Interview Rea Eggli

Text: Sara Rodrigues Almeida

Ladies Drive - Rea Eggli
Rea Eggli, Mitbegründerin von wemakeit, der grössten Schweizer Crowdfunding-Plattform, hat im Mai dieses Jahr ihr neuestes Projekt live geschaltet: oomnium.com. OOMNIUM, eine Crowdinvesting-Plattform die sie gemeinsam mit Mitgründer Leandro Davies und einem engagierten Team erschaffen hat, unterstützt Start-ups und KMU dabei, ihr Wachstumspotenzial zu entfalten und ihre Visionen zu verwirklichen.

Durch den Einsatz der Blockchain-Technologie können digitale Aktien an Kunden, Mitarbeiter und andere Interessierte direkt am Unternehmen ausgegeben werden.

Nach einer Sommerpause ging am 19.9. die neueste Kampange online. Da es sich dabei um ein female founders Unternehmen handelt, nämlich um den Slow Fashion Brand Moya Kala, nehmen wir die Gelegenheit wahr, um mit Rea über Crowdinvesting zu sprechen.

Ladies Drive: Rea, was ist dein Purpose?

Rea Eggli: Vor 22 Jahren habe ich meine erste Firma gegründet und seither war ich an einigen weiteren Start-up und Agenturgründungen dabei. Wenn ich zurückblicke und mir Gedanken über das „Why“ mache wird mir klar, dass meine Motivation darin besteht, Zugänge zu erleichtern und Menschen an neue Dinge heranzuführen egal ob in der Kunstbranche, in der Wirtschaft oder in der Gesellschaft. Das ist nicht immer einfach in der Umsetzung und braucht viel Out oft he Box denken und braucht oft auch ne grosse Portion Geduld, aber wenn man es dann geschafft hat, ist es eine sehr befriedigende Aufgabe.

War es für dich immer klar, dass du Unternehmerin werden möchtest?

Ich habe definitiv die Unternehmens-DNA von meinem Vater geerbt. Er war ebenfalls Entrepreneur, zwar in einem völlig anderen Bereich, aber hatte auch diesen unablässigen Drang, immer wieder was Neues auszuprobieren und mit viel Leidenschaft umzusetzen. Heute, als Rentner, sitzt er in Lateinamerika in seinem eigens gebauten Bungalow, wo er Mangobäume anpflanzt und seine eigenen Bananen erntet. Zur Ruhe kommt er aber trotzdem nicht. Ich selber habe zuerst verschiedenste Luft geschnuppert, von KMU bis Corporate, bis mir mit 27 Jahren klar wurde, dass ich meine erste Firma gründen musste weil ich was anpacken wollte, dass es so noch nicht gab. Und danach hat sich die Frage irgendwie nie mehr gestellt. Das eine ergab das andere. Heute weiss ich, dass ich gut darin bin ein Start-up aus dem Boden zu stampfen und aufzubauen und danach operativ aber auch wieder loszulassen, und mich Neuem zu widmen.

Wie bist du auf die Idee zu Oomnium gekommen?

Schon im Jahr 2015 haben wir bei wemakeit über die Möglichkeit von Crowdinvesting nachgedacht, bei welchem Interessierte nicht nur eine Idee unterstützen und ein Erlebnis oder ein Produkt erhalten, sondern direkt Anteile an Firmen kaufen können. Es gab zu dieser Zeit aber keine rechtlich sinnvolle Umsetzungsmöglichkeit. Aus diesem Grund legten wir die Idee vorerst auf Eis.

Als bei uns das Blockchain Thema im 2017 auftauchte, prüften wir hierzu ebenfalls die vorhandenen Möglichkeiten, aber auch das war damals nicht zufriedenstellend. Wir blieben aber am Thema dran und sind glücklich, dass die Rechtslage seit 2021 in der Schweiz ein Crowdinvesting möglich macht, so wie wir uns das vorgestellt hatten. Dies war dann auch der Moment, in dem wir die Idee von OOMNIUM aufgriffen und weiterentwickelten.

Gleichzeitig hatten wir bei wemakeit schon immer die Vision, die Plattform der Crowd zu übergeben. Wir beschlossen also, zuerst mit wemakeit selbst die Erfahrung einer Crowdinvesting Kampagne zu machen, die dann letzten Sommer erfolgreich durchgeführt wurde. Dieses Know-How floss selbstverständlich dann in die Entwicklung des OOMNIUM Angebots rein, denn OOMNIUM ist eine Tochtergesellschaft von wemakeit.

Weshalb sollten Start-ups ein Crowdinvesting in Betracht ziehen?

Die Problematik der Finanzierung, mit der viele Start-ups konfrontiert sind, hat sich in letzter Zeit  verschärft. Es ist noch schwieriger geworden, Start-up Kapital für den nächsten Wachstumsschritt  zu erhalten. Es gibt Business Angels, die in frühen Phasen wichtig sind. Es gibt Risikokapitalgeber, bei denen oft ein hoch skalierbares Projekt Grundlage für eine Investition bildet. Aber nicht alle Ideen auf dieser Welt sind skalierbar, und nicht allen wollen um jeden Preis skalieren.

Crowdinvesting gibt den Start-ups die Möglichkeit, ihre Community am Unternehmen zu beteiligen. Bei diesen geht es natürlich auch um eine mögliche finanzielle Rendite, aber nicht nicht nur. Crowdinvestoren*innen sehen in der Förderung von gesellschaftlichen, sozialen oder ökologischen Impacts eine weitere, zusätzliche Form einer Rendite. Eine Aktionärsbasis, denen diese Themen ebenso wichtig sind wie der wirtschaftliche Erfolg, fördern ein verantwortungsbewusstes und nachhaltiges Unternehmertum. Und dort möchten wir hin.

