Woran Frauenkarrieren Scheitern

Text: Christina Kuenzle*

Alle wollen Karriere machen, aber niemand will den Preis dafür bezahlen. Na ja, so extrem nun auch wieder nicht, aber tendenziell schon richtig, vor allem dann, wenn der Preis sehr hoch ist.

„Frauenkarrieren scheitern an der Unternehmenskultur“ – sagt eine Fraunhofer Studie. „Frauenkarrieren scheitern an den Vorurteilen der Männer!“, sagt die Zeitung „Die Welt“. Doch Frauenkarrieren scheitern hauptsächlich an der Intelligenz der Frauen. Und zwar im positiven Sinn, denn Frauen sind einfach nicht blöd genug, das mitzumachen, was bei ihren männlichen Kollegen zu Burnout, zu übertriebenem Wettbewerb, zu Einseitigkeit und zu Depressionen führt, und was, wie sie schon früh erkennen, weder für sie, noch für ihre Partnerschaft, noch für ihre Familien gut wäre. Oder doch?

Frauenkarrieren sind anders; müssen anders sein, wenn Frauen ihren Beitrag zu Diversität im Management liefern wollen. Wie müsste denn eine Unternehmenskultur beschaffen sein, in welcher auch Frauen erfolgreich Karriere machen? Wen müsste man fragen, wie denn eine solche Unternehmenskultur aussehen müsste, die es erlaubt, einen hohen Anteil von Führungsfrauen zu haben? Die Topmanagement-Männer? Die erfolgreichen Managementfrauen, die fast genau so sind wie die Topmanagement-Männer? Die Frauen, die sich solchen Karrieren bisher verweigert haben und Teilzeit arbeiten oder selbstständig geworden sind? Studenten und Studentinnen? Arbeitsrechtlerinnen? Nein, nein, nein – sie alle nicht, sondern die Eisbären! Denn Eisbären bleiben cool. Eisbären behaupten sich wieder, nachdem sie fast schon vom Aussterben bedroht waren. Eisbären sind weit oben in der Nahrungskette. Eisbären sind Sympathieträger. Eisbären sind in! Der schwedische Möbelhersteller macht’s vor: Bei IKEA gelten einfache Prinzipien: Woher jemand kommt, ist sekundär, ins Team passen muss er – pardon – sie! Das heisst, dass auch Frauen und Männer mit weniger traditionell gesehenen hochkarätigen beruflichen Werdegängen durchaus Chancen haben, rekrutiert und befördert zu werden. Bei IKEA heisst das auch, dass individueller auf persönliche Bedürfnisse eingegangen werden kann, so zum Beispiel während Baby- und Erziehungsphasen, aber auch für Sportskarrieren, politische Engagements oder Weiterbildungen, ohne dass dies die Karrierechancen gefährden würde. So ein Artikel von Gudrun Ostermann in „Der Standard“.

Frauenkarrieren sind individueller als Männerkarrieren, denn Frauen sind oft vielseitiger engagiert und haben oft farbigere Lebensläufe – auch mit mehr Brüchen, weil sie Rücksicht genommen haben auf alles Mögliche – Familie, Karrierepartner, Vorgesetzte und Randbedingungen. Frauen haben auch mehr Selbstzweifel und weniger Selbstvertrauen als Männer, und Frauen haben oft einen höheren Perfektionsanspruch, d. h. sie wollen keine Fehler machen! Das führt dazu, dass sie sich öfters als ihre männlichen Counterparts „benchmarken“ und dass sie sich weniger trauen, absichtlich in die „Entwicklungszone“ zu wagen, weil da die Gefahr des Versagens zwangsläufig höher ist.

Vielleicht erinnern Sie sich an die Zeit, als Sie klein waren. Vielleicht haben Ihre Eltern jedes Jahr an Ihrem Geburtstag mit Bleistift ein kleines Strichlein an den Türrahmen gemacht mit Ihrer Grösse und dem Datum. So konnten Sie sehen, wie Sie gewachsen waren. Ihre Eltern haben Ihre Strichlein nicht mit denjenigen Ihres älteren Bruders verglichen und gesagt, dass Sie nur 40 % gewachsen waren im Vergleich zum Bruder. Ihr Bruder hatte eigene Strichlein an einem anderen Türrahmen. Sie haben auch nicht gesagt, dass Sie 14 cm kleiner sind als Ihre Cousine: Nein, sie haben sich einfach gefreut, dass Sie nun wieder 4 cm gewachsen waren. Genau darum geht es! Dass wir bei uns bleiben und uns über unsere eigenen Fortschritte freuen, egal wie gross oder klein sie sind in den Augen und Meinungen anderer.

