Die gebürtige Inderin Malvika Singh ist eine umwerfende Schönheit, voller Eleganz in der Erscheinung, warmherzig und zugänglich in der Kommunikation, liebevoll im Umgang – und clever. Eine, die immer ganz oben beginnt. Die gross denkt. Voller Zielstrebigkeit und Mut.
Die Gründerin und Managing Director von IMPACT, einer internationalen Beratungs- und Leadership Developmentfirma mit Büros in der Schweiz und den USA , blickt auf eine grandiose und grossartige Karriere voller Ecken und Kanten zurück. Wir versprechen Ihnen – das Verfolgen ihres Werdegangs ist mehr als faszinierend. Vielmehr ist es eine Reise.
Faizabad. Im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh wird die heute 48-Jährige geboren. Als Kind eines Wissenschafters mit Spezialgebiet Genetik und einer Künstlerin. Sie wuchs also gleich in mehreren divergierenden Welten auf. Gegensätze sollten ihr Leben von Kindheit an prägen. Indien und Deutschland. Kunst und Wissenschaft. Kulturen, Werte, Mentalitäten, die schon früh auf ihrem Weg aufeinanderprallten. „Meine Eltern waren sehr gegensätzlich. Und reisten viel.“ Noch etwas, was ihr Leben beeinflusste. Malvika besuchte elf verschiedene Schulen in Deutschland, Malaysien, Schweden, Italien, Indien. Doch sie fragte sich nie, ob das nun schwierig sei oder eben nicht. Es sei, wie wenn man den Fisch nach dem Wasser fragen würde: „Es war die einzige Welt, die ich kannte. Es war Normalität für mich.“ Wenn sie heute zurückblickt, beschleicht sie noch immer das Gefühl, nie irgendwo dazugehört zu haben. Sie war immer das „dunkle“ Kindchen, irgendwie anders als die anderen. In Italien war sie keine Italienerin – und in Indien keine Inderin. Was für andere Kinder zur Tragödie werden kann, wurde für Malvika zum Programm. „Wenn die Schulkolleginnen mit blauer Tinte schrieben, nahm ich schwarze. Waren sie Katholiken, war ich Atheistin.“ Gleich sein wie die anderen Kinder konnte sie nicht – und so blond wie ihre Schulkolleginnen in Schweden war sie eben auch nicht, auch wenn sie sich daran erinnert, sich von Santa beim ersten Weihnachten im kühlen Norden genau dies gewünscht zu haben: blondes Haar und blaue Augen. „Heute denke ich ganz anders. Ich finde, wir haben mehr Gemeinsamkeiten, die uns als Menschen zusammenbringen, als Unterschiede. Und stell dir vor: Meine Tochter hat blonde Haare und blaue Augen!“ Die schöne Unternehmerin lacht schallend. „Und an Weihnachten wünscht sie sich dunkle Haare und dunkle Augen.“ So wiederholt sich Geschichte, nur mit anderen Vorzeichen.
Als Schülerin, so Malvika, war sie ein Streber. Schule war ihr wichtig. Und sie wählte später ein Studienfach, welches wieder „etwas anders“ war: Chemical Engineering an der Universität in Pennsylvania. „Erst wollte ich Richtung Medizin – doch meine Laufbahn begann bei einer Firma im Bereich Spezialitäten- Chemie.“ Ihren ersten Karriereschritt machte Malvika Singh also beim Fortune-500-Unternehmen Engelhard. Man erkannte ihre Ambitionen, ihr Talent und förderte sie in einem internen High Potential Programm. Dank der Einblicke in verschiedenste Bereiche des Konzerns wurde ihr schnell klar: Forschung ist wohl nicht das richtige. Viel zu sehr faszinierte sie der technische Bereich, die Fabrikation, Manufaktur sowie ihre früh übernommene Führungsrolle.
