Irgendwie scheinen wir Vorurteile zu haben, was womöglich am deutschen Ausdruck „jemanden in die Wüste schicken“ liegt. Im Englischen spricht man in diesem Kontext von einem „kiss-off“ geben, nicht von „desert“, einer Wüste.

Aber ich freu mich wie ein Honigkuchenpferd darauf – auch so eine schöne deutsche Wortkreation. Mein Herz ist gefüllt mit hüpfender, genüsslich-aufregender Vorfreude. Weshalb, weiss ich gar nicht so recht. Aber das innere Bild von Dünen, so weit das Auge reicht, hat eine magische Anziehungskraft auf mich. Auch das Atmen des Meeres vermag, mich zu faszinieren, und wiegt mich regelmässig in eine lukullische Honigkuchenpferd-Wolke voller Zen-Ruhe. Aber die Wüste zieht mich auf besondere Weise in ihren Bann.
„Ich habe die Wüste immer geliebt. Man sitzt auf einer Sanddüne. Man sieht nichts. Man hört nichts. Doch etwas leuchtet in der Stille“, schreibt Antoine de Saint-Exupéry in „Der kleine Prinz“. Letzteres gehört zu meinen absoluten Lieblingsbüchern, die ich wiederkehrend lese, um immer wieder neue Ebenen darin zu entdecken, je nachdem wo ich mich im Leben und in meiner persönlichen Entwicklung gerade befinde.
Darf ich euch einladen, mir zu folgen? – Bitte schliesst eure Augen. Und fangt an zu sehen. Zu spüren, was um euch rum an Düften, Geräuschen stattfindet, ganz egal wo ihr in diesem Moment gerade seid. Könnt ihr euch auf diese Stille einlassen, die keine ist, wenn wir genau zuhören? – Auf die Dunkelheit, in der man einen Raum dennoch erfühlen und so auf neue Weise „sehen“ kann? – Genau das ist für mich die Magie der Wüste und vielleicht auch das, was Saint-Exupéry damit meint, wenn er sagt: „Man sieht nichts und doch leuchtet etwas in der Stille.“
Die Wüste hat dieses Leuchten der Stille.
Wir fliegen nach Dubai, wo das Leben wie der Bär steppt und tanzt und bebt, als gäbe es kein Morgen. Drei Autostunden dauert die Fahrt über Abu Dhabi Richtung Liwa-Oase, einem nicht zusammenhängenden Gebiet von insgesamt rund 50 kleineren Oasen, rund 100 Kilometer südlich der Küste des Persischen Golfs, angrenzend an den nördlichen Rand der Wüste Rub al-Chali. Eine fast schnurgerade Strecke, die viele als besonders langweilig betiteln, die ich aber eingesogen habe, als wäre es ein James-Bond-Film. Denn an unserem Fenster fliegen die goldgelben Dünen und die immer karger werdende mattgrüngraue Vegetation vorbei und ich versuche, in der Ferne etwas zu entdecken, was mich an Zivilisation oder an das Leben erinnert. Nach drei Stunden biegen wir ab ins scheinbare Nichts, Richtung Ziel – die Qasr al Sarab. Das Licht ergiesst sich durch blaugraue Wolken auf die sanderfüllte Fläche, die hin und wieder aussieht, als wäre sie eine Mondlandschaft und wir auf extraterrestrischem Terrain unterwegs. Ich denke an den Film „Dune“ und stelle mir vor, dass dieser Film doch hier gedreht worden sein müsse.

Hinter einer Rechtskurve liegt die Qasr al Sarab wie ein wohlgehütetes Geheimnis besonderer Güte. Die sandfarbenen Türmchen und Gänge, die aussehen wie eine Burg, bauen sich immer eindrücklicher vor uns auf. Das Fünf-Sterne-Haus liegt inmitten der Liwa-Oase, nach der auch der mittlerweile weltberühmte Liwa Frenchtoast des Hauses benannt ist, der es insbesondere den Influencern angetan hat und der auf zahlreichen Instagram-Seiten zu bestaunen ist. Wir reisen Anfang Januar zu Beginn der Hauptsaison an. Aus der Appenzeller Nebelsuppe kommend, schmilzt jeder wärmende Sonnenstrahl auf unserer Haut wie ein Käsli und durchflutet den Körper mit reichlich Vitamin D.
Wir verkrümeln uns in unsere Villa mit Private Pool, die etwas teurer ist als die Hotelzimmer im Hauptgebäude, die aber für jede Menge Privatsphäre sorgt, und das ist genau, was wir suchen und brauchen. We-Time. Me-Time. Ich und die Wüste und den Menschen, den ich über alles liebe.


