Wieso reisen wir? – Was wollen wir sehen, riechen, spüren? Was erleben? Was hinter uns lassen? Das Schöne an den Reisen, die wir unternehmen: Man kann immer wieder dahin entfliehen.
Ein Blick auf die Fotos, das Mitbringsel, die Augen schliessen, tief einatmen und schon ist man wieder dort. Als hätte Scotty uns raufgebeamt.
Wir trafen auf einem Schiff einmal eine alte vermögende Lady. Wir fragten, worin sie investiere. Sie antwortete: in Erlebnisse. In Dinge, die man sein Lebtag lang nicht mehr vergisst. Besser hätte ich es nicht ausdrücken können. So blättere ich die letzten acht Jahre zurück, betrachte die schönsten Reisen, die man uns hat angedeihen lassen, und nehme Sie noch einmal mit. Danke, Scotty.
BOTSWANA. WILDERNESS. CAMP HOPPING. GREETINGS FROM THE BUSH.
„An elephant, an elephant.“ – „yes, Mam. They’re all over the place here!“ So begann alles inmitten des Okavango Deltas. Einige Minuten zuvor hatte unsere kleine Cessna auf einer sandigen Landepiste aufgesetzt. Ich erinnere mich dunkel daran, dass der Pilot so was sagte wie: „Wir fliegen nun erst einmal drüber, nicht dass irgendwas Grosses sich auf der Landebahn befindet.“ Für jemand, der aus der Schweiz kommt und unter gross maximal einen Hirsch im Bündnerland versteht, war das mehr als ein Abenteuer. Ich war zu Tode erstarrt in dieser kleinen Maschine, wie sie wie eine Hummel durch den Gewitterregen wippte. Doch ich möchte es nicht missen, keine Sekunde davon. Das eigentümliche einfache Leben, das sich in den Bush Camps immer rund ums Feuer abspielt, die Natur, die anders duftet, sich anders anhört, die Wildnis, die einen sich so klein und verletzlich fühlen lässt, weil einfach alles um einen gross ist: Elefanten, Bäume, Steppen, Löwen, Regentropfen.
„Near, far, wherever you are …“, flötet unser junger Guide, der ebenso ein Basketballspieler der NBA sein könnte, als wir durch eine der zahlreichen Regenpfützen des Okavango Deltas fahren. Eine filmreife Szene! Ich glaube, das ist einer der Momente, die – und ich erinnere mich an die ältere, reiche Lady auf dem Schiff – ich als Erlebnis am liebsten in Gold giessen würde, so dankbar bin ich dafür, und so aussergewöhnlich und schräg waren sie, die Tage im Busch. Ein Affe auf der Veranda, der sich an unsere Glastür lehnt, eine dicke grosse fette Rainspider, die übers Bett spaziert (ja, Tiere mögen mich, auch jene mit zu vielen Beinen), Löwen im Mondlicht, Löwenbabies aus drei Metern Entfernung bestaunen, den Riesen in Grau nah zu sein und ihre unbändige Kraft zu spüren, aber auch ihren Sanftmut uns Menschen gegenüber, Kaffee vom Feuer, eine Gemeinschaft von Fremden, die in diesen Tagen des Lichts zu Freunden und Gefährten wurden, und der Respekt vor Natur und Tieren, der einen im Busch wahrlich übermannt. Was für ein Erlebnis!
www.wilderness-safaris.com
MALEDIVEN FESDU ISLAND. W. WHAT ELSE.
Blau in blau in blau. Wow! Für mich gibt’s keinen perfekteren Ort auf dieser Welt, um ins Dolcefarniente gedrängt und hineingezwungen zu werden, während der Geist noch bei den To-do-Listen zu Hause zu verweilen droht oder, wie sie mein Mann immer nennt: bei meiner unendlichen Geschichte. Die ersten zwei Tage sind für mich stets die schlimmsten. Wenn man es als Rennpferd gewohnt ist zu spurten, fällt es anfänglich etwas schwer, auf Nichtstun umzuschalten, und so rennen die unendliche Geschichte und der Geist erst mal im Kreis, während der Körper den goldgelben Sand von Fesdu Island unter sich spürt. Es ist wie beim Yoga – die Körperunterseite fühlt sich schwer an, der Geist spukt irgendwo darüber umher. Ja, bis man zwischen all dem Blau endlich beginnt zu entspannen und die To Do’s, die zu Hause warten, auch auf die Reise schickt – weit, weit weg.
