Glücklich und Erfolgreich im Topmanagement – mit Frauenquote Statt Quotenfrauen

Text: Christina Kuenzle
Fotos: Günter Bolzern

Natürlich wollen wir eine hohe Frauenquote im Topmanagement von Industrie und Politik! Strahlende, erfolgreiche, kreative und mutige Frauen, welche die Geschicke der Wirtschaft achtsam und fürsorglich leiten, keine überforderten, gestressten und verhärmten Quotenfrauen, die geächtet und geduldet von ihren männlichen Kollegen verlacht werden. Doch was braucht es, um ins Topmanagement zu kommen – und was braucht es mehr, um da auch nachhaltig bestehen zu können?

Glauben wir den Hinweisen aus modernen, an Frauen gerichteten Management-Ratgebern, dann ist das zu schaffen mit Authentizität, Mut, Selbstbewusstsein und Weiblichkeit. „Take a seat at the table!“, meint Sheryl Sandberg, die COO von Facebook, und fordert Frauen auf, ganz selbstverständlich und aktiv im Management mitzuwirken statt vornehm zurückzustehen. Doch um im Topma- nagement wirkungsvoll zu agieren und sich Akzeptanz und Erfolge zu verschaffen, braucht es mehr.

Sechs Kompetenzfelder sind für das Topmanagement unabdingbar: drei für den erfolgreichen Einstieg als fachlich und menschlich versierte Fachkraft, weitere zwei als Aufbau für wirkungsvolle und akzeptierte Führungskräfte und eine für Topmanagerinnen, die nachhaltig Stärke und Grösse ihrer Unternehmen oder Verantwortungsbereiche schaffen. Die Basis dazu ist ein

1. AUSGEGLICHENES SELBSTMANAGEMENT
Nur wer sich selbst im Griff hat, kann auch wirkungsvoll managen. Salopp zusammengefasst heisst ein gutes Selbstmanagement: gesund und glücklich sein. In erster Linie gehören dazu, Grenzen zu setzen und „nein“ sagen zu können. Schon das ist für viele schwierig, denn es bedeutet, dass frau zeitweise damit leben muss, nicht populär und geliebt zu sein, und dass frau auch funktioniert, wenn sie weder Anerkennung noch Zustimmung erhält. Gutes Selbstmanagement heisst auch, Disziplin zu halten, langfristige Ziele konsequent zu verfolgen und auch dranzubleiben, wenn Widerstände überhand- nehmen. Dabei ist es zentral, Dankbarkeit zu empfinden für das, was man hat, und zufrieden zu sein mit dem, was möglich ist.

2. AUSBILDUNG, KENNTNISSE UND ERFAHRUNG
Ohne überdurchschnittliche Fachkenntnisse, hohe Motivation für die Sache und hohen Einsatz wird keiner ins Management befördert. Frauen schon gar nicht, denn sie fallen als Minderheit mehr auf und stehen deshalb stärker im Rampenlicht als Männer. Was wir uns im Universitätsstudium oder in der Zweit- und Drittausbildung aneignen, ist das Eintrittsticket für eine gute Stelle. Mehr ist es nicht. Das finden wir schon bald heraus, wenn wir trotz überdurchschnittlicher Kompetenz einfach nicht mehr weiterkommen, denn IQ (der klassische Intelligenzquotient) zeichnet nur für 15 % des Karriereerfolgs. Doch ohne ausgesprochene Expertise geht es auch nicht, denn weitaus der grösste Teil der obersten Führungskräfte verfügt über Hochschulabschlüsse und hat sich am Anfang seiner Karriere durch Topleistung ausgezeichnet.

3. KARRIEREFAKTOR SOZIALKOMPETENZ UND EMOTIONALE INTELLIGENZ

Nur wer mit andern Menschen gut auskommt, von diesen geschätzt und akzeptiert wird, hat langfristig Chancen auf eine nachhaltige Karriere. Doch das Gemeine ist: Während „Nettsein“ und „Kompetenz“ bei Männern positiv korreliert, beeinflusst Nettsein den Erfolg von Frauen gemäss einer amerikanischen Studie negativ. D.h. Erfolgreiche Frauen sind nicht nett und nette Frauen sind nicht erfolgreich. Wer aber glaubt, dass Sozialkompetenz gleichzustellen ist mit Nettsein, der täuscht sich, denn die emotionale Intelligenz geht viel weiter: Empathie ist die Fähigkeit, schnell und genau festzustellen, was in einem andern Menschen vorgeht. Ohne Empathie können wir auch nicht adäquat auf andere reagieren. Sozialkompetenz beweist sich erst so richtig in Konflikten, denn dann zeigt sich, ob wir Beziehungen stärken oder abbauen. Ob wir zu uns und anderen gleichermassen Sorge tragen und eine faire Lösung unter Berück- sichtigung aller Interessen und Bedürfnisse finden. Zu einer guten Sozialkompetenz gehören somit auch Zivilcourage, Respekt, Sensibilität, Offenheit, ein positives Menschenbild und eine hohe Integrationsfähigkeit.
Wenn diese drei Kompetenzfelder überdurchschnittlich erfüllt sind, haben wir es mit Topprofessionals zu tun: Mit Frauen, die erstklassige Beiträge leisten in Unternehmen oder als Selbständige, wie z.B. Medizinerinnen, Treuhänderinnen, Architektinnen oder Rechtsan- wältinnen konstant hohe Leistungen erbringen und Spass haben an ihrer Arbeit. Bis zu diesem „Basislager“ haben es bereits viele Frauen geschafft, die nun auch bereit wären, die nächste Stufe als Führungskraft zu erklimmen. Doch was eine Expertin erfolgreich macht, garantiert nicht zwangsläufig den Erfolg auf der nächsten Stufe, denn da liegt ein Paradigmenwechsel dazwischen: Fachkräfte brillieren mit ausgezeichneten Leistungen und Resultaten; Führungs- kräfte damit, dass sie Menschen befähigen, ausgezeichnete Leistungen zu bringen. Damit werden die nächsten zwei Kompetenzgruppen wirksam:

