Wir brauchen Termine, wir sind in Eile, wir halten uns an Timetables, wir haben Schedules, wir stehen unter Zeitdruck, wir werden erwartet, wir sind im Stress, wir messen die Zeit, wir ermitteln die Arbeit, wir berechnen die Leistung, wir werden vor Ultimaten gestellt, wir haben Deadlines.
Leistung wird dabei mit dem englischen Wort Power bezeichnet. Das passt. Frauen, welche viel leisten, werden in der Öffentlichkeit gerne als Powerfrauen bezeichnet. Das ist natürlich völliger Blödsinn, denn um als Frau überhaupt erwähnt zu werden, muss man (sich) einiges geleistet haben. Insofern ist der Begriff „Powerfrau“ ein Pleonasmus wie „tote Leiche“, „nasses Wasser“ oder „zu früh angesetzte Deadlines“.
Es gibt verschiedene Arten von Leistung. Man kennt in der Physik die hydraulische Leistung, bei der die Volumenarbeit und der ausgeübte Druck wichtige Faktoren sind. Wer je ein Kind ausgetragen und geboren hat, weiss genau, wie mit Volumenarbeit und Druck eine Höchstleistung generiert wird.
Des Weiteren gibt es die Translations-Leistung. Translation heisst Übersetzung. Wir kennen die mechanische Übersetzung vom Radfahren, bei dem wir entweder fester treten oder schneller strampeln müssen, um vorwärtszukommen. Auch im übertragenen Sinne. Selbst wenn sich im Wort Ü-BERSET-ZUNG ein Innenminister versteckt, ist das Übersetzen eine Aufgabe, die meist Frauen übernehmen. Sie gehen dabei auch seltener in die Luft und leisten sich kaum je ein französisches Kampfgeschwader als Flugbegleitung. Frauen in der Exekutive leisten sich eher grad eine neue Flotte Kampfflieger, wobei nicht sicher ist, ob auch diese Bestellung einfach ein Übersetzungsfehler aus dem Walliserdeutsch war.
Was unsere moderne Leistungsgesellschaft aber am besten illustriert, ist die Rotations-Leistung. Wir treten an gegen ein Drehmoment, eine Achse, eine Radnabe. Letztlich gegen uns selbst. Denn wir Menschen halten uns für den Dreh- und Angelpunkt, für den Nabel der Welt. Das ist verständlich, denn es widerspiegelt einfach unsere Perspektive. Wenn wir uns aber für derart wichtig halten, sollten wir auch etwas mehr Sorge tragen für uns. Je schneller wir uns drehen, desto grösser ist die Gefahr, dass wir den Halt verlieren und herausgeschleudert werden aus dem Karussell.
Und wer immer noch nicht glaubt, dass dauernde Höchstleistung nicht unbedingt Fortschritt bedeutet, soll sich wieder einmal jenes hübsche Zitat vor Augen führen: „Das Hamsterrad sieht nur von innen aus wie eine Karriereleiter.“
In Zeiten der Klimakrise und Stromknappheit sollten wir doppelt bedenken, ob die grossen Energiemengen wirklich lohnen, nur um sich im Kreis zu drehen. Vielleicht überlegen wir uns künftig, ob die Deadline wirklich so unumstösslich, der nächste Termin derart dringend ist. Und ob unser Drehmoment tatsächlich so hoch getaktet sein muss wie das des gut frisierten Mofas vom schlecht frisierten Töfflibuben. Es stünde uns gut an, einmal eine Pause einzulegen.
Sonst steht zu befürchten, dass wir irgendwann den Job an den Nagel und uns selbst ins Treppenhaus hängen. Als letzte Pendenz.
Und der Strick, an dem wir uns aufknüpfen, ist dann die ultimative Deadline.