Bea Petri trifft Sandra-Stella Triebl

Interview: Bea Petri

Ladies Drive No 67. Bea Petri trifft Sandra-Stella Triebl
Ladies Drive Magazine
Bea Petri im Gespräch mit Sandra-Stella Triebl

Bea: Liebe Stella, schon seit längerer Zeit wollte ich mit dir als Herausgeberin von Ladies Drive ein Gespräch führen und etwas hinter die Kulissen deines schönen Magazins blicken. Trotzdem ist es alles andere als selbstverständlich, dass du nun mir gegenüber sitzt und dich „löchern“ lässt. Was war die Motivation, dieses Wagnis einzugehen?

Stella: Ich hab mich so über deine Anfrage gefreut – ich hätte dir auch schon früher zugesagt (lacht)!

Bea: Ich erinnere mich noch so gut an das Jahr 2012, als ich Unternehmerin des Jahres wurde und du mich als erste Journalistin um ein Interview gebeten hattest. Das Gespräch mit dir war sehr offen, und ich vertraute sofort darauf, dass das gut kommt. Ist Vertrauen deine wichtigste Währung?

Stella: Oh ja, absolut. Es ist die Basis unseres Tuns und ein zentraler Bestandteil unserer Werte, unseres Purpose seit dem ersten Tag von Ladies Drive und seit meinem ersten Schritt ins Unternehmertum. Ich hab für mich verstanden, dass auf der Basis von Beziehungen, die auf Vertrauen aufgebaut sind, so viel Gutes und Schönes entstehen kann. Doch da gibt es keine Abkürzung, keine schnelle Lösung. Vertrauen braucht Zeit, wie ein kleines Pflänzchen. Kein Landwirt erwartet eine Ernte zwei Wochen nach dem Ausbringen der Samen, oder? So ähnlich betrachte ich es. Und Vertrauen ist etwas, das man erschaffen kann – indem man es vorlebt. Ich bin jemand, der anderen vertraut – das ist Teil meiner Grundeinstellung Menschen gegenüber. Meine Mamma meinte immer, dass ich enttäuscht würde im Leben, wenn ich mich nicht ändere. Aber das Leben hat mir immer die Aufgaben gegeben, die ich brauchte – und ich darf sagen, dass ich von so vielen liebenden Menschen umgeben bin, die mir das Vertrauen schenken. Das ist wunderschön. Und ich betrachte jedes Gespräch, jedes Interview als Geschenk und geniesse die Augenblicke, wenn ich Menschen in ihrer Fülle und ganzen Schönheit sehen darf.

Bea: Wir kennen uns jetzt seit zwölf Jahren, und ich beobachte dein Tun seit damals mit grossem Interesse und Bewunderung. Immerhin musst du dich und dein Produkt immer wieder anpassen oder neu erfinden, und während die Chefs der grossen Magazine ständig wechseln, bist du immer noch an Bord. Wow – woher die Kraft, liebe Stella?

Stella: Wenn du das tun darfst, was du liebst, bist du in deiner Kraft und kannst dein ganzes Potenzial entfalten. Das gibt dir die Ruhe, warten zu können, Geduld aufzubringen, damit sich dein Geschäft entwickeln kann. Ich hatte nie Interesse an einem schnellen Wachstum, auch wenn wir einige Male Kaufangebote auf dem Tisch hatten, die verlockend waren. Aber viel Geld auf einem Konto zu haben war nie das, was mich angetrieben hat. Ich wollte etwas verändern in der Medienlandschaft, für die Frauen, für Menschen, die manchmal trotz ihrer Talente nicht gesehen und nicht gehört werden, indem wir ihnen eine Art sicheren Hafen, einen sicheren Ort erschaffen, wo sie sich begegnen können – beispielsweise bei den Events. Oder indem wir Content erstellen, der gleichermassen Geist und Herz nähren kann. Ich bin zutiefst überzeugt, dass wir Leaderinnen und Leader brauchen, die auch über eine emotionale und soziale Intelligenz verfügen und nicht nur über eine klassisch mathematische.

