Maryam Djavadi: Pragmatisch verrückt?

Interview: Claudia Gabler
Fotos: Porsche Schweiz AG

Ladies Drive No. 71. Maryam Djavadi
Ladies Drive No. 71 (Herbst 2025): Trouble is Coming

Wie Maryam Djavadi das Kundenerlebnis bei Porsche in die Zukunft lenkt

Träume zum Anfassen:

In der Lakeside Lounge des Montreux Jazz Festivals präsentierte sich Porsche Schweiz in diesem Jahr musikalisch, sportlich und nahbar für Kundinnen, Kunden und Fans. Wir sprachen mit Maryam Djavadi, Vice President Customer Experience, über Turbulenzen als Innovationstreiber, verrückte Träume – und was es braucht, um in Zukunft erfolgreich zu sein.

Ladies Drive: Maryam, du bist seit einem Jahr bei Porsche. – Happy Anniversary! Was ist dein erstes Fazit?

Maryam Djavadi: Oh, danke! Wie auf­­merksam! Mit dem Jobwechsel habe ich nicht nur den Arbeitgeber gewechselt – ich bin in eine ganz neue Welt, die Automobilindustrie, eingetaucht. Den Sprung ins kalte Wasser habe ich nie bereut.

Wie geht ihr bei Porsche mit den He­­­rausforderungen um?

Wir schauen genau hin, was am Markt passiert. Es ist uns wichtig, nicht kurzsichtig zu agieren. Wir wollen das Gesamtbild sehen. Wir fokussieren uns auf das, was wir verbessern können. Und wir konzentrieren uns auf unsere Stärken, um unsere Leistung zu er­­­bringen. Was ist unsere DNA? Was macht uns besonders? Wo liegt unsere Differenzierung? Wir sprechen viel mit unseren Kundinnen und Kunden und beobachten, dass es bestimmte Aspekte an Porsche gibt, die sie besonders lieben. Zum Beispiel das Design, die Leistung – und vor allem der Spass am Fahren. Du bist an der League of Leading Ladies einen Porsche gefahren, nicht wahr?

Oh ja! Das bin ich!

Wie hast du dich dabei gefühlt?

Fantastisch! Souverän! Ich war die „Queen of the road“!

Nicht wahr? Es ist mehr als die Fahrleis­tung – es ist die Fahrfreude. Und hier spielen wir ganz vorne mit. Auch das elegante, innovative Design, unsere Motorsport-Wurzeln, die man auch in unseren SUV-Modellen spürt … Hier sind wir stark!

Du kommst ursprünglich aus der Luxusmodewelt. Was verbindet Marken wie Chanel, Harrods, Bottega Veneta, Selfridges, für die du früher gearbeitet hast, mit Porsche?

Kunden, die Porsche kaufen, und Kunden, die Luxusmode kaufen, haben vieles gemeinsam. Es geht um das Kundenerlebnis, um Emotionen und Genuss. Wir sprechen einen Teil in den Menschen an, der die Emotionen be­­­rührt. Und genau dort kann ich meine Expertise einbringen: beim Kreieren unvergesslicher Momente. Wir sind hier beim Montreux Jazz Festival – ein Traum! Wir wollen unsere Kunden begeistern und auf eine erfrischende Art ansprechen.

Was unterscheidet Porsche von den Brands, für die du bislang gearbeitet hast?

Porsche unterscheidet der innovative Geist – im Produkt, im Kundenfokus, in den Retail-Formaten. Gleichzeitig halten wir an unseren Wurzeln, unse­rer Heritage, fest. Das sieht man zum Beispiel auch an der Bedeutung des Motorsports für Porsche. Bist du jemals auf einer Rennstrecke gefahren?

Noch nicht.

Du musst es versuchen! Noch vor einem Jahr hätte ich nie gedacht, dass das etwas für mich ist. Aber ich war im Porsche Experience Center am Hockenheimring und habe es ausprobiert – und ich war begeistert! Porsche ist eben nicht nur ein Auto, das dich von A nach B bringt. Es ist Emotion pur!

Steht etwas Neues an, womit ihr den Markt überraschen werdet?

