Würde ich mich als Superwoman bezeichnen? Wenn ich mein 49-jähriges Selbst mit meinem neunjährigen Selbst vergleiche, dann finde ich mich super. So oft habe ich in den letzten 40 Jahren meine Komfortzone verlassen, so oft bin ich nach Rückschlägen wieder aufgestanden. So oft habe ich meine Schattenseiten ausgehalten. Ich habe sogar endlich gelernt, meine „perfect imperfections“ zu akzeptieren. Ich selbst zu sein ist meine Superpower. Wie Naval Ravikant sagte: „No one can compete with you on being you.“ Was ich gar nicht mag, ist das Prädikat „super“ im Vergleich mit anderen. Damit ich super bin, müssen andere gewöhnlich sein. Sonst funktioniert die Steigerung nicht. Und diese klassifizierende Denkhaltung ist meines Erachtens des Prädikats „super“ nicht würdig.
Heute können wir zwar alles sein, aber müssen damit nicht automatisch alles sein.
Der Glaube, dass wir ständig als „Superwoman“ die Welt retten müssen, kann eine Ablenkung davon sein, unsere eigenen persönlichen Probleme anzugehen. Dieses Pflichtgefühl kann tiefer liegende, ungelöste Probleme in uns selbst verbergen.
Nur wenn wir unser Cape mal ablegen, nach innen schauen und unsere Schattenseiten beleuchten, können wir aus echter Stärke und Stabilität eine gute Leaderin sein.
Eine gute Leaderin meistert zuallererst ihre Self-Leadership. Es ist entscheidend, den Wandel, den man im Team sehen möchte, selbst vorzuleben. Wie kann ich andere führen, wenn ich mich emotional nicht regulieren kann, Entscheidungen aus Angst fälle, meine Trigger gar nicht kenne oder wenn meine inneren Saboteure meine Tage beherrschen und mein Ego ständig am Steuer sitzt? Indem ich mich auf persönliches Wachstum konzentriere und dies durch mein Handeln vorlebe, zeige ich, dass jede und jeder das Potenzial hat zu führen und zu lernen, was eine integriertere und ermächtigende Teamdynamik fördert.
Ich wünschte, ich könnte sagen, dass es in der Führung immer Raum für Verletzlichkeit gibt, aber leider ist meine Erfahrung eine andere. Wenn ich über solche Fragen nachdenke, schaue ich oft in die Natur, um Einsichten zu gewinnen. Und was soll ich sagen – Verwundbarkeit im Tierreich bedeutet, dass die Herde sich einen neuen Leader sucht. Klar, im Gegensatz zu anderen Tieren haben Menschen die Fähigkeit, Verletzlichkeit in eine Stärke umzuwandeln, indem sie sie zum Aufbau von Vertrauen und Authentizität innerhalb eines Teams nutzen. Dennoch zeigt meine Erfahrung, dass Menschen eine starke Leaderin möchten. Was die Zusammenarbeit jedoch fördert, ist Empathie und Menschlichkeit. Dies ist das Gleichgewicht, das ich in meiner Führungsarbeit anstrebe.
Authentisch zu sein als Leaderin bedeutet für mich, meinen Werten treu zu bleiben, auch wenn ich auf Widerstand stosse. Einer meiner Werte ist Wahrheit. Das bedeutet demnach, Fehler einzugestehen. Nicht immer einfach.
Um authentisch zu agieren, habe ich mir ein inneres Steering Committee zusammengestellt. Es gibt nur zwei Mitglieder: die zehnjährige Birgit und die 90-jährige Birgit. Die Auseinandersetzung mit meinem kindlichen Selbst fördert meine Selbst-Empathie und bedingungslose Selbstliebe, die für Verletzlichkeit unerlässlich ist – ein Eckpfeiler der Authentizität. Die alte, weise „Abuela“ Birgit ist Wächterin meines wertebasierten Kompass. Sie schaut, dass ich meine Handlungen konsequent auf meine langfristigen Bestrebungen ausrichte. Sie trägt die Weisheit meiner Native-American-Vorfahren in sich. Ihr Mantra lautet: „Don’t die with your song still inside you“.
Diese doppelte Verbindung vertieft meine Authentizität jeden Tag aufs Neue.
Neben der Führungsaufgabe gibt es einen weiteren Bereich, wo fehlende Authentizität und Superwoman-Gebaren zum Schiffbruch führen können. Und zwar in unserer Liebesbeziehung. Wenn es um Intimität geht, verhindert das Superwoman-Cape wahre Nähe. Viele meiner Coaching-Kundinnen sind erfolgreiche Leaderinnen, haben aber noch keine gute Performance in Liebesbeziehungen. Dies ändert sich schlagartig, wenn aus Superwoman eine „Super, a woman“ wird. Ihre Superkräfte? Intuition und tiefe Verbundenheit. Sie meistert die Kunst subtiler Hinweise und bedeutungsvoller Austausche und feiert die Magie des Unperfekten.
Am besten lernen wir Frauen dies bereits als Mädchen. In einer Welt, die oft Konformität belohnt, ist es wesentlich, die eigene Individualität schon früh auszudrücken. Deshalb supporte ich starke-maedchen.ch. Mädchen lernen hier, dem Drang zu widerstehen, ihre Identität um das Konzept der Perfektion oder das Ideal der „Superwoman“, aufzubauen.
Mein Superwoman-Song:
Birgit Pestalozzi
Superwomen-Coach & Impact-Entrepreneur
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