre Supersoul dann auch nicht Vorbild für alle: bewundert, beneidet, geächtet oder verlacht. Sie wäre einfach ein kleines Puzzleteil unter Trilliarden und Abertrilliarden anderer Puzzleteile, das sich mit all seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten, mit ganzer Kraft und grosser Freude um die bestmögliche Entwicklung des ganzen Universums bemüht.