GESTALTEN WIR UNSERE GANZ PERSÖNLICHE KARRIERE!

Nehmen wir an, wir hätten eine fixe Aufgabe zu lösen, zum Beispiel die Länge des Zürichsees zu schwimmen. Anwärter dafür wären ein Elefant, eine Kuh, eine Amsel, ein Hecht, ein Haubentaucher, eine Schnecke, ein Seepferdchen und ein Ameisenbär. Logischerweise haben die einen gewisse Vorteile gegenüber den andern und meistern so die Aufgabe. Wenn dies eine wiederkehrende Aufgabe ist, dann werden sie immer gewinnen und mit der Zeit Spielregeln entwickeln. Diese gelten dann für alle, begünstigen aber gleichzeitig nur eine Minderheit! Genau so ist Management eine Aufgabe, die sich verfeinert, spezialisiert, individualisiert und perfektioniert hat. Die Gewinner haben Spielregeln entwickelt für das Management, diese wurden nicht von Frauen gemacht. Solange wir Frauen diese jedoch nicht beeinflussen können, müssen wir uns daran halten und mit diesen Spielregeln erfolgreich sein. Oder: Wir suchen uns eine andere, neue Aufgabe, in welcher wir strategische Vorteile haben. Oder wir schaffen ein alternatives Umfeld, in welchem wir die Spielregeln selber bestimmen. Denn hiesse die Aufgabe nicht Zürichseeschwimmen sondern Milchgeben, dann wären Haubentaucher und Co. plötzlich ziemlich mies dran. Wäre es ein Zürichseelauf, dann hätten wiederum andere das Sagen, und wäre das Wasser salzig, dann hätte der Hecht ein Problem, obwohl geeignet.

So ist denn die Ausgangslage einer jeden 3erfolgreichen Karriere, dass wir uns ganz genau überlegen, was unsere Stärken und unsere strategischen Vorteile sind. Wo punkten wir überdurchschnittlich? Wo schaffen wir Resultate mit Freude und Leichtigkeit? Die nächste grosse Frage ist dann: Was will ich? Auch das ist meistens nicht so einfach zu beantworten, denn wir wollen vieles gleichzeitig und sofort. Warum denn nicht? Nur, dies gilt es nun in eine Hierarchie zu bringen, was mittels einer Technik, die wir „paarweisen Vergleich“ nennen, etwas einfacher geht. Damit können wir erkennen, was uns wirklich wichtig und was „nice to have“ ist. Auch die dritte Frage „wo denn?“ ist zentral. Um zu wissen, ob wir auf dem richtigen Dampfer sind, genügt es meistens, einmal zu reflektieren, wie viel Spass wir denn zurzeit haben. Wie geht es mir im Moment? – Denn da, wo wir wertgeschätzt werden und Erfolg haben, ist es uns auch wohl. Solange wir Dinge mit Menschen zusammen erfolgreich durchziehen oder Dinge für Menschen tun, welche diese dann auch schätzen, da geht es uns auch so richtig gut. Wir fühlen uns stark, sinnvoll engagiert und zufrieden. Suchen wir uns also bewusst und sorgfältig das Umfeld, in welchem es uns gut geht, wo wir wertgeschätzt werden und Erfolg haben.

Karriere sollte für intelligente Frauen nicht heissen, möglichst weit oben auf der Karriereleiter zu sein, sondern das zu tun, was wir am besten können und am liebsten tun. Wenn wir uns da engagieren, wo wir motiviert sind, wo unsere Leistung brilliert und wir uns von Erfolg zu Erfolg weiterhangeln, da sind wir am richtigen Platz, geschätzt und erfüllt. Das bedeutet, eine nachhaltig erfolgreiche Karriere gemacht zu haben! Wir schaffen das umso leichter, je weniger wir uns mit anderen vergleichen, die – von aussen gesehen – auf grossartige Karrieren zurückblicken können und beruflich erfolgreich sind, denn nachhaltig erfolgreich zu sein ist keine Aussenwahrnehmung in der Presse, sondern ein tief in uns selbst verankertes Gefühl, das Richtige richtig zu tun. «

 

* Christina Kuenzle ist Unternehmerin und betreibt mit ihrer Firma Choice Ltd. seit Jahren erfolgreiches Business & Executive Coaching. Als Gastautorin von Ladies Drive wird sie in den nächsten Ausgaben etwas von ihrem reichen Wissen an uns weitergeben. www.choice-ltd.com


 

Veröffentlicht am Dezember 22, 2013

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