Okay – ich gebe zu, ich hatte jede Menge Vorurteile, und weiss nicht mal, woher die kamen. Aber ich hatte doch eine leicht bis deutliche Abneigung gegen das hipp-schicke Inselvölkchen respektive die Touristen, die sich dort versammelten. Doch ich wurde eines Besseren belehrt.
Selbstredend gibt es angesagte Clubs, Restaurants, Bars, Shops – da kann man hin, muss aber nicht. Und dann gibt es ein Ibiza, welches ursprünglich erscheint, wo man mit dem offenen Geländewagen über Stock und Stein rattert und dabei Songs aus den 1980ern singt – so laut und so falsch wie nur möglich.
Weisse Kirchen zwischen sattgrünen Büschen mit knallvioletten Blümchen. Lebendig ist die Insel, ja – voller sattem Leben. Und das Wahrzeichen der Insel ist ein Felsbrocken, unweit der Küste. Es Vedra. Ein Mönch soll da gelebt haben – mit Ziegen. Ihr spürt schon – so richtig überzeugt war ich nach den ersten Stunden nicht. Aber das sollte sich doch nach und nach ändern.
Halten wir es mal mit dem Kleinen Prinzen, der uns ja auffordert mit dem Herzen gut zu sehen und nicht immer alles in Zahlen zu erklären, sondern damit, wie etwas riecht oder die Stimme eines Menschen klingt. Also, lasst es mich mal versuchen und euch die Insel nicht mit den Augen, unserem offenkundlichsten, klarsten Sinn, näherzubringen, sondern mit allen anderen Sinnen. Wir haben ja einige mehr.
Der Klang der Insel
Grillenzirpen, Mückensurren, Rattern von Traktoren, das „Plopp“ von Weinflaschen, das Klirren von Champagnerkelchen, das Klopfen von Regentropfen an der Fensterscheibe unseres Jeeps und Gelächter. Manche gluckernd, glucksend, gackernd, schallend oder ansteckend. Leises Stimmengewirr im Sonnenuntergang.
Der Duft der Insel
Steine, Kiesel, Staub, Asphalt, Sand, Erde, Regen, dazwischen Dieselabgase, dann wieder prächtiger Blumenduft und kräutergetränkte Olfaktorik, vornehmlich warmer Rosmarin und wilder Thymian und: Sonnencreme gemischt mit Kaffeeduft.
Wie schmeckt Ibiza?
Oh, goodness – auf jeden Fall nach leckerem gebratenem oder frittiertem Fisch, frischen, knackigen Salaten, Gemüse in allen Formen und Farben, herzhaft-fruchtigem Olivenöl, Zwiebelringen und Vetere-Roséwein auf Eis.
Wie fühlt sie sich an?
Wie wenn man Prickelbrause getrunken hätte oder in wohliger Gesellschaft innerlich schöner Menschen ein Glas Wein trinkt und sich nach den ersten Schlückchen erinnert, wie leicht, sanft und wohlig wogend das Leben eigentlich sein könnte. Die Kunst ist es, diesen Moment einzuatmen, ohne ihn festhalten zu wollen – als ob wir das auch könnten! Aber wir tun manchmal so, indem wir alles fotografieren oder immer wieder an denselben Ort fahren. Ach. Ich geniesse, fühle und geniesse noch mal, bevor es vorbei ist. Hmmmmm.
Oh – und noch etwas fällt mir ein, wenn ich die Augen schliesse, an Ibiza denke und daran, wie es sich anfühlte, dort zu sein: wie wenn man ganz lange im Schatten, in der Dunkelheit, im Nebel wandelte und nun ins wärmend-nährende Sonnenlicht treten darf. Wobei, Letzteres beschreibt wohl eher die Menschen, mit denen ich auf der mir zuvor so ungeliebten Baleareninsel weilte. Wer mit liebevollen Seelen dem Shoppingwahn im Caravana Land verfällt, darf sich wahrlich zu den glücklichsten und sorglosesten Menschleins dieses Planeten zählen.
Würde ich wieder hin?
Jupp. Wer kommt mit?
Meine „Places To Be & To Go“ auf Ibiza
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