Lokaltermin auf der Copenhagen Fashion Week CPHF, die Anfang August stattgefunden hat. Traditionell ist die CPHF der Anlass, wo man sich die meisten Innovationen in der Mode erhofft, wo es viele junge neue Brands zu sehen gibt, wo an jeder Show und jedem Stand Inspirationen lauern. An dieser Ausgabe war Henkel mit Perwoll, einem Waschmittel, einer der Hauptpartner (Perwoll gibt es diversen Ländern und es heisst überall anders, zum Beispiel Fewa in Österreich, ist aber dasselbe Produkt). Und man will etwas schaffen, was nicht so einfach ist: einem chemischen Produkt wie Perwoll ein nachhaltiges Image geben.

Enzyme fressen Schmutz
«Chemie ist eigentlich reiner», erklärt mir Regina Stehr abseits der Show. Sie ist zuständig für die Produktentwicklung international und verfolgt das Corporate Ziel, bis 2030 alle Produkte biologisch abbaubar zu machen. Sie ist auf gutem Weg. Als studierte Biochemikerin hat sie – vereinfacht gesagt – eine Doktorarbeit mit dem Thema Enzymen verfasst. Sie hat Microorganismen gezüchtet, die mit Enzymen Aminosäuren produzieren, die am Ende essbar sein sollten. Mit ihrer Expertise kam sie vor 28 Jahren zu Henkel in die Abteilung Biotechnologie und hat begonnen, für die Waschmittel Enzyme zu entwickeln, die Flecken und Schmutz bildlich gesprochen wegfressen.

Forschungserfolg
Kürzlich ist dem Perwollteam ein Durchbruch gelungen: Sie haben eine Formulierung mit einem neuen Enzym entwickeln können, die Ablagerungen aus Biofilmen in Textilien entfernt. Ihr kennt diese unschönen gelblichen Verfärbungen besonders im Achselbereich von hellen Shirts und Blusen, die man einfach nicht mehr beim Waschen rausbekommt? Oder den Grauschleier, der sich langsam auf oft getragene Kleidung legt? Genau, das sind solche Ablagerungen. Regina hat mir, einer nicht Biologin, erklärt, wie ihre Entwicklung funktioniert: «Die Enzyme brechen die Teilchen aus Biofilm und Schmutz auf und zerkleinern sie, so dass sie vom Wasser weggewaschen werden können.»


Wert-voller Kofferinhalt
Das zu erzählen ist das eine, wie aber macht man einen ordentlichen Impact, wie das Ganze in der Praxis aussieht? Indem man ein praktisches Experiment umsetzt und einer breiten Masse publik macht. Im Zuge dieser Überlegung stiess Perwoll auf Victoria Lee. Victoria ist schon sehr lange als «Sustainable Stylist» auf den sozialen Medien unterwegs. «Ich habe schon von meiner Grossmutter gelernt, jedes Kleidungsstück als wertig anzusehen und zu schätzen», erzählt die Schottin bei einem Glas Wein. Sie habe gezeigt bekommen, wie man aus weitergegebenen Stücken neue machen kann, dass man nicht einfach etwas wegwirft, sondern sich ein neues Leben für Textilien überlegt. Und hat zusammen mit Perwoll einen Plan ausgeheckt: Aus Kleidungsstücken, die in Koffern am Flughafen liegenbleiben und nicht mehr ihren ursprünglichen Besitzern zugeführt werden können – 36 Millionen Koffer stranden jährlich an den Flughäfen weltweit, rund 1.8 Millionen finden nie mehr den Weg zurück – eine Kollektion kreieren.

The Reclaimed Collection
Natürlich mussten dafür die Textilien gewaschen werden, das ist der Part, der die Verbindung zu Perwoll sinnvoll macht. Victoria Lee hat dann 70 Koffer geöffnet, die Kleidung und Accessoires sortiert und neue Stücke daraus produziert. Für Männer und Frauen, gezeigt hat sie das Ergebnis in einer Show, zu der Perwoll Medienvertreter, Influenzer und Gäste aus aller Welt in einen zu einer Eventhalle umfunktionierten Hangar in Kopenhagen geladen hatte, passend zum Ursprung der Koffer ohne Eigentümer. Victorias Kollektion «The Reclaimed Collection» hat die Intention zu beweisen, dass jedes Stück Textil ein neues Leben haben kann. Alleine die nicht mehr zuzuordnenden Kofferinhalte auf den Flughäfen weltweit ergeben 27 Millionen Teile (12 000 Tonnen Gepäck), die auf einer Müllhalde landen. Dazu kommen all die anderen unsinnig vernichteten Kleider, die Landfills vor allem in afrikanischen Ländern füllen. Eine Verschwendung und Verschmutzung sondergleichen. Teile der Kollektion von Victoria Lee kann man übrigens auf der Secondhand Plattform Sellpy kaufen, 100 Prozent des Erlöses gehen an remake.world.
Bewusstsein schärfen
Wir können vielleicht nicht mehr diese umweltverschmutzenden Landfills auf die Art und Weise leeren. Aber die Intention, mit schlauen Ideen und dem Schärfen von Bewusstsein die Lebensdauer von Fashion zu verlängern, die muss verbreitet werden und sacken. In den Mindsets von jeder und jedem von uns, bei den Fashionistas ebenso wie bei den unzähligen Influenzern und Medien, die Fast Fashion propagieren. Interessanterweise ist die Copenhagen Fashion Week «powered by Zalando». Deren Geschäftsmodell trägt sicher nicht unwesentlich dazu bei, Mode als schnelllebiges Gut anzusehen.
Perwoll macht weiter in ihren Bestrebungen, einen nachhaltigeren Ansatz für Mode zu finden. Alle Infos dazu findet man auf perwoll.ch unter #RethinkNew.
Wir flogen auf Einladung von Perwoll nach Kopenhagen und übernachteten im Hotel Admiral.




















