Wenn ich da zurückdenke an meine Wünsche und Träume, dann graut mir bisweilen. Ich habe mir immer eine grosse Familie gewünscht, ein offenes Haus und viel Harmonie. Meine Oma, eine weise Frau, meinte immer: „Pass auf, was du dir wünschst, denn es könnte wahr werden. Wenn du dir was wünschst, dann sei spezifisch!” Wenn du dir beispielsweise einfach nur Geld wünschst, dann kriegst du es, ein anderer muss aber dafür leiden. Spezifisch sein heisst: Wünsch dir Geld in der Lotterie, werde unterdessen nicht spielsüchtig und danach nicht unglücklich.
Da bin ich also, mit Patchworkfamilie, und bin glücklich. Doch da stellt sich die Frage, was ist Liebe und was ist Selbstbetrug? Ich kann nicht von der Hand weisen, dass ich von Zeit zu Zeit versuche herauszufinden, ob die letzten Jahre richtig oder falsch waren. Aber das kann man wohl nicht zu 100 Prozent beantworten, ohne alle seine dazwischenliegenden Entscheidungen zu hinterfragen und zu bewerten. Und wer will sich schon dauernd in Frage stellen? Besser nicht darüber nachdenken.
Stell dir vor, meine Tochter (3) fragt mich doch jüngst, warum ich drei Brüste habe, zwei oben und mein Bäuchlein unten. Hmm, was ist jetzt besser, super schlank geblieben zu sein oder kein gescheites Töchterlein zu haben?
Wenn ich eines gelernt habe, dann das, Vergangenes nicht zu bereuen. Die Erfahrungen machen einen zu der Person, die man heute ist, im Guten wie auch im Schlechten. Das hört sich nicht zu Unrecht wie ein Eheversprechen an. Ein Gelübde zwischen meinem Selbst und dem gelebten Leben. Meine leibliche Tochter, meinen Mann und alle Nebengeräusche dieser Verbindung möchte ich heute nicht mehr missen!
Ehrlicherweise wünsche ich es mir aber manchmal einfacher. So ist mein Mann – nach einer Woche Dienstreise – endlich mal zu Hause, und ich stelle mich darauf ein mich hinzusetzen und durchzuatmen, in der Annahme, er würde jetzt mit unserem Töchterlein spielen und sich um es kümmern. Ich will ihn gerade an sein altes Versprechen erinnern, dass er den Inhalt seiner Koffer nicht auf drei Zimmer verteilen wollte, wo sie dann stehen bis zur nächsten Abreise, dass er doch versprochen hatte, das Altpapier zusammenzubinden und der Putzfrau Geld rauszulegen, überhaupt, seinen geringen Anteil zum Haushalt beizutragen, obwohl er gesagt hat, ich solle ihn nicht dauernd erinnern.
Aber ich komme gar nicht dazu, stattdessen dreht sich wieder alles um ihn. Er will wissen, warum er mit so vielen Leuten so viele Konflikte habe. Dabei sei er doch ein exzellenter Zuhörer, einfühlsam, empathisch, ein Menschenversteher mit ausgezeichneter Gedächtnisleistung. Von dieser Frage leicht gereizt, weise ich sanft auf seine Arbeitsinhalte hin. Als Pressesprecher eines Rüstungskonzerns, der umstrittene Kriegsspielzeuge verkauft, müsse man mit einer gewissen Zahl an Konflikten rechnen.
Dann frage ich nach, ob er der Putzfrau Geld hingelegt hat, und er sagt nein, ich hätte ihn ja nicht daran erinnert.
* Nathalie Rehak (36) ist gebürtige Österreicherin, lebt und arbeitet in Zürich. Sie ist für die Young Talents bei einem amerikanischen Grossunternehmen verantwortlich, hat sich immer eine grosse Familie mit vielen Kindern gewünscht und hat stattdessen den interkulturellen Patchworksalat.$