Frederike Asael
Co-Founder und Managing Partner Impact Hub Bern, freischaffende Fotografin
bern.impacthub.net
asael.ch
Optimieren aus Freude
Zu Selbstoptimierung habe ich ein ambivalentes Verhältnis. Sie ist klar Teil meines Lebens und hilft mir im Alltag. Ich sehe dabei aber auch Grenzen und Gefahren. Wichtig für mich sind das „Warum“ und das „Wie“. Mein persönlicher Antrieb ist es, meinen positiven Impact auf die Gesellschaft zu maximieren und dabei möglichst viele mitzunehmen. Wir sind doch alle noch viel mehr, als was wir jetzt sehen, wenn wir in den Spiegel schauen – es steckt so viel Potenzial in uns. Und dieses Potenzial brauchen wir auch! Denn wenn wir eine intakte Welt für unsere Enkelkinder wollen, dann müssen wir umdenken, die Ärmel hochkrempeln und jede Menge tun. Viel in meinem Leben ist auf dieses Ziel ausgerichtet. Das ist für mich keine Belastung, sondern gibt mir eine Menge Antrieb und bringt viel Freude und Aufregendes in mein Leben.
Um meine Vision umzusetzen, bin ich ständig daran, mich und meine Umgebung zu optimieren – Leistungsfähigkeit, Skills oder mentale Gesundheit. Dabei laufe ich Gefahr, eine Art Tunnelblick zu bekommen, bei dem ich mich selbst, meine Umgebung und meine Mitmenschen nicht mehr als das sehe, was sie sind, sondern als das, was sie sein könnten.
Ich frage mich: Ist ein optimiertes Leben nicht ein Synonym für ein braves Leben? Wie viele meiner Optimierungsbestrebungen haben ihre Wurzeln in meiner frühkindlichen Prägung „Arbeite hart und sei fleissig“? Die Welt ist so viel mehr als Arbeit: Sie ist bunt, kreativ, und komplex. Selbstoptimierung birgt die Gefahr, diese Vielschichtigkeit und Tiefe in mir stummzuschalten, das will ich nicht.
Können wir uns kreativ-konstruktiv optimieren?
Da schau ich gern noch mal auf das „Warum“ und das „Wie“. Will ich mich weiterentwickeln, um innerlich zu wachsen und um mein Skillset zu erweitern? Und mache ich das mit Freude? Oder glaube ich, nicht gut genug zu sein, und bin darum nie mit mir zufrieden? Ich kenne beides gut. Heutzutage erkenne ich das Zweitere jedoch viel rascher als früher. Dann schliesse ich die Augen und lasse Dankbarkeit in mich einströmen. Ich bin gut, wie ich bin. Oder aber ich greife zum Telefon und rufe meine Freundin an. Meist lachen wir eine Minute später über dieses altbekannte Gefühl der Unzulänglichkeit, und alles wird leichter. Ausserdem hilft mir die Methode Mindful Self-Compassion enorm. Wir mögen Meister:innen in Empathie für andere sein, aber nicht für uns selbst. Wohlwollend mit mir selbst zu sein ist eine Superkraft, die mich zusätzlich erdet.
Toxisch finde ich, wenn Selbstoptimierung mit dem Wunsch nach Perfektion gleichgesetzt wird. Perfektion ist eine Illusion! Ich habe Mitgefühl mit Menschen, die viel Zeit und Kraft dafür aufwenden, sich perfekt zu zeigen. Wie oft habe ich mit Frauen gesprochen, die in meiner Wahrnehmung wahnsinnig erfolgreich und schön sind, und dabei gemerkt, dass sie sich selbst gar nicht so wahrnehmen. Liebe Frauen, wir sind und können so viel mehr als das, was von aussen sichtbar ist.
Ich spüre oft in mich hinein. Wenn ich das Gefühl habe, den Bezug zu mir zu verlieren oder nicht mehr echt zu sein, ziehe ich mich zurück und erde mich. Ich ziehe die Grenze dort, wo es sich nicht gut anfühlt.
Es ist eines unserer Grundbedürfnisse, gesehen zu werden. Für mich ist die springende Frage dahinter: Aus welchem Motiv heraus möchte ich gesehen werden? Geht es um mein Image, oder geht es um die Sache, die ich vertrete, für die ich einstehe? Da ergibt sich ein natürliches Spannungsverhältnis. Ich versuche es zu entschärfen, indem ich sehr offen mit meinen Ängsten und Unzulänglichkeiten umgehe. Wenn ich über solche Themen aktiv spreche, nehme ich mir selbst den Druck. Und helfe damit – oft unbewusst – anderen. Geht es dir auch so?
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