Der Name Ist Programm: „women Back to Business“

Text: Angela Eichler
Fotos: Gianni Pisatto

Der Wiedereinstieg ins Berufsleben ist nach einer Pause immer schwierig. Für Frauen ist es aber oft noch etwas komplizierter. Vorurteile auf Seiten der Arbeitgeber, Selbstzweifel und das permanent schlechte Gewissen ihren Familien gegenüber stehen einem erfolgreichen (Wieder-)Einstieg oft im Weg. Die dreifache Mutter, Dozentin, Unternehmerin und Professorin Dr. Gudrun Sander hat daher an der Universität St. Gallen die Management-Weiterbildung „Women Back to Business“ ins Leben gerufen.

Das Programm Women Back to Business (WBB) ist nicht das erste erfolgreiche Projekt von Prof. Dr. Gudrun Sander an der HSG. Die gebürtige Österreicherin studierte in Linz BWL und kam 1989 in die Schweiz, um ihr Doktoratsstudium zu absolvieren. Was der sympathischen Lady gleich auffiel: „Damals war ich die einzige Frau im Doktorandenseminar Controlling und es gab lediglich zwei Professorinnen, die unterrichteten. Frauen waren extrem unterrepräsentiert.“ Eine Tatsache, die ihr, wie sie selber sagt, wohl den ersten Anstoss in Richtung Diversity und Gender gegeben hat, Themen, die zu ihren Lebensthemen geworden sind. An der Universität in St. Gallen lernte die engagierte Oberösterreicherin auch den Mann ihres Lebens kennen und lieben. Als einige Jahre später das erste Kind da war, machte sich Gudrun Sander auf die Suche nach einer geeigneten Kinderbetreuung, die es ihr erlaubte, ihrem Studium und dem Beruf weiter nach-zugehen. Kein ganz leichtes Unterfangen: „Ich muss gestehen, ich war schockiert von den Kosten und der Subventionspraxis für Kinderbetreuung. Also entwickelte ich ein Konzept für eine interne Kinderkrippe an der HSG, die eine echte Entlastung für die jungen Eltern sein sollte. Anfangs war es ja eigentlich eine Art Selbsthilfeprojekt, aber es wurde eine Herzensangelegenheit, und ich bin auch stolz, dass es diese Einrichtung heute noch na-hezu unverändert gibt“, kommentiert Gudrun Sander ihr erstes Projekt, das sie auch gegen viele Widerstände umgesetzt hat.

In den folgenden Jahren verfolgte Prof. Dr. Gudrun Sander ihre Karriere und wurde zu einer gefragten Dozentin an der Universität St. Gallen und in der Wirtschaft, gründete ein eigenes Unternehmen mit Schwerpunkt Organisationsberatung, ist als Forscherin tätig, engagiert sich im Vorstand diverser Non-Profit-Organisationen und publiziert in regelmässigen Abständen zu den Themenschwerpunkten Diversity und Führung. Wie sie das alles unter einen Hut bringt? „Ich habe tolle Mitarbeitende, auf die ich mich voll verlassen kann, und ich mache das, was ich tue, wirklich gerne“, antwortet sie lachend. Ausserdem, und das ist Gudrun Sander ganz besonders wichtig zu erwähnen, habe sie ihr Mann immer unterstützt: „Schon bei unserem ersten Kind hat auch mein Mann sein Arbeitspensum reduziert und hat es mir so ermöglicht, meinen Weg zu gehen. Wir haben uns immer gemeinsam um unsere drei Kinder gekümmert. Ohne diese partnerschaftliche Arbeitsteilung und die Unterstützung Dritter wäre meine Karriere in dieser Form nicht möglich gewesen.“

Etwas, das ihr ebenfalls sehr am Herzen liegt, ist der Lehrgang „Women Back to Business“ an der HSG. Die Universität St. Gallen trat an die renommierte Diversity-Spezialistin heran, um ein Programm für Frauen zu entwickeln, die den Wiedereinstieg in den Beruf wagen wollen. Und auch wenn dieses Programm nicht aus einem eigenen Bedürfnis heraus entstand: „Ich habe beruflich nie lange pausiert. Meine Eltern waren da ein Vorbild. Sie waren sehr jung und haben eigentlich immer gearbeitet“, hat Gudrun Sander doch in ihrem unmittelbaren Umfeld die Beobachtung gemacht, wie schwierig der Wiedereinstieg in den Beruf sein kann: „Es ist unglaublich, wie viele hochqualifizierte Frauen gar keine Stelle finden oder nur in Mini-Teilzeit-Jobs weit unter ihrer Qualifikation arbeiten. Und das nur, weil es eine Unterbrechung in ihrem Lebenslauf gibt.“ Mit der Motivation, das zu ändern, hat die erfolgreiche Netzwerkerin den Studiengang speziell für Wiedereinsteigerinnen kreiert.

