Gedanken unserer Business-Mamma Ariane Mellenthin*
Haben wir es doch mittlerweile mit einer Generation junger Frauen zu tun, der – gut ausgebildet – beruflich weit mehr Türen offenstehen als noch einer Generation davor. Viele haben ihre Optionen verwandelt und bis spätestens Mitte 30 ein beachtliches Stück erfolgreichen Berufswegs zurückgelegt, das sich mittlerweile auch gut bezahlt gemacht hat. So gut bezahlt, dass sie gehaltlich keine Äonen mehr von «den» Männern bzw. ihren Partnern entfernt sind. Und – das ist in diesem Punkt weitaus wichtiger – so gut bezahlt, dass sie nicht auf einen Versorger angewiesen sind.
Ich behaupte nicht, dass es heute keine Lohnungleichheiten mehr gäbe und dass derlei Ungerechtigkeit nicht zum Himmel schreit. Ich will nur sagen, dass es mich nachdenklich stimmt, wenn am Ende dann doch wieder vom «Versorgermodell» geredet wird. Am Ende und damit beim «Versorgermodell» sind wir (Frauen) meist, wenn es um die Familiengründung geht. Dann möchten wir doch keine 100 Prozent mehr arbeiten müssen und «eigentlich mal was ganz anderes» machen, weil …
Ja, warum eigentlich? Weil bis anhin keiner da war, an den man sein eigenes Existenzsicherheitsbedürfnis getrost auslagern konnte und der sich seiner angestammten Geschlechterrolle entsprechend bereit erklärt hätte, die Kohle für einen ranzuschaffen, damit man das tun kann, was man «schon immer einmal tun wollte», sich aber aus genannten Gründen nie getraut hat.
Seien wir ehrlich: Eigentlich irritiert uns die Vorstellung vom Mann zu Hause doch auch irgendwie … noch? Subkutan scheinen wir intuitiven Wesen doch zu verstehen, dass mit diesem Wunsch auch die möglicherweise unangenehme Konsequenz verbunden sein könnte, vielleicht mehr in der Pflicht zu stehen, zum Lebensunterhalt beizutragen. Und Pflicht hat so gar nichts mit der Lebensabschnittskür zu tun, von der bis anhin die Rede zu sein schien.
Liebe Ladies, bitte verzeihen Sie mir den polemischen Ton. Bin ich doch eine von Ihnen und sollte vielleicht lieber leise sein. Ich habe nichts gegen eher traditionelle Rollenverteilung, wenn sie für alle Beteiligten stimmt. Ich finde nur, wir Frauen vergeben uns (nicht sehend?) etwas, wofür wir immer noch mit harten Bandagen kämpfen: mehr Augenhöhe und – das wiederum irritiert mich – auch die Sicherheit (die uns so wichtig ist).
Alles gut, wenn das traditionelle Modell aufgeht und die Männer ihrer Aufgabe langfristig nachkommen können und wollen. Können und Wollen verhalten sich in dieser Gleichung jedoch genauso tückisch wie das Wörtchen «wenn» – nämlich unberechenbar. «Life happens while you are making plans.» Was passiert also, wenn der Sechser im Lotto beruflich mal eine Pechsträhne hat oder wenn er einfach nicht mehr kann oder auch «eigentlich mal was ganz anderes» machen will?
Es sollte heute selbstverständlich sein, dass wir Frauen unseren Partnern diese Form der Gleichberechtigung zugestehen und dafür auch beruflich und finanziell Verantwortung übernehmen, weil wir heute mehr denn je auch praktisch dazu in der Lage sind.
Praktisch befallen uns Frauen dann bisweilen (nicht unerklärliche) Fluchtreflexe, weil uns diese so verflixt wichtige Sicherheit abhanden zu kommen droht, die es a) so nicht gibt, für deren Abhandenkommen wir aber wiederum b) zu einem guten Teil mitverantwortlich sind.
Für die sperrige Kost heute nehmen Sie bitte mich in der Verantwortung!
Ihre Ariane Mellenthin
* Die Krippen sind voll mit Kindern berufstätiger Mütter, deren Lebenspfeiler sowohl die Familie als auch die eigene Karriere (was auch immer das individuell heissen mag) ausmachen. Deshalb ist mir an dieser Stelle der ehrenvolle Platz eingeräumt worden, Sie auf meine Reise als frischgebackene Mutter und Berufsfrau mitzunehmen.