Als ich die Insel zum ersten Mal betrat, blieb mir wahrlich die Spucke weg. Wie ein kleines Kind vor dem Weihnachtsbaum rieb ich ungläubig meine Augen. Welch ein Idyll! Welche prallen Farben und welch unendliche Weite, so weit das Auge reicht Meer und mehr Meer, und der Indische Ozean liegt sanft und still da, wogend, in der Sonne glitzernd. Das „W“ auf Fesdu Island ist ein wahres Juwel – mit Bungalows, die in einem modernen Designstil eingerichtet sind, zurückhaltend, damit all das Schöne um uns herum hier ungestört auf uns wirken kann.
Die Küche ist im Übrigen vom Feinsten – was auch gut ist, denn die Insel ist winzig und es gibt keine hotelfremde Konkurrenz, ausser man chartert sich ein Boot und düst auf eine der anderen Inseln. Wenn ich die Augen schliesse, spüre ich noch immer meine Füsse im abendlichen, kühlen Sand, den Kopf Richtung Sternenhimmel geneigt, unter der Nase ein wohlriechendes Fischchen oder ein nach Kardamom duftender Reis mit Curry. Tick, tack, tick. Die Zeit vergeht – und plötzlich spielt alles keine rolle mehr, weil man sich eingepackt fühlt wie in Watte, in ein Zeitvakuum, in welchem die Geissel von Minuten und Stunden nicht fühlbar ist, schlicht nicht existiert, wo man Momente geniesst, wie sie sind, und wo man sie schmerzlos und ohne einen Hauch von Melancholie wieder ziehen lässt, weil man weiss, dass noch mehr Schönes folgen wird. Und immer ein salziger Geruch auf den Lippen, stets ein Lüftchen warmer Wind, der Gesicht und Hals verführerisch umspielt. Die Malediven sind ein Ort, auf den man sich einlassen sollte, um ihn in vollen Zügen geniessen zu können – wer es indessen tut, für den sind sie ein Stück des Glücks und ein Plätzchen purer Sinnlichkeit.
www.wretreatmaldives.com
INDIEN. VARANASI. DIE GHATS DES GANGES.
Kaum ein Erlebnis hat mich auf all unseren Reisen derart in ehrfürchtige Trance versetzt wie die Reise nach Varanasi, die heilige Stadt am heiligen Fluss. Obwohl… die Anreise dahin war das pure Chaos. Der indische Verkehr ist ja doch einigermassen gewöhnungsbedürftig. Auf indischen Strassen trifft man freilaufende Hühner, entspannt umher wackelnde heilige Kühe, dazwischen Coca-Cola Trucks, Motorräder mit Körben voller weiterer Hühner auf dem Gepäckträger, deren weisse Federn im Fahrtwind flatterten, Autos aller Grössen, meist unsäglich gewaltig bepackt mit allerlei Dingen, und dann die Rikschas und Fussgänger natürlich. Ausserorts sind die Strassen indessen so schmal, dass die Autos erst mal aufeinander zu fahren, um dann kurz vor einem Zusammenprall doch noch elegant über den Strassengraben auszuweichen. Varanasi selbst lag in den Tagen unseres Besuchs – ich kann es nicht anders sagen – im Kuhdreck. Und zwar ungefähr knöcheltief.
Ist man westlich gekleidet, jagen einem Postkartenverkäufer hinterher, die einem die neuesten Kreationen meist wenige Zentimeter vor die Nase halten. Nach wenigen Minuten in den engen Gassen unterwegs Richtung Ganges, Richtung Ghats, hatten wir bereits einen beachtlichen Pulk von indischen Strassenverkäufern und Kindern im Schlepptau. Man watet durch die dreckigen dunklen Gassen und plötzlich erreicht man den Fluss, wo links die Kinder spielen, rechts eine Verbrennungszeremonie vorbereitet wird und wieder ein paar Meter weiter im (für Schweizer Verhältnisse unsauber aussehenden) Flusswasser Gläubige baden und es inbrünstig trinken. Man rät uns, im Morgengrauen eines der kleinen Boote zu mieten und die Ghats entlangzufahren, der Stadt und den vielen Pilgern beim Erwachen zuzuschauen. Gesagt, getan. So finden wir uns am nächsten Tag im Morgennebel wieder, bevor die Sonnenstrahlen uns den Blick auf die Stadt freigeben. Gläubige Hindus waschen sich, ihre bunten, farbenfrohen Kleider, ihre lachenden Kinder. Und das alles vor der überwältigenden Kulisse von Varanasi. Über den steilen rötlichen, steinernen Ghats erheben sich Gebäude wie aus 1001 Nacht, die allerdings auch seit 1001 Jahren nicht mehr bewohnt zu sein scheinen. So fahren wir die einer Geisterstadt ähnelnden Kulisse entlang, wo sich schwere mehrstöckige Gebäude erheben und sich Zwiebeltürme wie aus einer Elfenstadt dazwischen ansiedeln, alles erleuchtet von der aufsteigenden Sonne über dem Ganges. Voller Magie. Klingender Mystik. Ich möchte keinen dieser erhabenen Momente missen.
