Im zweiten Betriebsjahr erreichte man bereits den Break-even. Und das, obwohl sie – wie sie selbst sagt – anfangs keine Ahnung von der Thermalbad-Branche hatte. Wie sie das geschafft hat und weshalb Achtsamkeit und Glaubwürdigkeit so wichtige Werte sind.
Ladies Drive: Erzählst du uns, wie du in diesen Chefsessel gekommen bist?
Nina Suma: Es war eine Stelle ausgeschrieben als CEO von insgesamt drei Thermalbädern. Ich war damals noch bei RailAway, der Tochterfirma der SBB, und hatte sechs Monate Kündigungsfrist. Ich kam zwar in die engere Auswahl – aber man konnte nicht so lange auf mich warten. Weil man mich nicht von der Angel lassen wollte, hat man mir die Geschäftsführung für die Therme in Baden angeboten, die damals am Anfang der Bauphase stand. Ich hab mich da also selbst ins kalte Wasser geschubst (lacht).
Weshalb kaltes Wasser …?
Nun. Ich hatte keine Ahnung – weder von einem Thermalbad noch von dem Aufbau eines Betriebs dieser Dimension oder gar von Architektur.
Aber man hat es dir zugetraut, offensichtlich.
Offensichtlich, ja.
Und du dir nicht?
Doch. Ich bin nicht jemand, der zweifelt. Ich denke einfach, okay, hab ich noch nie gemacht, aber wird schon gut kommen. Das ist so ein bisschen meine Denke. Ich hab noch nie Schiffbruch erlitten, und das gibt mir wahrscheinlich den Mut. Damals stand das Bad ja noch gar nicht. Und ich habe das erste Mal im Leben einen Architekturplan in der Hand gehabt und bis dahin nicht einmal gewusst, wie auf dem Plan fest verbaute Mauern oder Glaswände ausschauen. Das war spannend und enorm lehrreich.
Wo oder wie hast du dir Hilfe geholt?
Ich habe nie jemandem etwas vorgemacht, sondern war ehrlich und habe zu erkennen gegeben, wenn mir etwas unklar war. Ich habe die Menschen auf der Baustelle oft auch Dinge gefragt, eine Zweitmeinung eingeholt und Rücksprache mit Experten auf bestimmten Gebieten, z. B. Facility Management, genommen. Die Zusammenarbeit war immer sehr angenehm, obwohl man meinen könnte, die Baubranche sei rau – es war ein offenes und wohlwollendes Miteinander, auch mit der Projektleitung von Stararchitekt Mario Botta.
Du sagst es – Mario Botta hat die Therme FORTYSEVEN architektonisch entworfen. Das hat die Sache ja vermutlich nicht gerade leichter gemacht, oder?
Es ist klar, je erfolgreicher ein Architekt ist, desto klarer seine Visionen, wie etwas sein muss. Aber es gab auch Dinge, welche geplant waren, wo ich mich mit einer anderen Meinung eingebracht habe.
Zum Beispiel?
Als ich gesehen hab, dass die Räumlichkeiten des Spas, also der Behandlungsräume, komplett weiss sein sollten. Ich wusste, rein von unserer geplanten Positionierung her passt das nicht zu einem Ort der Ruhe, der Entspannung, wo man runterfahren sollte und eine gewisse „Wärme“ verspüren soll. Ich spürte, dass dies ein heikles Thema war und man nicht so den Mut hatte, dies anzusprechen. Mir war es persönlich jedoch sehr wichtig, dass die Wände in einem Erdton gehalten wurden, und so habe ich dies klar zum Ausdruck gebracht.
Wie hat der Stararchitekt darauf reagiert?
Ich hatte mit der Projektleiterin von ihm Kontakt. Dazumal haben wohl alle in der Sitzung erst mal leer geschluckt, weil sie wussten, dass es ein heikles Thema ist, aber ich hätte wohl zu einem späteren Zeitpunkt, wenn wir keinen Konsens gefunden hätten, die Wände nochmals streichen lassen (lacht).
Und du hast dich durchgesetzt.
Ja, aber das sind Kleinigkeiten. Ich glaube, bei ganz, ganz wichtigen, grossen Sachen, die ihm wirklich am Herzen gelegen sind, hättest du wahrscheinlich nicht diskutieren müssen. Die Garderobenschränke sollten komplett in Schwarz gehalten werden. Ich konnte mir das bei einem niesligen, düsteren Novembertag nicht vorstellen, in eine schwarze Garderobe reinzukommen. Dort haben wir dann ebenfalls einen guten Kompromiss gefunden. Das Innenleben der Schränke ist schwarz, und das Aussenleben ist leicht beige.
Eröffnet wurde die Wellness-Therme FORTYSEVEN 2021 – nicht gerade ein leichtes Jahr. Und das mit 65 Festangestellten. Und doch habt ihr aktuell über 300.000 Besucherinnen und Besucher jedes Jahr. Das heisst, du bist auf Kurs mit dem Betrieb?
Absolut, ja. Ich bin wirklich sehr glücklich darüber, weil die Eröffnung während der Coronaphase war. Unser erstes Betriebsjahr war nicht wirklich einfach. Und dass man dann im zweiten Betriebsjahr bereits den Break-even erreicht, da bin ich ziemlich stolz, auch auf das Team. Geschafft haben wir das dank einer stringenten Strategie, an der wir festgehalten haben, auch wenn die Umstände nicht immer einfach waren. Die Positionierung ist das A und O. Und ich sage immer, wer sich nicht selbst positioniert, der wird irgendwann irgendwie positioniert, und man gibt das Heft quasi aus der Hand. Mir war wichtig, dass beispielsweise auch das Gastronomie-Angebot stimmig ist, dass wir einen Shop mit Wellnessartikeln haben und die Qualität der Spa-Behandlungen top ist. Wir positionieren uns klar als Wellness-Therme, wo Ruhe, mentale Erholung und Achtsamkeit grossgeschrieben werden.
