Gerne erinnere ich mich an die ersten Coachingstunden mit einer Kundin vor vier Jahren. Sie steckte in einem kräftezehrenden Arbeitsumfeld wie viele andere auch. Die täglichen Anforderungen, Zielsetzungen, Meetings und Aufgaben lasteten auf den Schultern. Eingeengt von Vorschriften, Fremdbestimmung und Wertehaltungen, die sie fast krank machten. Doch die gemütliche Komfortzone und das Denken an Sicherheit hielten sie dennoch darin fest. Versuche auszusteigen wurden bereits im Keim erstickt und hatten wenig Kraft. Im Coaching und durch eine persönliche Weiterbildung wachte sie aus ihrem „Dornröschenschlaf“ auf. Der Leader in ihr wurde wachgeküsst. Ihre schlummernde Vision zeigte sich immer klarer. Sie wechselte die Position von der Arbeitnehmerin zur Unternehmerin mit Mut, Klarheit und Leidenschaft. Heute führt sie eine Unternehmung mit 24 Mitarbeiterinnen und wird getragen von ihrer Vision. Die wesentliche Frage, die es zu beantworten galt, war: Maske oder Herz?
Damals erzählte ich ihr diesen Ausschnitt aus dem Buch „Der träumende Delfin“: Daniel Delfin starrt seinen alten Freund an, und nach einem Moment des Schweigens sagt er: „Michael, schau dich doch einmal um. Unsere Welt ist voll von Delfinen, die Tag für Tag von morgens bis abends fischen. Ständig fischen sie. Sie haben keine Zeit mehr, ihre Träume zu verwirklichen. Anstatt zu fischen, um zu leben, leben sie nur noch, um zu fischen.“ Daniel Delfin musste an früher denken.
„Ich erinnere mich sehr gut an einen jungen, starken Michael Delfin. Der davon träumte, selbst hoch oben auf einer dieser riesigen Wellen zu schweben. Jetzt sehe ich nur noch einen verschreckten Delfin, der ständig fischt und Angst davor hat, seine Träume zu leben. Was kann denn wichtiger sein im Leben, als die eigenen Träume zu verwirklichen, ganz egal, wie sie aussehen?“ Er sah seinen Freund fest an. „Du musst in deinem Leben Zeit zum Träumen finden, Michael. Lass nicht zu, dass deine Ängste deinen Träumen im Weg stehen.“ (Aus dem Buch „Der träumende Delfin“ von Sergio Bambaren)
Warum die Metapher des träumenden Delfins?
Was hat Leadership mit Träumen zu tun?
Leader haben eine Vision der Zukunft und werden von ihr getragen. Wie der Leadership-Experte Heinz Kaegi in seinem Bestseller „Gesucht: Leader“ schreibt: „Der Leader von morgen weiss, wohin er oder sie will. Wenn die Vision uns erst mal geküsst hat, sind wir von nichts und niemandem mehr davon abzuhalten, ihrer mystischen Anziehungskraft nachzugeben. Die Vision hat die feminine Kraft der Unwiderstehlichkeit. Sie bewegt uns in der Tiefe unseres Daseins. Sie entlockt uns alles. Wer wir sind, was wir haben und was wir tun. Die Vision gibt uns die Möglichkeit, über uns selbst hinauszuwachsen. Chancen, um eine lohnenswerte Zukunft zu gestalten, und Gelegenheiten, auf sich und seine grosse Leistung stolz zu sein.“
Doch Visionen liegen meist ausserhalb unseres Gewohnten. Ausserhalb der Komfortzone, in der wir tagtäglich fischen, um zu leben. Somit braucht es ein anderes Denken und Handeln, um Visionen erfolgreich zu verwirklichen. Doch dazu müssen wir, ob wir wollen oder nicht, ehrlich über eigene Muster, unser Handeln und Denken, welche uns limitieren und begrenzen, nachforschen. Es lohnt sich eine Art „Boxenstopp“ (kein Botox-Stopp!). Ein Innehalten und kostbare Momente kreieren. Denn es braucht unsere eigenen Antworten auf die wesentlichen Fragen, was Sinn macht und uns kraftvolle Lebensfreude gibt. Soziale Masken und alte Programme, die einst nützlich waren, gilt es abzulegen. Damit eine erfolgreiche Ausrichtung auf das Wesentliche möglich wird. Oft hat die innere Weisheit das Bestehende bereits erkannt und durchschaut. Das Herz fühlt die Richtung. Die eigene Vision ist es, die den Träumer in uns weckt, die uns beseelt und erahnen lässt, welches Potenzial es zu entdecken gibt. Denn die Frage stellt sich: „Muss die Zukunft eine lineare Überlagerung von Vergangenheit und Gegenwart sein?“ Für non-lineare Ergebnisse in unserem Leben – dazu braucht es vor allem ein grosses „JA“ in uns. Damit wir lebendig und kraftvoll für unsere Visionen einstehen. Dem eigenen Leben einen Sinn geben. Denn „if you don’t stand for something, you’ll fall for anything“.
Der deutsche Modeschöpfer Karl Lagerfeld sagte in einem Interview einmal: „Persönlichkeit fängt da an, wo der Vergleich aufhört.“ In der Natur schielt ein Kirschbaum auch nicht zur Birke und wünscht sich sehnsüchtig einen weissen Stamm. Und ein Apfelbaum überlegt sich nicht einmal in seinem Leben, wie er es schafft, Mangos an die Äste zu bekommen. Die Einzigartigkeit und das wahre Selbst zu entfalten, für die eigene Vision auf- und einzustehen, gibt uns Profil und Charisma.“
Unsere Wirtschaft und Unternehmungen benötigen dringend weibliche Leader mit Weitblick. Frauen, die mit emotionaler Kompetenz das verborgene Potenzial von Mitarbeitern und Teams freilegen, um mehr Wirkung und Sinn zu stiften. Sie befähigen Menschen in ihrem Umfeld über sich hinaus zu wachsen. Es braucht Frauen, die mit Weitsicht und Fokus flexibel auf die wachsenden Herausforderungen reagieren. Mit mehr Sinnund Wertfokus gemeinsame Visionen mit Teams verwirklichen und zu nachhaltigen Erfolgen führen.
Denn: No purpose – no power. No vision – no passion.
Erfolgreiche Unternehmungen sind getragen von einer gemeinsamen Vision. Denn Energie folgt den Gedanken und in unserer Vorstellungskraft haben Erfolgsstories bereits den Samenkern.
Meine persönliche Vision:
„Als Trainerin und Business Coach begeistert es mich, Menschen mit ihren eigenen Träumen und Talenten wieder in Kontakt zu bringen. Sie darin zu empowern, ihre eigene Berufung zu leben. Als Unternehmerin, Träumerin und Leader begleitet mich die Geschichte des ‚träumenden Delfins‘ seit mehr als zehn Jahren.
Wichtig ist: Lassen Sie es nicht zu, dass Ängste Ihrem Traum im Weg stehen. Denn Erfolg ist, Träume zu verwirklichen. Übrigens, das Verwirklichen der ganz persönlichen Lebensvision lässt jede Verjüngungskur alt aussehen.“ «
* Christina Weigl ist unsere Gastautorin und wird Sie an dieser Stelle rund um das Thema „Female Leadership“ und „Female Entrepreneurs“ informieren. Sie ist Unternehmerin und Coach in Luzern.