Das Konzept klingt einfach, ist aber sehr durchdacht und vielschichtig. Women Back to Business ist nicht einfach nur eine hochwertige Management-Weiterbildung. Dank der guten Kooperationen mit Schweizer Unternehmen finden die Module jedes Mal in einer anderen Firma statt. Das ermöglicht den Teilnehmerinnen Einblicke in das Unternehmen und den Personalverantwortlichen den direkten Kontakt mit High-Potentials. Die Idee dahinter ist so einfach wie gut: „Die Frauen, die ja oft schon lange keinen Arbeitsalltag mehr erlebt haben, lernen die Firmenkultur in einer alltäglichen Situation kennen und können beurteilen, ob sie sich dort überhaupt wohl fühlen würden. Die Vorgesetzten oder HR-Verantwortlichen hingegen können sich ein Bild von den Frauen machen, ohne dass es gleich eine Bewerbungssituation ist. Das ist für beide Seiten viel entspannter und baut Vorurteile ab“, erklärt Gudrun Sander. Das ist aber noch nicht alles. Als ganz besonderen Benefit stellen die teilnehmenden Firmen den WBB-Absolventinnen auch Praktikumsplätze in Form von Projektarbeiten zur Verfügung, Praktika, aus denen auch schon öfter Festanstellungen wurden: „Raiffeisen zum Beispiel hat im Laufe der Jahre bereits mehrere Absolventinnen eingestellt und Novartis hat diverse Projekte verlängert und so zusätzliche Praktikumsplätze geschaffen“, sagt Gudrun Sander nicht ohne Stolz. Und weiter: „Rund drei Viertel unserer Absolventinnen schaffen den Sprung in qualifizierte Positionen. Aber auch die Frauen, die es nicht gleich schaffen, erzählen mir, dass sie jetzt mutiger und klarer in ihren Vorstellungen sind und nicht mehr das Gefühl haben, alleine zu sein.“

Damit spricht die Kreateurin des Programms einen weiteren wichtigen Aspekt an. Die Teilnehmerinnen sind unter Gleichgesinnten, fassen Vertrauen und öffnen ihre Netzwerke füreinander. Auch das Coaching, Bewerbungstraining und weitere Angebote im Begleitprogramm tragen entscheidend zum Gelingen des Wiedereinstiegs oder Umstiegs bei. Seit 2008 läuft das Programm nun so erfolgreich, dass es ab 2016 Women Back to Business auch als englischsprachiges Programm geben wird. Die Zielgruppe dafür sind vor allem Frauen mit einem internationalen Hintergrund, die ihren Wiedereinstieg gerne bei einer globalen Unternehmung sehen oder deren Muttersprache nicht Deutsch ist und die daher ihre Weiterbildung lieber auf Englisch absolvieren. Wie im deutschsprachigen Programm auch, sollen hier Partnerunternehmen die Möglichkeit erhalten, die Frauen zu fördern: „Women Back to Business ist eine sehr hochwertige Ausbildung, die auch entsprechend kostet. Es ist uns klar, dass sich das nicht jede Frau leisten kann. Daher bieten wir unseren Kooperationspartnern an, Stipendien zu übernehmen. Das heisst, ein Unternehmen kann ein, zwei, drei oder mehr Studienplätze zu 50 % fördern und ermöglicht damit finanziell weniger gut gestellten Frauen die Weiterbildung.“ Mit einem Augenzwinkern fügt Prof. Sander noch an: „Ich lade alle Unternehmen herzlich ein, sich selber ein Bild zu machen und bin für Kooperationsideen immer offen.“ Übrigens wird das Englische Women Back to Business von der ehemaligen WBB-Absolventin Patricia Widmer gemanagt. Der Name ist hier also tatsächlich Programm.

 

Weitere Informationen: www.es.unisg.ch/wbb oder Mail an executive.school@unisg.ch

 

Veröffentlicht am Juni 10, 2015

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