Bea: Nun bist du ja vor allem eine Unternehmerin mit viel Empathie und Intelligenz. Gleichzeitig bist du wahrscheinlich eine der bestvernetzten Frauen in der Schweiz. Es gibt kaum eine Persönlichkeit, die dich nicht kennt oder von dir gehört oder gelesen hat. Zudem bringst du die ganze Prominenz aus Wirtschaft und Politik an deine erfolgreichen Events. Dass das nicht einfach so aus dem Ärmel geschüttelt wird, weiss ich. Was ist dein Geheimnis?

Stella: Ich bin recht anhänglich (lacht). Irgendeines schönen Tages sagte dann mal jemand zu mir, dass ich eine tolle Netzwerkerin sei, und ich dachte mir nur: „Aha! So nennt man das nun heutzutage!“ – Mich haben stets Menschen und nicht Funktionsträger interessiert. Ich nenne diese Art zu netzwerken eine altruistisch-holistische. Manchmal investiert man hier und bekommt irgendwann von da etwas zurück. Wenn man etwas gibt, gibt man es aus freien Stücken und ohne geheime Agenda oder Hintergedanken oder weil man etwas im Gegenzug zurückerwartet. Letzteres würde ich dann eher als parasitäres Netzwerken bezeichnen. So betrachte ich unser Netzwerk als eine Pflanze, die man giessen, hegen und pflegen muss. Als lebenden Organismus – wie das Myzel der Pilze, das sich unterirdisch über Kilometer hinweg erstreckt und den Bäumen die lebenswichtigen Nährstoffe bereitstellt.

Bea: Nun hast du in den letzten Jahren neben dem Ladies Drive sehr viel Neues wie zum Beispiel die League of Leading Ladies, das Female Innovation Forum oder die Bargespräche geschaffen. Hat sich für dich daraus ein Lieblingsformat entwickelt, und wie reagierst du auf die immer lauteren Fragen nach Inklusion, Diversity und Gendergerechtigkeit? Ich selbst fühle mich durch diese Tendenzen eher bedrängt und befürchte, dass wir wertvolle Freiheiten verlieren und zu wenig neue gewinnen.

Stella: Jedes unserer Formate hat seine Faszination und seine ganz eigene Magie für mich. Bezüglich Inklusion und Diversity kann ich nur sagen, dass wir das leben – in der Geschäftsleitung, im Team und bei Events. Wir achten immer darauf, nicht ausschliesslich Frauen auf der Bühne zu haben. Das wäre nicht konsequent, wenn man Inklusion und Diversität fordert. Manchmal braucht es männliche und manchmal weibliche Energie für gute Lösungen – es ist eben wie Yin und Yang und der gemeinsame Fluss, der das Leben in Balance hält. Ich bin der Überzeugung, dass wir angesichts der komplexen politischen und wirtschaftlichen Lage schlicht die besten Leute am Tisch brauchen, um eine Herausforderung bewältigen zu können.

Bea: Neben dem grossen beruflichen Engagement haben wir beide noch etwas weiteres Gemeinsames, nämlich den Mann im Hintergrund. Bei dir ist es Sebastian, bei mir mein Mann Thomas. Es scheint, dass wir trotz Frauenpower nicht ganz auf die Unterstützung unserer Männer verzichten wollen oder können. Können Sebastian und du auch ganz privat unterwegs sein, oder seid ihr immer mit einigen Fasern an der Arbeit?