Wie grenzt ihr euch gegenüber anderen, sehr bekannten Thermalbädern in der Region ab?
Einerseits in der gesamten Vermarktung, das heisst im Auftritt. Unser Logo trägt die Farbe Grün, und wir arbeiten nicht mit Blau, wie dies sehr viele Bäder tun. Wir nennen uns auch bewusst nicht Thermalbad, sondern Wellness-Therme. Wir richten uns klar an ein Publikum, welches mitten im Erwerbsleben steht und ab und zu bewusst eine Auszeit zur mentalen Entspannung sucht. Auch kreieren wir eigene Angebote, die es bislang nicht gab, wie zum Beispiel den „Laternenzauber“ im Herbst/Winter oder wie den Blütenzauber im Frühling.
Wo holst du dir die Ideen im Marketing?
Ich lasse mich gern branchenübergreifend inspirieren. In Olten gibt es beispielsweise einen Literaturweg, wo man an verschiedenen Stationen über das Scannen von QR-Codes auf Inhalte geleitet wird. Die Idee haben wir dann für unseren digitalen Achtsamkeits-Coach verwendet. Aber genauso wichtig wie eine gute Produktidee ist mir das Thema Glaubwürdigkeit. Wir haben uns für die Umsetzung dieses digitalen Achtsamkeits-Coachs externe Unterstützung geholt und mit Profis zu diesem Thema zusammengearbeitet, dem Verband MBSR Schweiz „MindfulnessSwiss“.
Was ist deine Vision? Wie soll sich die noch relativ junge Therme denn weiterentwickeln?
Wichtig ist sicher, dass man an den vielen einzelnen Prozessen noch feilt, die Qualität top ist. Aber auch, dass es uns gelingt, diese Marke so auf dem Markt zu etablieren, dass man gerne ein Stück „FORTYSEVEN“ mit nach Hause nimmt. Da sind nebst bestehenden Produkten, die es bereits in unserem Shop zu kaufen gibt, noch viele weitere in Zusammenhang mit Wellness und Baden geplant.
Und wie möchtest du dich als Leaderin und in deinem Job weiterentwickeln?
Mir persönlich ist wichtig, dass ich Menschen um mich herum befähigen kann und sie fordern und damit fördern kann. Ich verstehe mich weniger als Vorgesetzte und mehr als Coach. Ich freue mich, wenn ich sehe, dass Mitarbeitende sich ebenfalls an neue Aufgaben wagen und an diesen wachsen. Es ist und war mir stets wichtig, Erfahrungen weitergeben zu können. So gesehen bin auch ich immer wieder auf der Suche nach neuen Herausforderungen und habe deshalb entschieden, die Wellness-Therme FORTYSEVEN nach viereinhalb Jahren diesen Sommer zu verlassen, um mich neuen Projekten widmen zu können.
Bist du eine Superwoman?
Definitiv nicht. Ich bin überhaupt nicht Superwoman. Ich glaube auch, dass das im Gesamten nicht möglich ist. Irgendetwas kommt immer zu kurz.
Es hat alles seinen Preis im Leben – auch die Karriere.
Absolut. Ich gebe es offen und ehrlich zu, ich könnte wahrscheinlich meine Eltern auch ein bisschen mehr sehen, als ich es heute mache, mit all den vielen Verpflichtungen. Oder wenn ich anderen auf Instagram zuschaue, was die für wunderbare Kuchen backen an einem Sonntag. Da denke ich mir, wie hat die das gemacht? Und wann macht die das? Wenn man sich immer wieder mit anderen vergleicht, findet man immer etwas, was andere besser machen. Ich habe nicht den Anspruch, alles zu können, weil ich überzeugt bin, das ist nicht möglich. Also strebe ich es gar nicht erst an. Ich versuche einfach, die beste Version von mir zu sein. Das muss reichen. Ich reflektiere mich auch sehr häufig. Das heisst, es gibt Momente, in denen ich vielleicht nicht gut reagiere, voreilig bin, der Tonfall vielleicht mal nicht ganz so passend ist. Das versuche ich im Nachhinein auch noch einmal zu reflektieren und zu überlegen, wieso habe ich jetzt so reagiert? Was hat mich in dem Moment getriggert? Wieso hat mich das so verletzt oder auf die Palme gebracht?
Das ist ja auch Teil des Mindful Leaderships.
Absolut. Weisst du, ich bin ja auch nicht 24/7 top motiviert. Es gibt durchaus Dinge, die mich demotivieren oder die ich total daneben finde. Aber es bringt nichts, wenn ich dann in diesem Gemütszustand verharre – es macht den Tag nicht besser. Manchmal startet ein Tag ja schon nicht besonders gut, und im Verlauf des Tages kommt dann noch das eine oder andere Ärgerliche dazu. Dann denke ich mir manchmal: Wer hat noch nicht, wer will noch? Und dann kann ich auch drüber lachen. Es ist wie Ebbe und Flut – gute und weniger gute Momente wechseln sich ab, und dies ist völlig normal. Wir alle sind Teil der Natur, und die bewegt sich und damit auch uns. Du kannst manches nicht ändern, aber wie du darauf reagierst, das kannst du immer versuchen zu beeinflussen.