Und wieder sollte ein Wechsel ihr Leben in neue Bahnen leiten. Die Liebe zu ihrem Ex-Mann, einem Investmentbanker aus New York, führte sie in die Schweiz. Er suchte sich das Land aus karrieretechnischen Gründen aus – und sie wollte mitziehen, dachte an eine Kündigung, ohne selbst einen genauen Plan zu haben. „Ich sagte meinem Chef also einfach mal, dass ich gehen und Kinder kriegen würde.“ Doch dann sollte ein Workshop bei ihrem Arbeitgeber Engelhard eine neuerliche Wendung bringen. An diesem Workshop wurde sie aufgefordert zu formulieren, was sie tun würde, wenn alles möglich wäre. „Als persönliches Ziel nahm ich mir den New York Marathon vor. Und geschäftlich sagte ich, ich würde das europäische Office von Engelhard in der Schweiz eröffnen.“ Damals war sie 29 Jahre alt und die jüngste weibliche Fachkraft in den Reihen des Unternehmens. „Ich wollte gross denken. Wieso auch nicht?“ Also begann sie das Dahingesagte in die Tat umzusetzen. Erst mal den Marathon. Und später nahm sie selbst die Idee mit dem Office in der Schweiz wieder auf und konfrontierte den CEO damit. Nach etlichen Gesprächen stimmte er tatsächlich zu, und so wurde Malvika eine der jüngsten Führungskräfte bei Engelhard, die selbst ein Business Unit leiteten. Das war für die zielstrebige Inderin eine wahre Transformation. „Ich sagte mir: Ich bin der Architekt meines Schicksals. Und ich war so beseelt davon, in der Schweiz dieses Office aufzubauen und zum Erfolg zu führen, das war für mich beruflich eine meiner wichtigsten Erfahrungen.“ Engelhards Office in der Schweiz wurde ein Erfolg. Malvika akquirierte, was das Zeug hielt, sorgte für ein fantastisches Wachstum. Dann kam dieser Horrorflug, der ihre Karrierepläne ändern sollte. Ein Sturm schüttelte das Flugzeug durch. „Ich hatte wirklich Angst zu sterben und überlegte mir, was ich bereute, nicht getan zu haben. Was ich vermissen würde.“ Es war der Gedanke an Kinder, der die damals 32-Jährige nicht mehr los liess. Und kaum war der Entschluss gefasst, war sie auch schon „guter Hoffnung“. Doch wie sollte es nun mit der Karriere weitergehen?
Eigentlich hatte Malvika sich in den Kopf gesetzt, mal an die Spitze des Unternehmens zu kommen, dachte schon an eine Nanny und die Rolle als Vollzeit arbeitende Mutter. Als sie mit bis zum Hals pochenden Herz ihrem CEO die Schwangerschaft offenbarte, antwortete dieser zu ihrem Erstaunen schlicht und ergreifend: Congratulations! Engelhard hatte bis zu diesem Zeit nicht mal eine entsprechende Policy, und ihre Nervosität darüber, was ihr Chef entscheiden würde, war nervenzehrend. „Ich wollte von ihm wissen, was das nun zu bedeuten hat. Er gab mir zur Antwort: Ein Jahr den vollen Lohn und genug Zeit für mich und das Kind. Dieser Typ war einfach fantastisch!“ Die darauffolgende Schwangerschaft war entsprechend entspannt und, wie sie selbst sagt, unglaublich einfach – nur ihr Mikrokosmos, der ausschliesslich aus Businessleuten bestand, war wohl etwas überfordert. Ihre wenigen weiblichen Freundinnen standen allesamt im Geschäftsleben. Menschen mit Kindern kannte sie nicht. Sie arbeitete bis kurz vor der Geburt und dann begann das Muttersein. „Es war ein Schock!“, erzählt sie geradeheraus, ohne auch nur im Ansatz etwas beschönigen zu wollen. „Es war nichts so, wie ich es erwartete. Ich meine, meine Tochter war toll. Da sollte man in Liebe verfallen – aber ich war die meiste Zeit einfach nur erschöpft.“ Malvikas Offenheit ist entwaffnend und so angenehm ehrlich. Wie vielen Müttern mag es wohl so ergehen, aber kaum eine traut sich dies so deutlich auszusprechen, wie sie eben gerade: „Ich dachte mir nur: Was hab ich getan, und hatte Angst, dass der Rest meines Lebens nun so sein würde. Ich konnte mich anfangs einfach nicht in meine Mutterrolle finden. Und mir fehlte eine Freundin zum Reden.“ Denn die vielgereiste Managerin hatte zwar ein grosses berufliches Netzwerk – aber privat war dafür schlicht zu wenig Zeit geblieben. Als sie nach vier Monaten Pause wieder an ein Meeting unterwegs war, traf es sie wie ein Blitz. Sie vermisste ihr Baby. Und von einem Moment auf den anderen wandte sich alles zum Guten. Sie verliebte sich in das eigene Kind und plante umgehend Nummer zwei. „Ein Jahr und vier Monate später war das zweite Kind da.