Stella: Wir arbeiten zusammen, wir leben zusammen und lieben es, so eng verbunden zu sein. Entsprechend ist alles ein Work-Life-Blend bei uns. Kundinnen werden Freunde und umgekehrt. Ich bin so unfassbar dankbar, dass ich mit Sebastian einen Menschen an meiner Seite habe, der mit seiner Intelligenz, seiner Empathie, seiner Strategie so viel Gutes zu diesem Unternehmen beitragen kann. Ohne ihn wäre Ladies Drive nicht das, was es heute ist. Ohne ihn wäre auch ich nicht der Mensch, der ich heute sein darf. Frauenpower hat für mich damit zu tun, dass wir begreifen, welche Kraft in uns selbst steckt. Ich liebe Männer – vor allem meinen eigenen (lacht).

Bea: Um noch etwas konkreter zu werden, Thomas hält mir den Rücken frei, damit ich meine geschäftlichen Angelegenheiten wie meine Läden, Beizli und Events weiter betreiben kann, aber er unterstützt mich auch bei meinem mittlerweile sehr gross gewordenen NGO-Unternehmen Nas Mode in Burkina Faso. Wie und wo unterstützt  dich Sebastian, und kannst du seine Vorschläge oder gar Kritik annehmen?

Stella: Es gibt nichts, wo Sebastian nicht involviert wäre – wir sind seit 1999 ein Paar, und es gab nie diese Trennung in „meins“ und „deins“. Ich hab ihn bei seiner Karriere unterstützt, und er tat dasselbe für mich und mit mir. Aber weil du Kritik annehmen ansprichst – das musste ich echt lernen. Kritik von dem Menschen, den du über alles liebst und verehrst, anzunehmen, war für mich ein gutes Stück Arbeit, weil ich so sehr wollte, dass er mich einfach nur liebt. Aber ich durfte auch lernen, dass Kritik an meiner Arbeit nicht mit Liebesentzug bestraft wird und dass diese Kritik auch meist nicht mit mir als Mensch, sondern mit meiner Arbeit zu tun hat. Und selbst bei Kritik an mir – man kann immer lernen und wachsen, dazu sind wir doch da!

Bea: Ich glaube, liebe Stella, dass uns vor allem die Freude an Begegnungen mit wunderbaren Menschen verbindet – egal ob es Männer oder Frauen sind. Die Gespräche und Erfahrungen mit ihnen, aber auch unsere unendliche Neugier bereichern unser Leben. Dafür bin ich dankbar und natürlich auch, dass ich dich vor zwölf Jahren kennenlernen durfte.

Stella: Das stimmt wohl – ich bin unaussprechlich neugierig zu erfahren, wie andere Menschen Probleme lösen, Dinge sehen und verstehen, weil es mir so viel über mich selbst beibringt. Und weil ich damit aus meiner Bubble rauskomme, über den Tellerrand schauen darf. Und Begegnungen haben für mich so etwas Magisches, vor allem wenn ich für einen Augenblick lang in diesen Gesprächen die Wahrhaftigkeit eines Menschen sehen darf. Das berührt mich zutiefst.

Bea: Ganz herzlichen Dank für das Gespräch mit dir und weiterhin alles Liebe für dich.


Ladies Drive No 65 Editorial - Sandra-Stella Triebl

Sandra-Stella Triebl


arbeitet seit ihrem 15. Lebensjahr in den Medien (u. a. Hochrhein Antenne 3 [DE], Radio Argovia [CH], Schweizer Fernsehen), studierte an der Universität Zürich Kommunikationswissenschaften, Biologie und Politik und arbeitete u. a. in der globalen PR-Abteilung von Zurich Financial Services, war Projektleiterin für die Aargauer Regierung bei 200 Jahre Aargau (2003) und gründete 2004 ihr erstes eigenes Unternehmen. 2007 folgte die Gründung von Swiss Ladies Drive GmbH. Sie ist CEO des Verlags, Chefredakteurin von Ladies Drive sowie Präsidentin der League of Leading Ladies und präsidiert die Jury am von ihr gegründeten Female Innovation Forum. Für die Lancierung des Magazins wurde sie 2008 mit dem Special Recognition Award (Innovationspreis) der EUWIIN ausgezeichnet.

Veröffentlicht am November 16, 2024
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