Zum dritten Mal durften wir uns im Beau-Rivage Palace in Lausanne zu einem Bargespräch treffen. Ein historisches Ereignis diesmal, denn in seiner 160-jährigen Geschichte hatte das Haus zum ersten Mal für zweieinhalb Monate komplett geschlossen, und unser Bargespräch Vol. 59 war der erste Anlass nach diesem denkwürdigen Lockdown in der ersten Corona-Welle des Jahres 2020.
Dementsprechend emotional begrüsste der erste Gesprächsgast, Nathalie Seiler-Hayez, die Gäste im schönen Saal La Rotonde des Beau-Rivage Palace. Nathalie Seiler-Hayez ist General Manager des Grand Hotel und betonte, wie wichtig es ihr ist, dass Gastgeberin Sandra-Stella Triebl, Verlegerin und Initiantin von Swiss Ladies Drive und den Bargesprächen, mit diesem Format dem Beau-Rivage Palace die Treue hält. Für Nathalie Seiler-Hayez waren die vergangenen Monate ein Lehrstück. Sie berichtete, wie ihr bewusst wurde, dass in so aussergewöhnlichen Zeiten angestammte Hierarchien nicht mehr funktionierten und dass sie ihre Art zu managen veränderten. In Krisenzeiten brauche es ein Team, das inspiriert, und eine flache Organisationsstruktur, damit alle am gleichen Strang ziehen. No Powergames in diesen Zeiten. Wichtig sei ihr jedoch, das Personal auch daraufhin auszubilden, dass sie Empowerment erfahren und lernen, ihrem Service einen persönlichen Touch zu verleihen. Das kleine Extra eben.
Als zweiten Gast begrüsste Sandra-Stella Triebl an diesem schönen Sommerabend Marian Salzman. Die gebürtige Amerikanerin ist eine Top-Managerin und seit zweieinhalb Jahren Senior Vice President Communications bei Philip Morris International, einer Company, die ihren Sitz ebenfalls in Lausanne hat. Marian Salzman ist eine Kaderfrau, die man gut und gerne als „down to earth“ bezeichnen darf. Sie ist bekannt für ihre Art, geradeheraus zu sein, und nahm auch an diesem Abend kein Blatt vor den Mund, bezeichnete sich als Gender-blind, also dass sie die Menschen nach ihren Leistungen, ihrer Arbeit beurteilt und nicht nach Geschlecht, Hautfarbe oder Orientierung. Was Powergames angeht, ist Marian Salzman unerbittlich. Wenn Frauen belästigt werden, sei das schlicht und ergreifend illegal, und wenn jemand dennoch Frauen abschätzig behandelt, könne man ihm oder ihr nur mit einem „Go f… yourself“ entgegentreten. Sie regte aber auch an, darauf vorbereitet zu sein, dass solche Dinge passieren können, und ihr habe es sehr geholfen, dass sie von Anfang an in ihrer Karriere klargemacht habe, dass man ihren Jobtitel nicht mit ihrer Person gleichsetzen dürfe. Die eigene Identität und Seele seien unersetzlich, nicht aber der Job, darum dürfe man auch nie im Leben Angst haben zu kündigen, wenn es die Situation erfordere. Und noch einen Gratistipp für einen Karriereweg gab uns Marian Salzman mit auf den Weg: Keine Angst vor Fehlern haben.
Gast Nr. 3 Lisa Christen war da etwas sanftmütiger und hätte am liebsten alle umarmt und geherzt, so sehr freute sie sich, endlich wieder an einen öffentlichen Anlass gehen zu können. Lisa ist selbstständige CEO und Executive Coach. Zum Thema Verhandlungsgeschick in diesen Zeiten gab sie den Tipp, Co-Kreationen statt Entscheidungen für nur einen Weg anzustreben. Verhandeln, bis eine Seite gewonnen habe, sei so tot wie nur irgendwas, und wer das nicht verstehe, habe gerade verschlafen. Man müsse neue Werte kreieren, die es vorher nicht gab, und das setze kreatives Denken voraus. Sie habe erlebt, wie man gemobbt und verletzt wurde. Und ihre Waffe sei, auch mal den Mut zu haben, ganz leise Töne anzuschlagen – und einfach mal Stille Einzug halten zu lassen.
Das verunsichere das Gegenüber meist, denn wer will in einem Meeting, bei Verhandlungen schon Stille ertragen. Es bringe fast jeden aus dem Konzept und könne als Stilmittel dazu dienen, angestrengte, emotionsgeladene Meetings aufzubrechen.
Die letzte faszinierende Lady auf dem Podium im Gespräch mit Sandra- Stella Triebl war Gina Domanig, Managing Partner bei Emerald Technology Ventures. Sie erzählte sehr bildhaft, wie oft sie die einzige Frau in Konferenzen sei. Männer bräuchten eine gewisse Rangordnung, wenn sie sich in der Gruppe bewegen würden. Das zu wissen sei von Vorteil, denn dann könne man als Frau das Alphatier ausmachen, die Youngster definieren und ins eigene Boot holen und die Herde dazwischen gut beobachten. Bei allem Selbstbewusstsein als Frau machte Gina Domanig allerdings auch eines klar: Um erfolgreich in solchen ungleichgewichtigen Meetings zu bestehen, sei es essenziell, gut vorbereitet zu sein, hart dafür zu arbeiten, vielleicht mehr als die Männer, wenn es sein muss, jede Gelegenheit, die sich einem bietet, den nächsten Step zu machen, am Schopf zu packen und jederzeit wachsam zu sein. Ihr eindringlicher Appell an die Frauen im Saal: „No matter what – don’t cry in the office.“
Glänzende Augen hatte man trotzdem am Ende dieser wunderbaren Talkrunde, einmal mehr eine Auswahl an Frauen, die unterschiedlicher und doch einiger nicht sein konnten. Sandra-Stella Triebl betonte, wie wichtig es ist, dass wir Frauen uns gegenseitig unterstützten und dass eine Veranstaltung wie diese zwar für Frauen, aber alles andere als gegen Männer sei. Im Gegenteil: Die Handvoll Männer, die – teilweise zum ersten Mal – an diesem Bargespräch dabei waren, würden das Format Bargespräch ausnahmslos bereichern. Sandra-Stella Triebl hielt abschliessend fest, dass wir sehr wohl in der Lage sind, als Frauen eine Firma zu führen, bewusste Leader zu sein und trotzdem hart verhandeln zu können oder taffe Entscheide zu treffen. Und dass es manchmal auch gar nicht verkehrt ist, Powergames als das anzusehen was sie sind, nämlich Spiele, die auch ein wenig Spass machen können, wenn man fair miteinander umgeht.
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