Was passiert im Fall von einem Exit der Gründer in das Start-up?

Die Befürchtung von Start-up Gründer*innen, dass sie nach einem Crowdinvesting kein Exit mehr machen können, ist nichtig. Denn mit einem richtigen Token- Aktionärsbindungsvertrag (ABV) auf der Blockchain, lässt sich diese Problematik einfach lösen und einem Exit steht nichts im Weg. Im Gegenteil, auch die Crowdaktionäre*innen freuen sich über einen erfolgreichen Exit.

Gibt es Bedingungen für Start-ups um auf Eure Plattform aufgenommen zu werden?

Ja, wir haben gewisse Rahmenbedingungen und wählen sorgfältig aus. Nebst dem, dass eine AG den Sitz in der Schweiz haben muss um bei uns online zu gehen, schauen wir auch auf die Innovation oder den Impact einer Businessidee, prüfen deren Wirtschaftlichkeit mittels neutralem, externen Plausibilitätscheck und erwarten einen ersten operativen Jahresabschluss den wir, zusammen mit der Unternehmensbewertung publizieren.

Ein weiterer wichtiger Aspekt für uns ist die Nachhaltigkeit der Unternehmen. Wir akzeptieren Start-ups, die ein nachhaltiges Geschäftsmodell oder eine faire Produktionskette haben, die ressourcen- oder umweltschonend ausgerichtet sind, und die eine transparente Unternehmenskultur leben. 

Momentan fokussieren wir uns noch auf Unternehmen, die den Markteintritt bereits hinter sich haben und im B2C Markt tätig sind.

Wie unterscheiden sich digitale Aktien im Vergleich zu traditionellen Aktien?

Der gesamte Investitionsprozess erfolgt online und man findet die digitale Aktie, sobald sie geschaffen ist, als Token in seiner digitalen Wallet. Es braucht hierzu also weder ein Depot bei einer Bank noch eine aufwändige Administration, da dies alles automatisiert umgesetzt wird. Die Aktionärsrechten sind genau dieselben wie bei traditionellen Aktien, da gibt es keinen Unterschied. Der Prozess ist einfach um vieles einfacher und zugänglicher geworden – für Investor*in und Unternehmen.

Die Unternehmen profitieren zudem von einem wesentlich kostengünstigeren Vorgang, als wenn sie an die Börse gehen würden.

Und durch Crowdinvesting-Plattformen können auch Menschen mit kleinem Budget nun auch in Start-ups investieren, was bis anhin vorwiegend nur Business Angels und Venture Capitalisten vorenthalten war.

Weshalb investieren Menschen in Unterehmen via Crowdinvesting?

Die Möglichkeit, ab wenigen Hundert bis mehreren Tausend (natürlich gehen auch mehrere Zehntausende) Franken direkt in ausgewählte Start-ups oder KMU zu investieren ist neu und die Tendenz an interessierten Start-ups und Investoren*innen steigend. Dass man dabei gerne in Unternehmen investiert, deren Produkte man bereits liebt (oder erst durch die Crowdinvesting-Kampagne überhaut für sich entdeckt) und deren Werte oder Visionen man teilt,  ist ein sehr schöner Nebeneffekt und man fühlt sich den Unternehmen in die man investiert viel näher und verbundener. Als Investor*in wählt man sehr bewusst aus, in welche Teams man investiert, im Gegensatz zu einer Fondsanlage beispielsweise.

Im Mai seid ihr mit oomnium.com live gegangen – wie verlief der Start?

In den ersten zwei Monaten haben wir vier erfolgreiche Crowdinvesting-Kampagnen abschliessen können. Eins davon war das female founders Start-up: elleXX.  Das Team um elleXX hatte innert 3 Tagen sogar die 1 Millionengrenze erreicht – wir waren alle ganz  aufgeregt und erfreut.

Die Plattform lief ohne grössere Lauch-Panne, die User-Experience ist toll und wir konnten in kurzer Zeit schon eine schöne Aktionärsbasis aufbauen. Wir wussten, dass die Zeit reif ist und wir wussten auch, dass unser Produkt stimmt, aber wir haben alle nicht mit einem so erfolgreichen Start gerechnet. Danach waren wir aber auch alle reif für ein bisschen Ferien.

Was sind eure nächsten Ziele?

Unser nächstes Ziel: die besten Cases welche die Schweiz hat bei uns online zu bringen und ihnen zum Crowdinvesting-Erfolg zu verhelfen, denn wir beraten und begleiten die Unternehmen sehr eng in der Ausarbeitung und Vorbereitung ihrer Crowdinvesting-Kampagne. Es sind gleich mehrere spannende Crowdinvesting-Kampagnen in der Pipeline und wir fiebern mit jedem einzelnen mit. Wir haben natürlich ganz viele weitere Ziele die wir erreichen wollen. Unter anderem ist es uns sehr wichtig, dass wir ebenso viele Kampagnen von Female Founders wie von Male Founders aufschalten können und deshalb liegt uns auch die Kampagne von Moya Kala sehr am Herzen, unser zweiter Female Founders Case.

Weitere Informationen:

Moya Kala – Ethical Body Basics

Die Crowdinvesting Kampagne läuft noch bis zum 23. Oktober: https://oomnium.com/de/investieren/moyakala

Veröffentlicht am Oktober 04, 2023

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