Turbulente Zeiten sind ein Innovationsturbo! In den vergangenen zwei Jahren haben wir unsere Modellreihen umfangreich überarbeitet – zum Beispiel mit dem vollelektrischen Macan. In der kommenden Zeit werden wir weitere innovative, neue Modelle vorstellen – auch spannende Elektromodelle. Bei allen stehen stets das Fahrvergnügen, der Komfort und das Design im Fokus. Unsere Innovationen betreffen aber nicht nur die Fahrzeuge, sondern auch unsere Retail-Konzepte. Wir fragen uns: Wie können wir unsere Kunden begeistern – nicht nur mit Sportwagen, sondern mit dem gesamten Erlebnis? Aus diesem Grund entwickeln wir auch unsere Porsche Studios weiter – zu Orten zum Entdecken, Orten der Kreativität, sowohl für bestehende Kunden als auch Porsche-Fans. Mit unseren „Porsche Now“-Pop-ups bieten wir ein neues, spielerisches Markenerlebnis für unsere Fans – alles in Ergänzung zu unseren klassischen „Destination Porsche“-Zentren.

Das spricht auch Frauen an – insbesondere in China beträgt die weibliche Käuferschaft 30 bis 42 Prozent.

Ja, der Anteil an Porsche-Kundinnen wächst. Wir wollen Frauen gezielt an­­­sprechen – und uns dabei treu bleiben. Authentizität ist entscheidend. Wir freuen uns, dass immer mehr Frauen die Marke entdecken.

Dein Fokus ist die Customer Experience. Deine Leidenschaft dafür ist spürbar.

Ich finde es wirklich grossartig, dass es bei Porsche eine eigene Abteilung für Business Development und Customer Experience gibt. Das zeigt, welchen Stellenwert die Kundinnen und Kunden bei Porsche haben. Wir hören aktiv zu – sowohl unseren Mitarbeitenden als auch unseren Kundinnen und Kunden.

Wie unterscheidet sich eine Porsche-Customer-Experience beispielsweise von einer Ferrari-, Lamborghini- oder Mercedes-Experience?

Mein Fokus liegt auf Porsche. Und wir betrachten die ganze Customer Journey – nicht nur den Kauf: After-Sales, Events, schneller, persönlicher Service in den Customer Relation Hubs weltweit, rund um die Uhr. Ausserdem pflegen wir Demut. Auch wenn wir exzellente Pro­­dukte haben – wir bleiben nahbar für unsere Community. In Museen, auf Events wie hier am Montreux Jazz – es gibt keine Zäune, Selfies sind erwünscht! Wir öffnen uns bewusst. Wenn wir die Kundinnen und Kunden beobachten, spüren wir ihre Leidenschaft. Das be­­­rührt uns.

Viele Firmen predigen Kundenzentrierung – aber vergessen Mitarbeitende. Was ist aus deiner Sicht wichtiger: die Customer oder die Employee Experience?

Wir denken in drei Dimensionen: Marke, Kundinnen und Kunden sowie Mitarbeitende. Stimmt eines nicht, funktioniert das Ganze nicht. Erfolgreich kann nur sein, wer das Zusammenspiel pflegt.

Wie viele Touchpoints hat die Porsche-Customer-Journey?

Es sind viele! Allein über 900 Retail-Touchpoints weltweit, plus weitere virtuelle … Vom Händlerberater, Online-Tool bis zur MyPorsche-App – wir bieten vielfältige Kontaktpunkte. Wichtig ist aber nicht die Quantität, sondern das nahtlose Zusammenspiel. Unser Ziel ist ein echtes Omnichannel-Erlebnis, nicht nur Multichannel.

Welche sind deine persönlichen Highlights entlang der Porsche-Customer-Journey?

Ich liebe den Konfigurator! Hier beginnt der Traum – oder man kann einfach ein bisschen spielen. Und ich mag den persönlichen Kontakt im Autohaus – unsere Berater sind sehr leidenschaftlich. Auch die Customer Relation Hubs empfinde ich als besonders. Die Mitarbeitenden liefern schnelle, persönliche Lösungen bei allen Fragen und auf allen Kanälen – ob Telefon, Video oder Mail. Ich bin stolz auf alle Teammitglieder, die unsere Kundinnen und Kunden in ihrer Einzigartigkeit bedienen! Mein persön­liches Highlight bleibt der persönliche Kontakt im Store. (lacht)

Sprechen wir über Leadership: Was hilft dir, ruhig und handlungsfähig zu bleiben, wenn es draussen turbulent wird?