Ein Junge … er ist eine so unglaublich weise Seele – und für mich eine Quelle der Inspiration.“ Irgendwie scheint in ihrem Leben fast schon alles wie auf Knopfdruck zu geschehen und gleichzeitig kommt doch immer etwas ein bisschen anders als geplant.
Gebannt höre ich den schillernden Ausführungen der Unternehmerin weiter zu und teste immer wieder mein Aufnahmegerät. Läuft es noch? Guuuuut! Nur nichts verpassen jetzt! Ganze fünf Jahre tauchte Malvika daraufhin ab – und fühlte sich pudelwohl als Vollzeit-Mama. Doch mit den Jahren und Monaten zu Hause kamen die beruflichen Ambitionen wieder in ihr hoch. Allerdings schien nichts Aufregendes in Griffnähe zu sein. Zu Engelhard zurück? Wollte sie nicht. Hilfe von Headhuntern? Gab es nicht. Das Selbstvertrauen? Irgendwie auch dahin. Für kurze Zeit wollte sie ein Musikprogramm in Princeton absolvieren. Obwohl sie gar nicht singen kann. „Aber ich wollte es trotzdem versuchen. Wurde natürlich abgelehnt!“ Doch dann sollte ausgerechnet eine Frau ihre neue Inspirationsquelle werden. Bei einem Workshop in Kalifornien war eine Amerikanerin kurz vor dem Pensionsalter ihre Lehrerin.
„Wir unterhielten uns immer wieder und stellten fest: Wir fühlten uns beide alt und müde. Und doch wollten wir was kreieren. Etwas bewegen. Schliesslich beschlossen wir, es gemeinsam zu wagen und in die Selbstständigkeit zu gehen. Und ich hatte so ein Glück. Sie ist die coolste Frau, die ich kenne, auch noch heute mit ihren 72 Jahren!“ Malvikas Augen strahlen und erzählen von ihrer Passion – auch ohne Worte. Gloria Harris ist noch heute ihre Partnerin – und die gemeinsame Leidenschaft drehte sich rund um das Thema „Leadership“. Heute coacht sie unter anderem Banken wie Credit Suisse oder Unternehmen wie Ebay, Skype, American Express und viele mehr – und agiert dabei direkt auf CEO -Ebene. Ihr Kernthema ist – wie könnte es angesichts solch eines vielschichtigen Lebens auch anders sein – der Wandel, die Veränderung. „Es geht entweder um persönliche oder organisatorische Veränderung und um die Kultur, die dafür benötigt wird.“ Die meisten Kunden würden den menschlichen Aspekt von Change-Prozessen unterschätzen, so Malvika Singh weiter. Die Essenz ihres Tuns ist heute das Weiterentwickeln von Beziehungen. Die Interaktion zwischen Menschen hat grossen Einfluss auf die Kultur eines Unternehmens – und diese wiederum einen erheblichen Impact auf die Performance. Dazu braucht es einen CEO , der den ganzen Prozess vorantreibt, ist Malvika überzeugt.
