Nach einem unglaublich ansteckenden und brillanten Vortrag einer bekannten Politologin gings an ein Podiumsgespräch. Unter ihrer Leitung sollte ich rund um das Thema „Bild der Frau in den Medien“ sprechen. Leider kam ich aufgrund des Gesprächsverlaufs weniger dazu davon zu berichten, wie es war, ohne Investor und ohne fremde Hilfe einen eigenen Verlag aufzubauen, Arbeitsplätze zu schaffen oder es als einziges Medium fertiggebracht zu haben, eine Plattform für Frauen anzubieten, die etwas bewegen wollen, oder wie ich als Kommunikationswissenschafterin das Frauenbild in den Medien wahrnehme. Es ging vielmehr um die Frage: Weshalb lichten Sie die Frauen so „lifestylig“ ab? – Würden Sie Männer auch so fotografieren? -Was ändern Sie denn mit Ihrem Titel, was tun Sie für die Frauen? Und in der offenen Fragerunde hiess es seitens des Publikums: „Das sieht ja nach einem Automagazin aus“, und ich dachte mir, „und selbst wenn, Zeit wird’s, dass wir uns für Themen interessieren, die bislang eher von Männern dominiert waren.“ Oder: „Ich finde so ein Magazin mühsam, wir haben doch andere Probleme.“ Hm. Ja, stimmt. Die Beschneidung von Mädchen zum Beispiel. Leihmutterschaft in Weissrussland. Die Euro- oder Bankenkrise. Absolut. Doch der Reihe nach.
Nur wenige Minuten zuvor hatte ich darüber gesprochen, dass wir mit unserer Arbeit ein wohlwollendes Ambiente für Frauen kreieren möchten und dass wir bezüglich Solidarität noch etwas lernen könnten, denn häufig sehen sich Frauen nicht als Baustein des Erfolgs einer anderen Frau – im Gegensatz zu Männern, die wohlüberlegt und strategisch Allianzen bilden.
Und dann also dieser Schlag ins Gesicht. Ich stehe da und denke mir: Werde ich nun emotional, weil ich das, was ich tue, liebe und mein Herz dafür gegeben habe und es noch immer gebe? Soll ich es ignorieren? Soll ich die anwesende Runde mit dem Thema Wohlwollen und Solidarität unter Frauen konfrontieren? – Ich schwieg. Denn ich hatte einmal mehr bis um zwei Uhr in der Früh gearbeitet und war mit vier Stunden Schlaf und zugegebenermassen nicht ganz hellem Verstand an den Event gereist, obwohl ich am gleichen Tag noch in die Ferien fahren wollte, den Veranstalter jedoch nach meiner Zusage nicht enttäuschen wollte. Einen kurzen Moment lang tat ich mir Leid im Sinne von: Das hast du nun davon, hättest du mal ausgeschlafen. Doch dann regte sich der Widerstand in mir. Genau deshalb tue ich es und ist es wichtig, dass es Titel wie Ladies Drive oder Girls Drive gibt, die unabhängig sind – und welche anecken. Aufregen. Anregen. Nur so verändern wir etwas. Ein nettes angepasstes Medienprodukt wird nie etwas verändern können. Es zeigte mir einmal mehr, wie tief der „Bias“ in uns allen steckt und wie hartnäckig er sich hält: Was sollen Frauen leisten? Und was Männer? Welche Rollen sollen wir ausfüllen und für welche Themen sollen wir uns interessieren, für welche nicht? Was ist denn typisch weiblich und männlich? – Ladies Drive sieht sich als sinnliches Wirtschaftsmagazin. Wieso auch nicht? – Sollen wir Frauen hinter weissen Blusen und schwarzen Blazern verstecken? Sollen Frauen, je höher sie in der Hierarchie steigen, ihre Weiblichkeit ablegen müssen, übrigens ganz im Gegensatz zu Männern? Wieso darf ich eine CEO eines Unternehmens nicht als schöne, feminine Lady zeigen? Dürfen erfolgreiche Frauen denn nicht attraktiv sein? Und sinnlich gezeigt werden? Unsere Bilder stammen übrigens zu einem hohen Prozentsatz von unseren Interviewpartnerinnen selbst – weil wir möchten, dass sie sich so präsentieren können, wie sie sich mögen.
Deshalb mein Aufruf an Sie: Lasst uns das doch ganz positiv angehen! Ich lege auf unserem Blog www.ladiesdrive.tv eine Liste mit Frauen an, die etwas bewegt haben, die bereit sind, andere Frauen zu unterstützen, und mit Frauen und Männern, die sich gegenseitig etwas Gutes tun. Ergänzt diese Liste doch nach Belieben mit Namen von Menschen, die euch positiv begegnet sind. Man spricht einfach viel zu wenig über jene, die dies im Stillen tun.
WOMEN WHO DO SUPPORT OTHER WOMEN! Und nun viel Musse bei der Lektüre von Ladies Drive No. 23 – mögen die Geschichten euch inspirieren, ermutigen und die Bilder neidlos euer Auge erfreuen …
Herzlichst,
Sandra-Stella Triebl