„Das kreative Talent habe ich von meiner Grossmutter geerbt“, erklärt Diana Gräfin Bernadotte und lächelt dabei wissend. Und das war nicht irgendeine Oma, sondern immerhin die Grossfürstin Marija Pawlowna Romanowa, eine Enkelin des Zaren Alexander II. Marija war zeitlebens eine Künstlerin, die als Stoffdesignerin, Modeberaterin, Fotografin und Schriftstellerin die ganze Welt bereiste und sogar zusammen mit Coco Chanel das eine oder andere Gewand entwarf. Es ist also kein Wunder, dass ihre kunstaffinen Gene familienintern weitergegeben wurden.
Eigentlich wollte Gräfin Diana die Hotelfachschule absolvieren. Das hätte ihr Spass gemacht und wunderbar in den Familienbetrieb auf der Bodenseeinsel Mainau gepasst. Denn die weit herum bekannte Blumeninsel Mainau ist nicht nur das Vermächtnis ihrer Eltern, Lennart graf Bernadotte und Sonja Gräfin Bernadotte, sondern auch ein Unternehmen, das nicht nur über überwältigende Gartenanlagen verfügt, sondern auch ein boomender Tourismus-, Gastronomie- und Eventbetrieb ist, der pro Jahr durchschnittlich 1,2 Mio. Besucher empfängt. Klar, dass hier neben den 150 permanenten Mitarbeitern auch die ganze Familie mit anpacken muss. Das hat Gräfin Diana natürlich stets getan und tut es auch heute noch, aber entschieden hat sie sich schlussendlich trotzdem für eine Ausbildung als Modistin.
Bereits im Internat hatte sich ihr Hang zu Kunst und Mode abgezeichnet. Diana war immer dabei, wenn es darum ging, Theater zu spielen oder in einer Kunst-AG mitzuwirken. Der entscheidende Impuls kam, als sie gemeinsam mit ihrer Mutter eine Hutmesse besuchte, die den Titel „Mut zum Hut“ trug. Sie sah die eleganten und zuweilen verrückten Kopfbedeckungen, welche die Damen stolz vorführten, und da war ihr plötzlich klar, dass sie Hutmacherin werden wollte. Dieser Beruf verbindet alles, was ihr wichtig ist: Kreativität, Handwerk, Nähe zu den Kunden und immer wieder Blumen.
Heute betreibt Diana Gräfin Bernadotte ihr eigenes Hutatelier inklusive Laden im Schloss auf der insel Mainau und berät dort täglich persönlich ihre Kunden. „Leider ist der Hut etwas aus der Mode gekommen. Die Menschen verbinden den Hut in der heutigen Zeit generell mit Freizeit“, erklärt sie. Und weil Freizeit immer knapper werde, bleibe der Hut auch gerne mal auf der strecke. Nichtsdestoweniger sind ihre Hüte gefragt, werden von Damen auf der ganzen Welt getragen und schmücken auch schon mal gekrönte Häupter. Jeder einzelne Hut, den Gräfin Bernadotte entwirft, eigenhändig herstellt und verkauft, ist natürlich ein Unikat. Und so gehen Kundinnen, die sich für einen Hut entschieden haben, mit dem positiven Gefühl aus dem Laden, etwas gekauft zu haben, das mehr ist als eine Handtasche oder ein Paar Schuhe. Ein Hut ist ein Lebensgefühl. Wer ihn trägt, erregt Aufmerksamkeit. Ob ein schlichter Sommerhut oder ein opulent dekorierter für eine besondere Gelegenheit, der Hut ist immer Ausdruck von Lebenslust und oftmals auch von köstlicher Grandezza.
Die Inspiration für ihre Kreationen holt sich Gräfin Diana bei Spaziergängen durch die Gärten der Insel Mainau, aber oft entstehen die Ideen ganz einfach während der Arbeit an einem Hut. Wenn es mal Tage gibt, an denen sie die Muse nicht küssen will, dann geht sie in die Schlosskirche, um die Stille zu geniessen und auch ein bisschen, um ihren verstorbenen Eltern nahe zu sein, die beide in der Kirche beigesetzt sind. Sie versuche dann in Gedanken mit ihnen zu kommunizieren, erklärt Gräfin Diana mit einem Lachen: „Die geben natürlich keine Antwort, aber man kann sich vorstellen, was sie einem antworten würden.“ Diese seltenen Momente der Kontemplation haben schon so manche entzückende Hutkreation hervorgebracht.
Auf die Frage, ob ihr der Name Bernadotte bei ihrer Karriere weitergeholfen habe, antwortet Gräfin Diana: „Er hat mir sicher manche Tür geöffnet, aber ich musste immer selbst die Kraft finden, auch durch die Tür zu gehen. Meine Eltern haben mir beigebracht, dass es nicht reicht, einen namen zu haben, man muss ihn auch ausfüllen können.“ Das ist nicht immer ganz leicht, denn an grosse Namen werden stets auch grosse erwartungen gestellt, und um diese zu erfüllen, bedarf es Disziplin, Feinfühligkeit und Ausdauer. Das kann eine Belastung sein, aber Diana hat diese Last nie als negativ empfunden, sondern sie hat ihr als Motivation gedient, das Beste aus sich selbst herauszuholen.
Ihr Erfolgsverständnis ist überraschend ehrlich und wird heute nur selten in diesem Zusammenhang ausgesprochen: „Ich will glücklich sein.“ Das ist sie, wenn es ihren Kindern gut geht, die Besucher die Parks auf der Mainau geniessen, ihre Kundinnen zufrieden sind oder einfach nur, wenn AC/DC im Radio läuft. Selbstverständlich weiss sie, dass ihr Geschäft profitabel sein muss, aber auch hier will sie ihrer Linie treu bleiben und nur die Hüte herstellen und verkaufen, hinter denen sie voll und ganz stehen kann. Geschäftlicher Erfolg ist ihr wichtig, aber eben nicht um jeden Preis.
Authentizität und integrität waren schon immer Trumpf im Schloss auf der Mainau. Und auch wenn sie dort aufgewachsen ist und noch immer viel Zeit dort verbringt, so wohnt Gräfin Diana heute mit ihren zwei Kindern in einer Stadtwohnung in Konstanz. Herzeigen wollte sie ihre Räumlichkeiten nicht, aber mit Schalk in den Augen erklärt sie: „Ja, wir haben auch einen Kronleuchter. Den farbigen mit den bunten Steinen von IKEA, und der hängt im Zimmer meiner Tochter.“ Ausserdem sammelt sie antike Schneekugeln und umgibt sich gerne mit Dingen, die für sie einen emotionalen Wert darstellen. Es gibt deshalb viele Familienfotos, aber auch ein Kuhfell anstelle eines Teppichs im Wohnzimmer und ein Weinregal in Form einer englischen Telefonzelle. „nicht in originalgrösse!“, betont sie und lacht. Ihr Erfolg und die Quelle ihrer Kreativität mögen auch in der ansteckenden Fröhlichkeit liegen, die Diana Gräfin Bernadotte überall verbreitet. Nicht umsonst hat ihr Vater Diana diese weisen Worte mit auf den Weg gegeben, an die sie sich eisern hält: „Du kannst alles im Leben verlieren, Kind, aber verliere nie deinen humor!“
LANDHAUS DIVA
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