Was ich damit meine: Ich bin nicht immer sicher, ob ich verrückt geworden bin oder der Rest der Welt – mit ein paar holden Ausnahmen. In diesen Momenten bin ich verletzlich. Selbstzweifelnd. Irritiert. Unfokussiert. Und es braucht ein paar tiefe Atemzüge frische Luft und ein paar Minuten Zeit, bis der Sauerstoff in den grauen Hirnzellen angekommen ist, um den Nebel wieder zu lichten, der sich im Kopf breitgemacht hat.
Wenn ich dann wieder in mich selbst zurückgeschlüpft bin, wenn man den Augenblick spürt, an dem man wieder Konzentration, Balance, Ruhe, Fokus erlangt, fühlt man sich unweigerlich wie eine kleine Heldin, der es gelungen ist, sich wiederzufinden.
Wir haben in unserem Redaktionskollektiv lange hin und her diskutiert, ob das Thema „I’m (not) Superwoman“ denn überhaupt noch zeitgemäss ist. In Zeiten, wo Themen wie Mindfulness, Resilienz und verschiedene Leadership-Stile die (sozialen) Medien überfluten, könnte man meinen, wir wissen alle doch schon längst, was gut und richtig ist für uns. Oder?
Und doch, so sehen es auch die grossen Zen-Meister, tut es Not, immer und immer wieder innezuhalten und zu fragen: Bin ich noch da, wo ich sein möchte? Wie oft am Tag tue ich Dinge, die ich liebe? Woher kommt meine Ambition – ist die intrinsisch, aus mir heraus erwachsen, oder habe ich unbewusst Erwartungen anderer übernommen? What drives me? – Was treibt mich an, lässt mich mit einem sanften Lächeln aufstehen – und zu Bett gehen? Wie viel Dankbarkeit, Liebe, Wohlwollen und Balance finde ich in meinem Leben wirklich?
Ich bin absolut überzeugt, dass wir nicht auf dieser Welt sind, um perfekt zu sein, sondern um Fehler zu machen. Wozu sonst das Ganze? – Die perfekte Balance ist, wenn, nur in Ansätzen zu erreichen, denn das Leben ist nie im Pausenmodus, sondern in ständiger Bewegung, und genau deshalb gibt es Balance per se immer nur in homöopathischen Dosen. Dies zu akzeptieren und zu umarmen ist wohl eine der schwereren Übungen, die wir lernen dürfen. Dieses Umarmen bedeutet auch anzuerkennen, dass wir dank unserer Fehler und Unzulänglichkeiten, dank Schicksalsschlägen und Schmerz ein Upgrade erfahren können.
Es ist unser freier Wille, uns selbst zu transformieren und weiterzuentwickeln – ins nächste Chaos, ins nächste Fettnäpfchen.
So sind wir in diesem Leben, mit unserem Sein und Tun, eingeladen, mit dem, was wir erschaffen, kreieren und schöpfen, zu spielen. Auch ein spielerischer, freundlicher, wohlwollender Umgang mit uns selbst als Führungskräfte, Leaderinnen und Leader, Menschen mit Ambitionen, etwas bewirken zu wollen, solange wir da sind, ist so unfassbar wohltuend und befreiend! Dies nimmt uns den Druck, perfekt sein zu müssen. Und versöhnt uns mit den Fehlern, die hinter und vor uns liegen. Manchmal blicke ich zurück und kann kaum fassen, wie unsensibel oder unbewusst ich doch war und wie es dazu kommen konnte, dass ich diesen oder jenen Fehler gemacht hab. Aber just in diesem, meist schmerzvollen Gedankenwirrwarr entdecke ich so viel Schönheit, so viel Wahrhaftigkeit und Tiefe.
Es darf unperfekt sein.
Weil es echt ist.
Authentisch.
Möge diese Ausgabe euch inspirieren, euren ganz individuellen Weg zu finden – mal mit etwas weniger, mal mit etwas mehr Superwoman-Kräften, aber immer mit ganz viel Intuition sowie Mitgefühl für uns selbst und andere.
Fühlt Euch umärmelt,
Stella
Die folgenden Artikel sind in unserem Printmagazin Ladies Drive No 66 (Sommerausgabe 2024) erschienen.
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