Demografie und Finanzmärkte – Keine Einfache Beziehung

Text: Susanne Toren
Fotos: ZKB

Demografie und Finanzmärkte – Keine Einfache Beziehung

Text: Susanne Toren
Fotos: ZKB

Die Entwicklung hin zu einer immer reiferen Gesellschaft ist ein globales Phänomen – getragen von den beiden Trends zu einer steigenden Lebenserwartung und gleichzeitig sinkenden geburtenzahlen.

In den Industrieländern wird der demografische Wandel in den kommenden 15 Jahren noch einmal beschleunigt durch den Eintritt der bevölkerungsstarken Babyboomgeneration ins Pensionsalter. So wird sich beispielsweise der Anteil der über 64-Jährigen in der EU bis 2050 von derzeit knapp 20 % auf rund 30 % der Gesamtbevölkerung erhöhen. Das Medianalter steigt währenddessen von 39 auf 47 Jahre. Schon ab 2020 wird die Zahl der Erwerbsfähigen in Europa absolut zu schrumpfen beginnen.

Umstrittene Auswirkungen am Finanzmarkt Während sich die demografischen Verläufe recht genau prognostizieren lassen, sind deren mannigfaltige Auswirkungen an den Finanzmärkten weit weniger gut bestimmbar und in der Literatur durchaus umstritten. Dies liegt schon daran, dass sehr unterschiedliche Übertragungswege betrachtet werden müssen: Nicht nur die demografischen Effekte auf die Ersparnisbildung und damit das Kapitalangebot gilt es einzuschätzen, sondern ebenso die infolge der stark belasteten Sozialversicherungssysteme steigende Kapitalnachfrage sowie die Folgen eines rückläufigen Erwerbspersonenpotenzials auf das Wirtschafts- und Gewinnwachstum. Die populäre Hypothese eines Asset Market Meltdown konzentriert sich auf letzteren Übertragungsweg und unterstellt eine enge Beziehung zwischen der Entwicklung der arbeitsfähigen Bevölkerung und jener der Aktienkurse. Diese Betrachtungsweise wird der komplexen Beziehung zwischen Demografie und Finanzmärkten allerdings kaum gerecht. Es wird u. a. versäumt, internationale Kapitalbewegungen, aber auch wirtschaftspolitische Reaktionen mit einzubeziehen.

Ein Kollaps ist höchst unwahrscheinlich

Das häufig erwähnte Schreckgespenst eines allgemeinen Meltdown von Vermögenswerten ist daher wenig realistisch. Untermauert wird die Schlussfolgerung durch eine Vielzahl ganz unterschiedlicher empirischer Studien. Demnach geht zwar die Sparquote mit Eintritt ins Pensionsalter recht deutlich zurück, doch – anders, als es die Asset-Market-Meltdown-Hypothese unterstellt – stabilisiert sie sich bei Quoten um 4 bis 5 % des verfügbaren Einkommens, bevor sie im höheren Alter tendenziell sogar wieder zunimmt. Ebenso lässt sich bisher kein En-bloc-Auflösen von Ersparnissen der allmählich ins Pensionsalter eintretenden Babyboomer beobachten. Es findet also kein Entsparen im Alter auf breiter Front statt, wie es die Asset-Meltdown-Hypothese unterstellt. Der demografische Einfluss auf die Finanzmärkte wird daher wohl von untergeordneter Bedeutung sein und sich durch eine vorausschauende Wirtschaftspolitik und eine persönliche Altersvorsorge weiter minimieren lassen. Da kein allgemeiner Verfall der Renditen zu befürchten ist, wird die private altersvorsorge auch in Zukunft ihren Zweck erfüllen können.

 

* Susanne Toren, Senior Economist bei der Zürcher Kantonalbank ist ein leidenschaftlicher Zahlenmensch und hat ihre passion zum Beruf gemacht. Als Senior Analystin bei der Zürcher Kantonalbank ist sie Gold- und Währungsspezialistin und gewährt uns hier immer wieder einen Blick hinter die Kulissen.Save

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Veröffentlicht am August 26, 2016

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