4. OPERATIVES MANAGEMENT
Wer erfolgreich ist, erhält über kurz oder lang grössere, umfassendere Aufgaben. Damit werden Fähigkeiten wie planen, organisieren, strukturieren und priorisieren wichtig. Es gilt nun den Überblick zu wahren, vernetzt zu denken und zu handeln, komplexe Sachverhalte zu ordnen und das Richtige zum richtigen Zeitpunkt zu tun. Aufträge werden nicht ausgeführt, sondern geplant, strukturiert und organisiert. Vorgaben, Budgetlimiten und Termine müssen zuverlässig eingehal- ten werden; das Machbare und Mögliche ist, wo nötig, den elegan- testen und besten Lösungen vorzuziehen. Kurzum: Managerinnen übernehmen die Verantwortung für Nutzen und Resultate, und nicht für die eigene Leistungserstellung, denn im Management zählen nur Nutzen und Resultate. Wie Managerinnen diese erreichen ist ihre Sache, die Gestaltung der Prozesse ebenso.

5. LEADERSHIP (MENSCHENFÜHRUNG)
Wenn die Projekte zu gross werden, dann brauchen wir ein Team. In der Menschenführung zeigt sich, wer nicht nur anerkannt und beliebt ist, sondern auch überzeugt. Führung heisst, andere dazu bringen, sich für „fremde“ Interessen und Ziele einzusetzen: als Teil eines Teams gemeinsam mit anderen Projekte zu bearbeiten und zu einem guten Ende zu bringen, die sie selber nicht initiiert oder gewünscht haben. Das bedingt auch, dass jede das Gruppeninteresse über das Einzelinteresse setzt. Menschen, die andere dafür gewinnen können, dies bereitwillig zu tun, sind erfolgreich als Führungskraft. Motivation, Drive, Glaubwürdigkeit, Begeisterungsfähigkeit, Charisma, natürliche Autorität, und nicht zuletzt: Menschen gerne haben und echt an ihnen interessiert sein sind wichtige Kompetenzen für Führungskräfte. Dass es auf dieser Ebene nicht immer ohne Konflikte abgeht, ist
selbstverständlich. Führungsfrauen müssen fordern und fördern, sich durchsetzen und konsequent sein können.
Managerinnen sind für die Umsetzung von Zielen und Visionen verantwortlich. Die Leichtigkeit, mit der sie dies tun, zeigt ihre Führungskompetenz. Nicht nur die Ziele selber und deren Erreichung zählen, sondern auch die Eleganz und Akzeptanz der Prozesse. Geht es nun noch einen Schritt weiter ins Topmanagement, dann wird von ihnen gefordert, dass sie Visionen generieren, selber Ziele entwickeln und vorgeben und wissen, was sie verändern wollen und müssen, um die Zukunft erfolgreich zu gestalten und Desaster zu vermeiden. Erst der rückblickend erfolgreiche Wandel macht die Fähigkeiten der Topmanagerin sichtbar. Die Entscheide dazu muss sie aber voraus- blickend treffen. Damit kommen wir zum sechsten Kompetenz- bereich:

6. VISIONEN SETZEN UND STRATEGIEN FINDEN
Wenn keiner mehr sagt, was zu tun ist, zeigt sich die wahre Leaderin! Wieder ein neues Paradigma, in welchem einmal mehr die bisherigen Erfolgsfaktoren obsolet und neue wirksam werden. Auf der obersten Ebene werden Intuition, Werte, Charakterstärke, Authentizität, Ideen, Mut und Kreativität erst richtig relevant. Wer in andern Begeisterung wecken kann, wer als Rollenmodell attraktiv ist, wer tragfähige Ideen entwickeln und die Sehnsucht hervorrufen kann, wer ein untrügliches Gespür für das Machbare und Zukunftsweisende hat, wird auf dieser, der obersten Ebene erfolgreich sein. Hier sagt keiner mehr, was zu tun ist, aber alle richten sich nach der Leaderin und erwarten von ihr, dass sie Zuversicht und Stärke zeigt, dass sie weiss, was zu tun ist, und den Weg weist für die Umsetzung.
Robert Quinn hat diese Paradigmenwechsel in seinem Buch „Deep Change“ sehr gut beschrieben. Es geht nicht darum, dass jede Frau ins Topmanagement kommt, sondern vielmehr zählt, dass jede Frau merkt, auf welcher Stufe, ob als Professional, als Managerin oder als Leaderin, sie am richtigen Ort ist, um ihr grösstes Potenzial zu leben und damit den grössten Beitrag an die Gesellschaft und das Unternehmen zu leisten. Es gibt genauso viele Frauen, die Leaderin- nen sind, wie es Männer gibt, die Leader sind. Wenn diese Frauen bewusst und konsequent an den sechs relevanten Kompetenzfeldern arbeiten, dann haben sie auch eine Chance, als solche wahrgenommen zu werden und den ihnen zustehenden Platz zu erreichen und zu halten. «

 

 

* Christina Kuenzle ist Unternehmerin und betreibt mit ihrer Firma Choice Ltd. seit Jahren erfolgreiches Business & Executive Coaching. Als Gastautorin von Ladies Drive wird sie etwas von ihrem reichen Wissen in den nächsten vier Ausgaben an uns preisgeben.
www.choice-ltd.com

 

Veröffentlicht am Juli 05, 2011

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