TUBKAAK KRABI RESORT & GAGGAN BANGKOK.
Wenige Flugstunden von Bangkok entfernt befindet sich die Insel Krabi. Wenn Sie den dritten Teil von „Hangover“ gesehen haben, werden Sie sich an das blitzblaue Wasser und die sanften, geheimnisvollen, dunklen Hügel, die sich über der Andaman Sea erheben, erinnern. Der Blick auf ein Archipel aus 13 Inseln gehört zum umwerfendsten, was man am Strand des Tubkaak Resorts auf einem der Fatboys mit einem Drink in der Hand sitzend sehen kann. Oder man lässt sich einfach wie eine Schildkröte in der warmen See treiben, in schwereloser Leichtigkeit und zählt die gemütlich vorbeiziehenden Wolken. Wieso auch nicht? Oder haben Sie im Urlaub was anderes vor als zu entspannen?
Die Unterschiede zwischen den Gezeiten sind in Krabi enorm und so kann man bei Ebbe zauberhaft romantische Abendspaziergänge unternehmen, während Tausende von kleinen weissen Krabben sich panisch vor Ihren Füssen in Sicherheit bringen werden und dabei süsse Muster im nassen Sand hinterlassen, als hätte man eine Horde Mountainbiker über den Strand gejagt. Man ist geneigt, sich innerlich vor der Schönheit der Natur und der Milde der Menschen im Tubkaak Resort zu verbeugen, weil sie es schaffen, einem die Schwere des Alltags zu Hause zu nehmen und einen von Kopf bis Fuss zu verwöhnen – über die Küche, den Spa und jedes Lächeln, welches Balsam für die wunde Seele ist. Und wenn Sie über Bangkok fliegen, was sehr wahrscheinlich ist, nehmen Sie sich die Zeit, im „Gaggan“ zu dinieren – wir empfehlen zudem das Hotel Muse, eine der Top-Adressen der Stadt und gleich um die Ecke. Gaggan ist ein ehemaliger Schüler des „El Bulli“, welcher unweit von Barcelona jahrelang der „Place to be“ war für alle, die sich dem Thema Essen und Kulinarik verschrieben hatten. Und Gaggan war der erste Asiate, der in die Kreise des stolzen Adria Ferran aufgenommen wurde. Buchen Sie den Tisch bei der Küche und geniessen Sie unbedingt ein Tasting Menue. Wir haben ein vegetarisches 12 Gänge-Menue genossen und dafür sowie für ein paar Gläser Wein unglaubliche 160 Euro bezahlt. Ich wage es, Ihnen mein Versprechen zu geben, dass ein Besuch bei Gaggan Sie nicht enttäuschen wird.
www.tubkaakresort.com
www.eatatgaggan.com
BALI. VILLA SOORI. JA BITTE, MEHR DAVON.
Als wir in Bali landen und durch Seminyak fahren, ahne ich erst das Schlimmste. Wie in Mallorca in den 80ern, denke ich mir. Und alle sagen immer, Bali sei so schön. Doch schon bald entfaltet sich die Schönheit des Landes und der Menschen wie eine Seerose im Morgenlicht vor unseren Augen. Wir durchqueren die Insel und selbst auf den kleinsten Nebenstrassen keine PETFlaschenberge, an den Strassenrändern keine Plastiktüten und Abfälle. Über die zarten Hügel der Insel schlängeln wir uns zu unserem Hotel, dem Retreat Alila Villas Soori, gelegen an einem schwarzen Vulkanstrand, eingebettet in Reisfelder, über die dunkle, im Wind zitternde Drachen wachen.
Das grosszügige Anwesen bietet Villas mit Private Pool und Blick auf den verwunschen wirkenden dunklen Strand, der in der Sonne wie Marmor glänzt und schimmert. Was mir in bester Erinnerung blieb: das À-la-Carte-Frühstück. Jeden Tag anders, jeden Tag besonders! Das Alila Villa Soori ist eine kleine, ruhende Oase, in der man Küche, Spa, die Freundlichkeit der Menschen und wunderschönes Design in vollen Zügen geniessen kann. Es war eines der Häuser, nach dem ich mich bereits sehnsüchtig und melancholisch umdrehte, als ich auf dem Rücksitz des Taxis sitzend zurück zum Flughafen um die Ecke bog.
www.alilahotels.com/soori
Text: Sandra-Stella Triebl
Fotos: Sandra-Stella und Sebastian Triebl