Nun sitzt eine offenbar erfolgreiche Unternehmerin vor mir, wenn auch aller Anfang schwer war. Denn wie sollte man CEOs und Führungspersönlichkeiten ohne Netzwerk in der Schweiz als Kunden akquirieren? „Man muss einen CEO am frühen Morgen, am späten Abend oder über Mittag anrufen, dann kommt man am besten durch. Zudem bereitete ich einen elevator pitch vor. Es war übrigens schrecklich!“, lacht die Managing Director und schüttelt ungläubig den Kopf. Nun war meine Neugier angestachelt. Mit welchen Argumenten gelang es ihr, die CEO s von ihrer Dienstleistung zu überzeugen? „Ich suchte Firmen, bei denen ich Bedarf für einen Transformationsprozess sah, und informierte mich detailliert über jedes Unternehmen. Und versuchte den Impact in Zahlen zu packen – also im Sinne von: Was braucht es, in so und so viel Jahren das Business auf das nächste Level zu bringen. Im ersten Jahr meiner Selbstständigkeit verdiente ich übrigens knapp 3’000 Franken. Es war wirklich wie gesagt schrecklich!“ Also bildete sie sich weiter, lernte ständig dazu, ging nach England, besuchte Kurse. Ihre persönliche Entwicklung, die mit dem Lernprozess einherging, führte schlussendlich zwar zum beruflichen Erfolg – aber auch zu ihrer Scheidung.
„Das war nicht einfach.“ Ein schwieriger Abschnitt in Malvikas Leben – doch sie erinnerte sich an ihr Motto, Architekt des eigenen Lebens zu sein. Veränderungen sind beängstigend und spannend zugleich, das wusste sie nur zu gut. Irgendwie schien es zu passen – Change-Prozesse in Unternehmen zu initiieren, zu begleiten und solch einen Weg selbst und persönlich gegangen zu sein. Plötzlich floss die Energie in ihrer eigenen Firma und der Erfolg liess nicht mehr lange auf sich warten. An Malvikas Seite arbeiten mittlerweile zwei Partner – und weltweit rund zwanzig Associates.
Doch die 48-Jährige ist niemand, der sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen pflegt. So gehört sie auch zu den Ideengeberinnen der Initiative „Advance“*, die vor knapp einem Jahr gemeinsam mit Ikea und McKinsey, Credit Suisse und sechs weiteren Firmen in der Schweiz lanciert wurde. Dafür holte sie sich sogar die Unterstützung von Pamela Thomas-Graham – der Top-Frau in den Reihen der Credit Suisse. Ja, Malvika denkt gross und traut sich auch bei den grossen Playern anzuklopfen. Und aus dieser Advance Initiative ergab sich ein neues Projekt: WATT . Women at the top. Ein Netzwerk von Frauen an der Spitze von Unternehmen. „Das ist eher mein Hobby, aber ein passioniertes.“ Aus der anders sein wollenden Einzelgängerin ist eine wohlwollende Netzwerkerin geworden. Und jemand, der sein Leben in Kapiteln wahrnimmt. Das nächste Kapitel, welches Malvika öffnen wird, soll in Indien einen der Hauptschauplätze haben. „Ich möchte in Indien etwas zu Gunsten der Frauen verändern und zwar in grossem Stil. Ich halte meine Ohren für geeignete Projekte offen.“
Etwas anderes als ein grosses Projekt zu initiieren, hätte ich von ihr auch nicht erwartet. Indien scheint sie zu rufen. Und John, ihre neue, grosse Liebe, ihr Soulmate. Mit ihm möchte sie die nächsten Kapitel ihres Lebens schreiben. Ihre Lebensmittelpunkte in Zürich, New York, Italien und Indien aufschlagen. „Hm – wäre schön, ich wäre im Alter so cool und dynamisch wie meine Mutter, die noch immer die Welt erobert, selbst mit ihren 72 Jahren“, schliesst die gebürtige Inderin gedankenversunken. „So möchte ich auch sein.“ Und was sie auch sein möchte: eine Inspiration und ein Vorbild für ihre Kinder – heute 14 und 15 Jahre alt. „Ich wünsche mir für meine Kinder, dass ich für sie einen Unterschied bewirkt habe. Das sollen sie später mal über mich sagen können. Ich würde es lieben, wenn sie ihren eigenen Weg finden. Ihre Passion. Man muss etwas im Leben finden, was man liebt, daran glaube ich ganz stark. Und die Veränderung beginnt jeweils im Kopf. Das Leben ist Kopfkino, nicht wahr?“
Weiterführende Informationen: *Advance ist eine Initiative von mittlerweile neun Schweizer Unternehmen. Sie hat zum Ziel, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. www.advance-women.ch www.msimpact.com