Ladies Drive No. 70 Editorial: Ähm, OMLine?

Text: Sandra-Stella Triebl
Foto: Tomek Gola

Ladies Drive Nr. 70. Editorial. Sandra-Stella Triebl: Ähm, OMLine? Ja, bitte. Jetzt sofort!
Ladies Drive No. 70 Cover (Sommer 2025): Der Lebensstil für mehr digitale Achtsamkeit und Fokus

Ja, bitte. Jetzt sofort!

Der Sommer 2025 und diese Ausgabe von Ladies Drive No 70 ist etwas Besonderes. Es ist ein Appell an uns alle. Ein Weckruf. OMline ist eine Wortkreation bestehend aus Om und On­­­line. Om symbolisiert Einheit, Vollkommenheit, den Kreislauf des Lebens und den Urklang der Schöpfung.

Ich denke, ich muss niemandem mehr er­­­läutern, wie sich unsere ach so moderne und superschnelle durchdigitalisierte Zeit anfühlt und was es bedeutet. Alles jetzt, hier, gleich und sofort ist das neue Normal. Wir dürfen und können uns indes Zeit nehmen. Und zwar um eine zentrale, wichtige Frage zu stellen und zu beantworten: Wollen wir das so überhaupt?
Mein Vater hat Demenz. Er sorgte sich um die Zukunft, denn meine Mutter hatte über 20 Jahre Krebs. Also war er von ständiger Sorge geplagt und grämte sich ob der Vergangenheit, weil ihm das alles so arg Angst machte. Er sah sich in der Verantwortung, in der Schuld. In der Pflicht. Dass es meiner Mamma, uns allen wieder besser gehen möge. Doch das Leben ist nicht immer nur nett zu uns.

Nun ist er im Moment angekommen. Und ein anderer Mensch geworden mit der Demenz. Er hat einen komplett neuen Humor entwickelt, spricht über seine Ge­­­fühle, seine Gedanken, sein Innenleben, was er früher nie getan hat. Und er isst Obst, Gemüse, Salat, etwas, das er verabscheut hat – aber die Demenz hat ihn das vergessen lassen. Es ist nicht zu seinem Nachteil. Er war in seinem Job stets sehr getrieben. War erfolgreicher Leichtathlet und mehrfacher Schweizmeister. Doch heute? – Ist er in der Langsamkeit angekommen, weil er gar keine andere Chance mehr hat.
Und er hat mich, als seine Tochter, die ihm sehr ähnlich ist, von der Last der Schuld und Pflicht befreit. Hätte mein Vater keine Demenz, wäre ich äusserst regelmässig in der Situation, ein durch Mark und Bein gehendes schlechtes Gewissen zu haben. Weil ich mich nicht gebührender um ihn kümmere. Häufiger bei ihm bin. Da Zeit für ihn kein Massstab mehr ist, kann er auch nicht mehr sagen, wie häufig ich ihn besuche – oder anrufe. Aber wenn ich da bin – ist das ein grosser, lichterfüllter Augenblick.

Er hat mich auch die Qualität einer Beziehung gelehrt. Nicht die Anzahl der Anrufe an Ostern, Pfingsten, Geburtstagen und Weihnachten ist es, die zählt. Sondern die bewusst miteinander verbrachten Stunden.

Und das tun wir jetzt. Wann immer ich mir die Zeit nehmen kann, bei ihm zu sein, verbringen wir Stunden damit, nebenei­nander zu sitzen. Und immer wieder dreht sich mein Vater abrupt zu mir rüber, ergreift meine Hand, streichelt sie und betrachtet mich, als wäre ich das Beste, was er je gemacht hat im Leben. Dann lächelt er und sagt: „Danke. Danke, danke, danke, dass du da bist.“ – Ich krieg sogar beim Schreiben dieser Zeilen Gänsehaut. Weil es soooo unfassbar schön ist, dass man die limitierte Zeit, die uns liebenden Homo sapiens auf diesem Planeten ge­­­geben ist, für mehr nutzt als für fade Likes und frohlockende Insta-Stories. Denn Letzteres vergilbt schnell, und der Drang nach mehr ist kaum mehr aufzuhalten. Wir wollen schnell mehr davon. Statt weniger von vielen verschiedenen anderen Dingen. Wir ringen um Diversität – und kriegen auf den sozialen Medien … Ja, was denn? – Genau. More of the same.

Deshalb gibt es für mich nur eines: einen bewussteren Umgang mit der digitalen Welt – der unweigerlich zu einem acht­sameren Umgang mit der analogen Welt führt. Und beides zusammengenommen bringt uns definitiv so viel mehr Qualität. Genuss. Freude. Leichtigkeit. Zufriedenheit. Stille. Ruhe. Entspannung. Denn nur mit ganz viel Bewusstsein schaffen wir es endlich, diese erdrückende Leere zu füllen. Endlich dieser klagenden Sehnsucht nachzugeben. Sich dem Leben hinzugeben, um darin aufzugehen, um erblühen zu können.

Deshalb möchte ich euch heute etwas zurufen: Ein Hoch auf Digital und Visual Detox. Auf ganz viel Ommmm beim Online-Sein. Auf freudvolle Langsamkeit, wo wir das Leben wieder mal genüsslich in uns aufsaugen können. Wo nichts muss. Aber alles kann und darf.

Das ist nicht nur für uns als Menschlein von zentraler Wichtigkeit. Sondern auch als Leaderinnen und Leader. Treffen wir bewusste Entscheide, bei denen wir grösstmögliche Klarheit und aktiven Fokus ge­­­niessen. Dann tragen wir, und davon bin ich zutiefst überzeugt, auch dazu bei, dass die Welt ein bisschen mehr strahlen und lächeln kann – und wir mit ihr.
Zeit ist etwas Fluides und nicht Aufzuhaltendes, etwas nicht Zurückbringbares oder Verzichtbares. Nicht nur bei meinem Papa. Und Zeit ist relativ. Sagte schon Einstein.

Viel Freude bei eurer Offline-Me-Time!

Sandra-Stella - Signature
Veröffentlicht am Juni 03, 2025

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