Hermanos Gutiérrez und „Cielo Grande“, der grosse Himmel, schallt aus den Lautsprechern, während die Wasseroberfläche des Pools Wellen schlägt, weil der Wüstenwind ihn kitzelt. Es gibt Momente, die perfekt sind, die man einfach in sich einatmen möchte, um nichts davon zu verpassen, wo ich mich kneife, nicht um aus einem Traum aufzuwachen, sondern um ihn ganz bewusst zu geniessen, bevor er in der Unendlichkeit meines Herzens verglüht. In der Hektik des Alltags wohnen wir unserem Leben häufig einfach nur bei. Es zieht an uns vorbei, als würden wir in einem Zug sitzen, stumm aufs Handy starren, unwissend, wo wir uns eigentlich gerade auf der Strecke befinden. Dieses Bild ist so stark und bewegt mich arg, wenn ich es mir vor Augen führe. Und ich weiss, dass es nur an mir liegen kann, das zu verändern. Gibt es auch im Berufsalltag solch perfekte still ruhende Momente? – Ich denke schon, wenn ich sie sehen und erkennen könnte. Wenn ich alles etwas spielerischer sehen, mich öfter auch in alltäglichen Dingen verlustieren würde. Wir sind doch alle da, um unserem Dasein mehr Bedeutung zu verleihen, als Sauerstoff wegzuatmen. Allzu oft verheddern wir uns in unzähligen kleinen Dingen, die unseren Kopf vollmüllen, bis wir kaum mehr in der Lage sind, einen klaren Gedanken zu fassen – mir geht’s zumal so. Und dann ärgere ich mich regelmässig, dass ich es überhaupt zulasse, dass all das auf mich einprasselt.

Hier in der Wüste hat alles an Klarheit gewonnen. Weil die Anzahl der Eindrücke viel geringer ist als in einer City oder in meinem Alltag. Der Fokus auf das, was da ist, bringt dieses eingangs erwähnte Strahlen zutage. Und das Schöne daran: Dieses Licht, dieses Strahlen ist eigentlich immer da – wenn wir es nicht mit unaussprechlich vielen Dingen zudecken. Vielleicht ist dieser Umstand Teil der Magie dieses Ortes. Er hilft, den Blick zu heben, das Leben zu fühlen in all seinen Facetten und Nuancen, und es fühlt sich an, als könnte man plötzlich nicht nur ein paar Tasten auf einem Klavier drücken, sondern eines der schönsten Lieder damit komponieren, die das menschliche Ohr je gehört hat.
So wird diese Reise einmal mehr zu einer Reise zu mir selbst.
Wir reiten im Schein des Vollmondes auf Arabern.
Wir liegen am Pool und starren in die leuchtende Wüste.
Wir geniessen jeden Morgen den Liwa Frenchtoast auf der Terrasse und nippen am Kaffee, während wir in die Wüste blicken, in jene Richtung, wo wir die saudische Grenze vermuten und wo in der Ferne das neue Haus des Sheiks thront.

Wir klettern vor der Abenddämmerung auf die Hausdüne, uns stockt der Atem, als wir oben ankommen. Dunkelgoldene Sanddünen in allen Formen, die sich wie ein Zaha Hadid-Gebäude vor dem reinblauen Himmel absetzen, den Anschein erweckend, sie wären für die Ewigkeit gebaut, verändern sich in jeder Minute, wo der säuselnde Wind über die Kante streicht und Sandkörner mit sich zieht. Ich spüre so deutlich: Nichts ist hier, um zu bleiben, alles ist in Bewegung, alles verändert sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, obwohl wir jeden Augenblick so gerne festhalten würden, an uns pressen, bis er keine Luft mehr bekommt und wir ihn mit unserer Sorge vor dem Tod bitterlich ersticken, und gleichzeitig grinse ich in den Sonnenuntergang wie ein verliebter Teenager, weil ich eines so genau weiss. Das ist der süsse Duft des Lebens, der einzig und allein nur deshalb so unbeschreiblich verführerisch ist, weil er endlich ist. Ich sag euch: Es ist zum Heulen schön.

WIE MAN DAHIN KOMMT
Flug nach Dubai oder Abu Dhabi (wir sind mit Gulf Air über Bahrain geflogen – mit perfektem Service!).
Limousinen-Shuttle in die Qasr al Sarab (1,5 h ab Abu Dhabi, 3 h ab Dubai).
Eine Nacht in einem Zimmer im Hauptgebäude kostet je nach Saison ab ca. CHF 400.00. Die Villa mit Private Pool ab ca. CHF 940.00.
DAS KANN MAN TUN
- Die Zeit geniessen.
- Das hervorragende Spa mit Massagen und einem Hammam. Yoga und Pilates, Bogenschiessen oder Reiten (auch für Beginner geeignet).
- Dune Bashing (langsam oder für Fortgeschrittene und Unängstliche) mit dem Offroader oder als Selbstfahrer in einem Buggy.
- Dune Picknick und geführte Wanderungen durch die Dünenlandschaft.
WIE LANGE SOLLTE MAN DABLEIBEN?
Wir waren 8 Tage da und es war kein einziger Tag zu viel. Im Durchschnitt bleiben die Gäste indes nur 2–3 Nächte. Wir finden das aber einfach viel zu kurz, um die Wüste wirklich kennenlernen zu können.
FÜR WEN IST DAS NICHTS?
Für all jene, die Action brauchen, die Stille nicht aushalten und Angst vor dem Leben in der Wüste haben, welches man niemals sieht, aber doch weiss, dass es da ist (Skorpione, Schlangen gibt es, haben wir aber nie gesehen, weil die viel zu ängstlich sind).
Mehr Infos findet ihr hier:

