Ruhe zu bewahren, bedeutet ja nicht, dass man keinen Sinn für Dringlichkeit hat. Ich finde es wichtig, Dringlichkeit zu erkennen und zu wissen, wann Speed notwendig ist. Dennoch kann ich dabei ruhig bleiben – das ist für mich elementar. Mich nährt die Beziehung zum Team. Die Zusammenarbeit ist für mich von enormer Bedeutung. Ge­­­meinsam fokussiert zu sein, bringt Klarheit. Und Klarheit bringt Ruhe. Ich glaube, wenn Ruhe fehlt, liegt es oft daran, dass zu viele Gedanken herumschwirren.

Was unternimmst du gegen herumschwirrende Gedanken?

Es hilft, zu erkennen, was die Herausforderung ist, und einen sehr pragmatischen Lösungsansatz zu verfolgen. Das ist definitiv keine One-(Wo)man-Show. Es geht um Teamplay. Dabei ist wichtig, sich gegenseitig zu spiegeln. Ich glaube an Diversität. Unterschiedliche Gedan­­ken bringen Reichtum. Und dieser Reich­­tum kann bei Entscheidungen helfen. Alles hängt zusammen.

Und in deinem Privatleben? Was hilft dir da, die Ruhe zu bewahren?

Yoga! Yoga ist mein mentales und emotionales Ritual, das mich erdet. Ich liebe Hot Yoga. Das ist so anstrengend, dass ich wirklich an nichts anderes denken kann – was grossartig ist, denn genau das ermöglicht mir den Abschaltmoment. Yoga bringt mich in Balance und zwingt mich dazu, mich auf das Hier und Jetzt zu fokussieren. Für die­­jenigen, die es noch nicht ausprobiert haben: Ich würde es wirklich empfehlen! Es dauert ein bisschen, bis man reinkommt – aber dann wird man süchtig. Es sind die wenigen Stunden in der Woche, in denen ich wirklich abschalten kann.

Gibt es Werkzeuge oder Prinzipien aus der Porsche-Welt, die du auch Privatpersonen empfehlen würdest? Und umgekehrt – was kann Porsche von anderen Disziplinen lernen?

Oh, das ist eine spannende Frage! Bei Porsche begann alles mit einem Traum. Jemand hatte einen Traum, der ein bisschen verrückt war. Und das zeichnet uns bis heute aus: der Pragmatismus und dieser Funke an Verrücktheit. Wenn man nur die eine Seite lebt, riskiert man, zu sehr im Sicherheitsnetz zu hängen. Und wenn man nur träumt, riskiert man, die Bodenhaftung zu verlieren. In der Modewelt ist das anders. Dort ist man nur so gut wie die letzte Kollektion. Alle drei Monate gibt es etwas Neues. Sie ist schnell – und doch sagen viele, sie ist nicht schnell genug. Dafür hat man etwas mehr Spielraum für Fehler. Vielleicht liegt man mit einem Trend daneben – aber drei Monate später kommt die nächste Chance. In der Autoindustrie dauert ein neues Design hingegen Jahre. Der Spielraum für Fehler ist minimal. Wenn wir ein bisschen von diesem Tempo aus der Modewelt übernehmen und umgekehrt etwas von der Porsche-Präzision in die Mode übertragen könn­ten – das wäre ideal!

Hast du drei Tipps, wenn „Troubles“ nahen?

Mein Chef sagt immer: „Focus. Execute. Perform.“ Wenn viel gleichzeitig los ist, dann zuerst: Fokus – was ist wichtig? Was müssen wir tun? Welche Innovationen brauchen wir? Und dann: um­­­setzen! So kommt man in eine aktive, gestalterische Rolle.

Ladies Drive No. 71. Claudia Gabler & Maryam Djavadi
Claudia Gabler und Maryam Djavadi

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Creator
Claudia Gabler
Beitragsautorin

Quelle: Claudia Gabler: „Maryam Djavadi: Pragmatisch verrückt?“, Ladies Drive Magazin, Nr. 71 (2025), S. 46-49.

Veröffentlicht online am 1 Okt., 2025
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