Inmitten des Chaos ist immer auch eine Chance.
Sun Tzu
Katia Murmann ist Founder & Co-CEO von WolfPak, dem digitalen Leadership-Begleiter. WolfPak trainiert die nächste Generation von Führungskräften mit Hilfe von AI und macht Firmen fit für die Zukunft der Arbeit.
Wenn überall Chaos und Unsicherheit herrscht, denke ich an meine Freundin Anna.
Als Anna 15 Jahre alt war, verlor sie alle ihre Haare. Während ihre Kolleginnen lernten, Frisuren zu stylen und sich zu schminken, lernte sie, mit einer Perücke zu leben und sich Augenbrauen aufzumalen. Es gab Tage, da war Anna einfach nur verzweifelt. Mit ihren Eltern tingelte sie durch Arztpraxen und Uni-Spitäler. Kein Arzt und kein Professor wusste, warum ihre Haare ausgefallen waren – und keiner konnte ihr sagen, wann sie wieder nachwachsen würden. Irgendwann realisierte Anna, dass sie zwei Möglichkeiten hatte: Sie konnte sich selbst bemitleiden, sich der Ungewissheit ergeben und sich als Opfer der Umstände sehen. Oder aber sie konnte ihre Träume trotz der Ungewissheit verfolgen und das Beste daraus machen. Zum Glück hatte Anna grossartige Eltern, ein tolles Umfeld – und war schon immer eine unerschütterliche Optimistin. Sie entschied sich dafür, die Ungewissheit als Teil ihres Lebens zu akzeptieren. Und sich davon nicht beeinträchtigen zu lassen, sondern daran zu wachsen. In dieser Zeit lernte ich von Anna die wichtigsten Lektionen für mein Leben. Sie geben mir heute Halt, wenn überall Chaos und Unsicherheit herrschen.
Was ich von Anna gelernt habe:
- Verzweifle nicht an dem, was du nicht ändern kannst.
- Gib die Hoffnung nie auf.
- Konzentriere dich auf das, was du beeinflussen kannst – und nutze deine Energie da, wo Chancen bestehen, und dafür, das Gute in deinem Leben und um dich herum zu vermehren.
- Lebe im Hier und Jetzt und sei dankbar für alles, was du hast.
- Jede Hürde ist dafür da, überwunden zu werden. Es gibt immer einen Weg. Wenn du lernst, die Ungewissheit auszuhalten, wächst du daran und gehst gestärkt in die Zukunft.
Seit dieser Zeit haben für mich Ungewissheit und Chaos ihren Schrecken verloren. Heute fragen mich Führungskräfte bei WolfPak um Rat: Die Welt spielt verrückt, sie können nicht mehr planen und wissen nicht, was morgen passiert. Was sollen sie tun?
Hier sind meine fünf Strategien, um in Zeiten des Aufruhrs ruhig und zuversichtlich zu bleiben:
- Akzeptiere das Chaos und die Ungewissheit: Verwende deine Energie nicht darauf, dich dagegen aufzulehnen. Sondern überlege gezielt: Was kannst du beeinflussen? Was kannst du ändern und zum Guten wenden? Es gibt immer etwas, und sei es noch so klein. Fokussiere dich darauf.
- Lebe im Moment: Wenn du dich ständig fragst, was wird morgen sein, was übermorgen, was in zehn Jahren – dann fressen die Gedanken der Ungewissheit dich auf. Besinne dich auf das, wofür du in diesem Moment dankbar bist. Für deine Familie, deine Arbeit, deine Gesundheit. Schreibe dir zehn Dinge auf – und schaue immer wieder darauf, wenn die negativen Gedanken zu dominant werden.
- Wechsle die Perspektive: Sehr viele Menschen finden auch in ruhigen Zeiten immer etwas zu klagen. Annas Geschichte und Reisen haben mich gelehrt: Es hilft sehr, nach rechts und links zu schauen. Wir nehmen vieles als gegeben hin, unsere Haare zum Beispiel.
- Nicht klagen, sondern handeln: Jammern und Lamentieren ist immer der einfachste und bequemste Weg. Warum ist die Welt so, warum passiert das gerade jetzt und warum mir? Darauf kann man viel Zeit und Energie verwenden. Doch weiter bringt einen nur eines: konstruktiv sein. Verantwortung übernehmen. Handeln.
- Auch kleine Schritte zählen: Sobald wir ins Tun kommen, fühlen wir uns nicht mehr ohnmächtig. Das ist wichtig. Denn egal wie schlecht die Lage ist, jeder von uns kann etwas dazu beitragen, dass es besser wird. Denke nicht, dass es keinen Einfluss hat – denn jeder noch so kleine Schritt zählt.
Was ich auch gelernt habe: Gerade in Zeiten des Aufruhrs, von Chaos und Ungewissheit, braucht es Menschen, die Verantwortung übernehmen. Führungskräfte, die die Sache vor ihr Ego stellen. Die ebenso ans Team denken wie an die Folgen ihres Handelns. Die Verantwortung übernehmen nicht nur für die Menschen, die sie führen und vertreten, für ihr Land, ihre Firma und Organisation, sondern für unsere Gesellschaft und unseren Planeten.
Was du als Leaderin machen kannst:
Übernimm Verantwortung: Gerade in Zeiten der Unsicherheit wünscht sich dein Team, dass du präsent bist und Verantwortung übernimmst.
Höre zu: Generell sollten Führungskräfte mehr zuhören als selbst reden. Als Faustregel gilt: 20 Prozent selbst reden, 80 Prozent zuhören. Das gilt in diesen Zeiten noch mehr.
Sei klar: Sage deinem Team, was du weisst – und was du nicht weisst. So zeigst du ihnen, dass du ihnen vertraust und zutraust, mit diesen Informationen umgehen zu können.
Lass sie teilhaben: Frage dein Team, was sie für Ideen haben. Was sie in dieser Krise machen würden. So gibst du ihnen Sicherheit, gehört zu werden – und sie können aktiv werden.
Triff Entscheidungen: Auch wenn es schwer ist, wenn man die Zukunft nicht genau kennt. Lass dich von der Ungewissheit nicht lähmen. Folge der Vision, die du mit deinem Team hast, und triff Entscheidungen, die euch dieser Vision näher bringen.
Annas persönliche Vision war mit 15, dass sie bald wieder Haare haben würde. Den Kopf in den Sand zu stecken war für sie keine Option. Und tatsächlich: Nach drei Jahren Ungewissheit und Behandlungen fingen ihre Haare wieder an zu wachsen. Ein wunderbares Geschenk.
Ich bin Anna dankbar, dass ich damals von ihr lernen durfte. Viele Jahre hat sie nicht darüber gesprochen, was sie in ihren Teenager-Jahren geprägt hat. Heute aber weiss sie: Diese Erfahrung ist ein wichtiger Teil von ihr. Sie hat durch sie eine unglaubliche Stärke gewonnen – die sie sonst nicht hätte. Die Stärke und tiefe Dankbarkeit sind auch bei mir geblieben und begleiten mich in wilden und unsicheren Zeiten wie heute.
Denn ich weiss aus Erfahrung:
„Inmitten des Chaos ist immer auch eine Chance.“
Wir alle können und müssen lernen, sie zu nutzen – für ein besseres Morgen.
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